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Brennendes Land

Brennendes Land

Titel: Brennendes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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zur Baustelle marschiert, hatte sich eingeloggt, das System gebootet und dort weitergemacht, wo die Mannschaft am Abend aufgehört hatte.
    Diese spezielle Wand durfte nicht mehr viel höher werden. Schon bald müssten sie sich um die Installationsarbeiten kümmern. Oscar hasste das Verlegen von Rohren, das stets die meisten Probleme bereitete. Die Installationsarbeiten waren eine uralte Technik, kein Plug-and-Play, niemals so leicht wie alles, was mit Computern zu tun hatte. Wenn es an die Installationen ginge, würde Bambakias’ Konstruktionssystem klugerweise passen. Alle höheren Funktionen würden solange erlöschen, bis die Rohre verlegt waren.
    Oscar nahm den Hut ab und presste sich die beschuhten Hände auf die eiskalten Ohren. Morgen würde er bestimmt Rückenschmerzen und Muskelkater haben. Dies wäre aber eine seiner kleineren Sorgen.
    Oscar trat unter einen paraboloiden Scheinwerfer, um nach den Versandkisten voller Installationsmaterial zu suchen. Der Scheinwerfer schwenkte auf der Stange herum, der Lichtkegel folgte Oscars Schritten. Er kletterte auf eine mächtige Kabelrolle, um sich einen Überblick zu verschaffen.
    Der Lichtkegel stieg mit ihm in die Höhe und fiel auf das zertrampelte Wintergras. Auf einmal bemerkte Oscar einen Fremden, eingemummt in eine dick gefütterte Jacke und mit einem Wollhut auf dem Kopf. Der Fremde stand unter einer Pinie auf dem geborstenen Gehsteig und blickte durch den Sicherheitszaun aus orangefarbenem Plastik.
    Bambakias’ Baustellen zogen stets Neugierige an. Nur wenige Neugierige aber kamen um ein Uhr morgens, in Dunkelheit und Kälte. Aber anscheinend gab es sogar im kleinen Buna ein Nachtleben. Wahrscheinlich war der Bursche bloß betrunken.
    Oscar legte die beschuhten Hände trichterförmig um den Mund. »Möchten Sie mir vielleicht helfen?« Das war die übliche Einladung auf Bambakias’ Baustellen. Das gehörte zum Spiel. Es war erstaunlich, wie viele selbstlose, tatkräftige Freiwillige sie auf diese Weise dauerhaft angeworben hatten.
    Der Fremde zwängte sich unbeholfen durch eine Lücke im orangefarbenen Maschendrahtzaun und trat ins Scheinwerferlicht.
    »Willkommen auf der Baustelle unseres zukünftigen Hotels! Waren Sie schon einmal hier?«
    Stummes Kopfschütteln.
    Oscar kletterte von der Kabelrolle hinunter. Er hob eine Schachtel mit vakuumisolierten Handschuhen auf und brachte sie dem Fremden. »Probieren Sie die mal an.«
    Der Fremde – eine Frau – zog die bloßen, spinnenartigen Hände aus den Jackentaschen. Oscar blickte überrascht in das vom Hut beschattete Gesicht. »Dr. Penninger! Guten Morgen.«
    »Mr. Valparaiso.«
    Oscar wählte ein geschmeidiges, extra-großes Paar aus, dessen biegsame Plastikfinger mit Noppen besetzt waren. Er hatte an diesem Abend nicht mit Gesellschaft gerechnet, geschweige denn mit einem hochrangigen Mitglied des Verwaltungsrats. Es verblüffte ihn, Greta Penninger unter diesen Umständen zu begegnen, doch es hätte keinen Sinn gehabt zu zögern. »Probieren Sie die Handschuhe mal an, Doktor… Sehen Sie das gelbe Band an den Knöcheln? Das sind Lokalisierer, damit das Konstruktionssystem ständig über die Position Ihrer Finger Bescheid weiß.«
    Dr. Penninger zog die Handschuhe an, verdrehte die schmalen Handgelenke wie ein Chirurg beim Händewaschen.
    »Sie brauchen einen Helm, eine Rückenstütze und Schuhkappen. Knieschützer wären auch nicht schlecht. Wenn es Ihnen recht ist, logge ich Sie jetzt in das System ein.«
    Oscar suchte eine Weile in den Ausrüstungsstapeln und zog einen Helm und Schuhkappen mit Klettverschluss hervor. Greta Penninger legte beides wortlos an.
    »Gut so«, sagte Oscar. Er reichte ihr eine Plastikschnur mit einem kugelschreiberförmigen Handscanner daran. »Und jetzt, Doktor, möchte ich Sie mit unserer Bauphilosophie bekannt machen. Wie Sie sehen, ist unser System sehr flexibel und simpel. Der Computer weiß zu jedem Zeitpunkt über die Position jeder einzelnen markierten und initialisierten Komponente Bescheid. Das System verfügt zudem über komplette Algorithmen, um das Gebäude aus Einzelteilen zusammenzufügen. Es gibt zahllose Wege, zum Ziel zu gelangen, daher kommt es vor allem darauf an, die gemeinsamen Anstrengungen zu koordinieren und den Überblick zu wahren. Dank der verteilten, parallelen Montagerechner…«
    »Entschuldigen Sie, aber ich hab’s schon kapiert. Ich haben Ihnen zugeschaut.«
    »Oh.« Oscar verkniff sich weitere Bemerkungen. Er schob seinen Plastikhelm in

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