Brenda Joyce
Frühstück mit seiner Familie zusammensaß, waren seine Gedanken bei ihr.
Sie war
schon immer schön gewesen. Das hatte er schon als kleiner Junge gedacht, als
sie einander zum ersten Mal begegnet waren. Nie würde er vergessen, wie er zum
ersten Mal den Salon von Harmon House betreten hatte. Er war gerade mit seinem
Vater nach einer langen Schiffsreise von Jamaika, wo er aufgewachsen war, in
London angekommen. Er hatte natürlich über London gelesen, aber nie hätte er
sich eine so große, lebendige Stadt vorstellen können, mit so vielen
Herrenhäusern und Villen. So aufgeregt, wie er gewesen war, voller Vorfreude,
endlich das Heimatland seines Vaters kennenzulernen, so ängstlich fühlte er
sich gleichzeitig – und achtete sorgfältig darauf, das zu verbergen. Auf dem
Weg nach Harmon House sah er viele von Londons Sehenswürdigkeiten. Harmon
House war ihm so majestätisch und beeindruckend erschienen wie der Buckingham
Palace.
Um seine
Anspannung zu verbergen, war er ganz langsam und aufrecht in den Salon des
Hauses geschritten. Sein Vater war von seinen
Brüdern herzlich begrüßt worden. Einer davon war der Earl of Adare. Mehrere
andere Erwachsene und Kinder waren auch dort gewesen. Er sah nur das reizende
goldblonde Mädchen, das in rosa Seide und Satin gekleidet war und auf einem mit
gelbem Damast bespannten Kanapee saß.
Irrtümlich
hielt er sie für eine echte Prinzessin, weil er noch nie so ein hübsches
Mädchen gesehen hatte. Und als sie ihn ansah, fühlte er sich, als stockte ihm
der Atem. Aber sie hatte die Nase hochgereckt wie ein echter Snob. Sofort war
in ihm der Wunsch erwacht, sie zu beeindrucken. Er war zu ihr geschlendert und
hatte ohne irgendeine Einleitung angefangen, mit seinen Erlebnissen auf hoher
See zu prahlen. Dabei waren ihre blauen Augen so groß geworden wie
Untertassen.
Bei der
Erinnerung daran musste Alexi lächeln. Innerhalb weniger Tage waren sie
Freunde geworden. Doch dann verschwand sein Lächeln. Am vergangenen Abend war
Elysse noch schöner gewesen als in seiner Erinnerung. War es möglich, dass er
einfach vergessen hatte, wie schön sie war? Und wie zierlich? Als er zu ihr
geeilt war, um ihr aufzuhelfen, und sie in den Armen hielt, war er überrascht,
wie zart und feminin sie sich in seinen Armen anfühlte.
Natürlich
war er nicht der einzige Mann, der bemerkt hatte, wie hinreißend sie aussah.
Ogilvy war vollkommen verzaubert – und wenn er sich nicht täuschte, dann hatte
sie auch seinen Navigator betört.
Sein Herz
schlug schneller. Sie war so wunderschön – und sie wusste es. Sie hatte es
schon als kleines Mädchen gewusst. Schon damals kokettierte sie gerne, und das
schien sich nicht geändert zu haben. Er hatte das schon seit Jahren beobachtet
und sich über ihr Verhalten amüsiert. Trotzdem hatte er nie ganz verstanden,
wie es kam, dass ihre Verehrer sich so von ihr an der Nase herumführen ließen –
als ständen sie in ihrem Bann.
Hatte sie
wirklich vorgehabt, ihn zu verführen? Hatte sie geglaubt, ihn an der Nase
herumführen zu können? Wenn sie ihn noch einmal mit diesem Augenaufschlag
ansah, dann würde er darauf eingehen und sie küssen, bis sie den Verstand
verlor. Sie wäre sicher entsetzt ... Oder etwa nicht?
Nur leider
wusste er, dass er sich selbst etwas vormachte. Er würde sie niemals so
behandeln. Er hatte immer eine besondere Bindung zu ihr gespürt, von dem
Augenblick an, da sie einander das erste Mal begegnet waren. Und das hatte sich
nie geändert.
Andere
glaubten vielleicht, dass sie hochnäsig war, aber er wusste es besser. Er
kannte das goldene Herz, das in ihrer Brust schlug. Er wusste auch, wie
freundlich sie sein konnte – und wie loyal. Sie konnte nichts dafür, dass ihre
Eltern sie verwöhnten oder dass sie mit so vielen Privilegien und ihrer
Schönheit gesegnet war. Nichts von alledem spielte wirklich eine Rolle. Wichtig
war nur, wie gut sie ihn verstand. Manchmal hatte er das Gefühl, sie könnte
seine Gedanken lesen, selbst wenn er gar nichts gesagt hatte. Und wie oft hatte
er ihre Gedanken erraten – und ihre Geheimnisse – ohne dass sie je darüber
gesprochen hatte?
Doch von
Anfang an war dieses starke Band für ihn problematisch gewesen. Von ihrer
ersten Begegnung im Kindesalter an hatte es diese Anziehung zwischen ihnen
gegeben. Als Junge hatte er immer gedacht, dass er sie eines Tages, wenn sie
beide erwachsen wären, heiraten würde. Daran hatte es nie irgendeinen Zweifel
für ihn gegeben.
Aber mit
fünfzehn
Weitere Kostenlose Bücher