Brennendes Land
Infanteriebataillon.
Zu einem historischen Zeitpunkt, der das Ende der bewaffneten Konflikte markierte, wusste das amerikanische Militär, dass es am Anbruch eines Zeitalters stand, da die Feder wahrhaft mächtiger wäre als das Schwert. Das Schwert war in einer Zeit, da es keine Schlachtfelder mehr gab und ein stehendes Heer von billigem, unbemanntem Gerät aufgerieben werden konnte, nicht mehr viel nütze.
Daher hatte das US-Militär die Bedeutung der Schwerter herab- und die ihrer Federn heraufgestuft. Das Siebenundsechzigste Bataillon für Infokriegsführung und Soziale Schlichtung bestand vor allem aus Sozialarbeitern. Sie trugen schmucke weiße Uniformen, verfügten über besondere sprachliche Fähigkeiten und befassten sich vor allem mit Katastrophenhilfe, Konfliktberatung, leichter Polizeiarbeit und Erster Hilfe. Die Hälfte davon waren Frauen; sie waren nicht mit Handfeuerwaffen ausgerüstet, und obendrein hatte man sie ohne jede finanzielle Ausstattung in Marsch gesetzt. Vielmehr warteten sie bereits seit vier Monaten auf ihren letzten Sold. Um trotzdem zurechtzukommen, waren sie gezwungen gewesen, ihre gepanzerten Transportfahrzeuge zu verkaufen.
Das Labor war nun wirklich überfüllt. Die Unsitte, die seltenen Tiere zu jagen und zu verzehren, griff immer mehr um sich. Mit den fünfhundert schnorrenden Psychotherapie-Soldaten mitsamt ihrem Mediengefolge war das bereits arg belastete Labor endgültig überfordert. Die Kuppel beschlug sich allmählich von der Atemfeuchtigkeit ihrer Bewohner.
Um die Neuankömmlinge sinnvoll zu beschäftigen, setzte Oscar das Infokriegsbataillon zur psychologischen Belagerung der Huey-Anhänger ein, die noch immer hartnäckig streikten und sich im Spin-off-Gebäude eingeigelt hatten. Die Soldaten kamen seiner Bitte bereitwillig nach. Allerdings ähnelte das Labor nun allmählich einer riesigen U-Bahnhalle.
Es lag nahe, weitere Unterkünfte zu bauen. Die Moderatoren, denen das enge Zusammenleben mit den Soldaten Unbehagen bereitete, errichteten Zelte auf dem unbebauten Laboratoriumsgelände außerhalb der Kuppel. Oscar hätte die Kuppel gern erweitert. Bambakias’ Katastrophenpläne enthielten einige erstaunliche Anregungen dazu. Die Materialien waren verfügbar. Arbeitskräfte gab es im Überfluss. Auch der nötige Wille war vorhanden.
Doch es gab kein Geld. Das Labor lag mitten in der Stadt Buna, deren Grund und Boden in Privatbesitz war. Die Stadt war dem Labor noch immer freundlich gesonnen, war sogar stolz auf die Publizität, die sie neuerdings genoss. Das Labor konnte die Stadt jedoch nicht mit Waffengewalt zu etwas zwingen. Außerdem war der verfügbare Mietraum in Buna bereits zu stark überhöhten Preisen an europäische und asiatische Berichterstatter, Bürgerrechtsorganisationen und Friedensgruppen vergeben worden.
Somit waren ihnen die Hände gebunden. Es lief immer aufs Geld hinaus. Und das fehlte ihnen. Sie hatten bewiesen, dass man Wissenschaft eine Zeit lang mittels bloßen Charismas betreiben konnte, ein Leben, gespeist vom Sinn fürs Wunderbare, wie diese endlosen Fernsehsendungen, bei denen Spenden eingesammelt werden. Aber die Menschen blieben Menschen; das Charisma ging ihnen aus, der Sinn fürs Wunderbare fraß seine Kinder. Das Bedürfnis nach Geld war grundlegender Natur und stets vorhanden.
Die Stimmung wurde gereizt. Trotz der offenkundigen Harmlosigkeit der Unionssoldaten fasste Huey ihre Anwesenheit an der Grenze von Louisiana folgerichtig als Provokation auf. Er löste ein Sperrfeuer hysterischer Propaganda aus, einschließlich der bizarren und belegten Behauptung, der Präsident sei seit langem ein niederländischer Spion. Als Gouverneur und als Holzgroßhändler hatte der Präsident in glücklicheren Zeiten mehrfach mit den Niederländern zu tun gehabt. Hueys Oppositionsrechercheure hatten dazu ausführliche Dossiers angelegt.
Dies alles blieb wirkungslos. Nur ein Schizo mit gespaltenem Bewusstsein konnte ernsthaft glauben, der Präsident, der soeben Holland den Krieg erklärt hatte, sei ein niederländischer Agent. Während die US-Marine nach Amsterdam unterwegs war. Während die Niederländer laut um Hilfe riefen und keine bekamen.
Diese Unterstellung führte nicht nur zu nichts, sie überzeugte auch viele ehemalige Unentschiedene davon, dass Huey den Verstand verloren hatte. Huey war gefährlich und musste um jeden Preis aus der Öffentlichkeit entfernt werden. Gleichwohl hielt Huey durch, drillte in aller Öffentlichkeit seine
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