Brenda Joyce
einem
Blick erfassen würde.
»Ich glaube, ich fange langsam
an, sie zu mögen«, murmelte Bragg.
»Ich wusste, dass das passieren
würde«, gab sie zurück und schaute zu Dot hinüber, die sie freudig anstrahlte.
Da
erblickte Francesca die Pfütze auf dem Boden, und plötzlich begriff sie, warum
Dot so strahlte. Neben ihr lag eine offenbar in aller Eile heruntergerissene
Windel. »Oje!«, sagte Francesca und griff nach Braggs Hand, in der Hoffnung,
ihn abzulenken.
Doch es war
schon zu spät. Er hatte das Malheur bereits gesehen. »Ich glaube es einfach
nicht!«, rief er und erhob sich. »Sie hat sich die Windel runtergerissen!
Dieses ... dieses Balg!« Er ging zu Dot hinüber und ermahnte sie mit strenger
Stimme, aber die Kleine strahlte ihn nur fröhlich an und machte keine
Anstalten, ihm zu gehorchen.
Francesca
seufzte. So viel zur Waffenruhe ...
Und als
sich Dot schließlich doch von der Stelle rührte und zögernd auf Bragg zukam,
ihm dann aber blitzschnell auswich, als er versuchte, sie zu packen, da wurde
Francesca klar, wie unberechenbar das Leben doch war.
Sie fasste
den festen Entschluss, sich keine Sorgen über die Zukunft zu machen. Keine Sorgen
darüber, dass Bragg seine Karriere aufgab, wenn er sich von seiner Frau
scheiden ließ. Keine Sorgen über das Porträt, das Hart in Auftrag gegeben
hatte. Keine Sorgen über Julias alberne Pläne. Nein, es ließ sich nun einmal
nicht vorhersehen, was am nächsten Tag geschehen würde. Francesca nahm sich
vor, sich auszuruhen, damit ihre Hand schnell heilte und sie für den Fall
gewappnet war, dass sie bei einem weiteren Verbrechen gebraucht würde. Bei
diesem Gedanken musste sie unwillkürlich lächeln. Zumindest war ihr Leben nicht
langweilig!
»Schau dir das an, die Kleine
rennt vor mir weg!«, rief Bragg. »Dieses Kind hat mehr Mut als zwei erwachsene
Gauner zusammengenommen!«
Francesca lächelte. »Dot! Komm
bitte her und zeig Bragg, was du für ein liebes Mädchen bist.«
Dot
zögerte.
Bragg bekam
ihre Hand zu fassen. »Na siehst du, jetzt hab ich dich«, sagte er streng, aber
das kleine Mädchen lachte nur. Er blickte Francesca lächelnd an. »Ich werde sie
in Peters Obhut geben, da ich um ein Uhr mit dem Bürgermeister verabredet bin
und jetzt los muss.«
Francesca
Neugierde war geweckt. Sie fragte sich, worum es bei dem Treffen wohl gehen
mochte. »Viel Glück«, sagte sie. Er lächelte sie ein letztes Mal an und verließ
mit Dot im Schlepptau das Musikzimmer. Francesca blickte ihnen nach, bis sie
nicht mehr zu sehen waren.
Nach einer Weile hörte sie, wie
draußen der Motor des Daimlers ansprang.
Sie erhob
sich, schritt auf etwas zittrigen Beinen zum Fenster und zog
die Gardine ein Stückchen zur Seite. Das elegante Automobil rollte bereits auf
dem Weg zur 5th Avenue die Auffahrt hinunter. Francesca seufzte.
»Miss
Cahill?«
Beim Klang der Stimme des
Dienstmädchens drehte sich Francesca um. Bette stand im Türrahmen und hielt das
silberne Tablett in der Hand, auf dem für gewöhnlich Besucher ihre
Visitenkarte ablegten. Francesca sah, dass auf dein 'Tablett ein Briefumschlag
lag.
»Dies kam gerade mit einem
Boten, Miss Cahill«, sagte Bette. Francesca nahm den Umschlag entgegen. »Vielen
Dank, Bette.« Ihr Name stand in einer wunderschönen Handschrift auf der
Vorderseite, aber einen Absender konnte sie zu ihrer Verwunderung nicht
entdecken.
Francesca
öffnete den Umschlag und stellte fest, dass die darin befindliche Karte
dieselbe schöne Handschrift trug. Sie war auf den 12. Februar datiert, und die
Nachricht darauf lautete:
Liebe Miss Cahill,
ich
werde in Kürze in New York eintreffen und würde mich gern einmal mit Ihnen
treffen – wann immer Sie die Zeit dazu finden. Ich werde im Waldorf Astoria
absteigen und freue mich darauf, Ihre Bekanntschaft zu machen.
Mit freundlichen Grüßen,
Mrs Rick Bragg
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