Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brennendes Land

Brennendes Land

Titel: Brennendes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
Vom Netzwerk:
Ihnen nicht gelingen, sich da rauszuwinden, weil Sie nämlich überall Ihre Fingerabdrücke – Ihre Gehirn abdrücke – hinterlassen haben!«
    Huey lachte. »Das werden wir ja sehen.«
    »Als nächstes wird man von Ihnen verlangen, dass Sie sich einer PET-Untersuchung unterziehen, Huey. Dann wird man synchronisierte Wellen chemischer Gradienten feststellen, veränderliche elektrische Felder im Corpus Callosum und all den anderen langweiligen Hirnscheiß, den von allen Politikern weltweit allein wir beide richtig aussprechen können! Man wird Sie als Monstrum outen. Als neuen Frankenstein! Sie werden von einem fackelschwingenden Mob gegrillt werden. Sie werden nicht nur politische Schwierigkeiten bekommen. Man wird sie töten.«
    »Das weiß ich alles«, sagte Huey gelassen. »Sollen Sie nur.«
    Oscar seufzte. »Etienne – darf ich Sie beim Vornamen nennen? Ich habe den Eindruck, dass wir einander in letzter Zeit viel besser verstehen… Etienne, bitte lassen Sie nicht zu, dass Sie umgebracht werden. Dazu kann es leicht kommen, und das ist die Sache nicht wert. Hören Sie mir zu. Ich fühle mit Ihnen. Ich habe ein elementares, dauerhaftes, persönliches und berufliches Interesse an Politikern, die zufällig Monster sind. Glauben Sie mir, jetzt kann es für Sie nicht mehr besser werden. Nur noch schlimmer und schlimmer.«
    »Sie können sich doch denken, dass ich Sie deswegen in großem Stil outen werde, nicht wahr? ›kolumbianischer Klonfreak mit Nobelpreisträgerin in Liebesnest‹.«
    »Etienne, ich bin nicht nur ein kolumbianischer Klonfreak. Ich bin auch ein professioneller Wahlkampfberater. Und jetzt möchte ich Ihnen einen sehr ernst gemeinten Rat geben. Geben Sie auf. Gehen Sie fort. Nehmen Sie sich ein bisschen Geld aus dem Schmiergeldfonds, nehmen Sie Ihre reizende Frau, wenn Sie denn wirklich mitkommen mag, und gehen Sie ins Exil. Gehen Sie in die selbstgewählte Verbannung. Verstehen Sie? Gehen Sie außer Landes. Sowas kommt vor. Das ist normal. Das ist ein legitimes politisches Manöver.«
    »Ich laufe nicht weg. Sowas tut Huey nicht.«
    »Natürlich ›tut Huey sowas‹, verdammt noch mal! Steigen Sie in ein hübsches französisches U-Boot ein – ich weiß, dass vor der Küste Dutzende herumlungern. Lassen Sie sich zu einer netten Villa bringen, auf Elba oder St. Helena oder wo auch immer. Nehmen Sie ein paar ergebene Bodyguards mit. Das ist machbar! Essen Sie gut, schreiben Sie Ihre Memoiren, lassen Sie sich von der Sonne bräunen, ruhen Sie sich aus und warten sie. Wenn sich die Lage hier in Amerika noch mehr verschlechtert… dann stehen Sie vielleicht eines Tages sogar wieder gut da. Das klingt verrückt, aber ich bin mir meines Urteils nicht mehr sicher. Vielleicht kommt es irgendwann ja sogar in Mode, ahnungslose Menschen vorsätzlich in schizoide Geisteszustände zu versetzen. Im Moment klingt das noch teuflisch. Lesen Sie morgen die Meinungsumfragen. Sie sind erledigt.«
    »Kid, ich bin Huey. Sie sind erledigt. Ich kann Sie und Ihre Freundin, diese undankbare Schlampe, vernichten und Ihre ganze Forschungseinrichtung, die in Wahrheit meine Forschungseinrichtung ist und immer sein wird, noch dazu.«
    »Das könnten Sie versuchen, Gouverneur, aber wozu Energie verschwenden? Es wäre im Moment sinnlos, uns zu vernichten. Dafür ist es zu spät. Ich hätte Ihnen eigentlich mehr Fingerspitzengefühl zugetraut.«
    »Mein Sohn, Sie haben’s noch immer nicht kapiert. Dafür brauche ich kein ›Fingerspitzengefühl‹. Das erledige ich alles nebenbei – während ich mir den Kopf tätschle und den Bauch kratze.« Huey legte auf.
     
    Jetzt, da die Kriegsfurien und noch andere, kleinere Furien mit stumpfen, symbolischen Zähnen auf dem psychischen Schlachtfeld Amerikas herumtobten, war politisches Chaos die Folge. Niemand hatte dies vom Präsidenten erwartet. Ein exzentrischer Milliardär und amerikanischer Ureinwohner – auf das von Identitätskrisen und der zersplitterten Politik geschüttelte Land hatte Two Feathers wie eine bunte Diashow gewirkt, wie ein Warum-nicht-Kandidat, dessen Prahlerei der Moral auf die Beine helfen mochte. Auch Oscar hatte ihm nicht viel zugetraut; als Gouverneur von Colorado hatte Two Feathers kaum Gelegenheit gehabt zu glänzen. Jetzt aber, da er fest im nationalen Sattel saß, erwies Two Feathers sich zunehmend als Phänomen. Offenbar war er einer jener Übergangspräsidenten, deren überlebensgroße Gestalten ihrer Zeit den Stempel aufdrückten und das Leben

Weitere Kostenlose Bücher