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Brennendes Land

Brennendes Land

Titel: Brennendes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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daumennagelgroßen Lautsprecher. Gleichwohl fiel es schwer, einem Betonblock, der mit solcher Gewandheit und Autorität sprach, die Antwort schuldig zu bleiben. Die Betonblöcke hörten sich an wie Franklin Roosevelt.
    Bambakias hatte dieses Bausystem entwickelt. Wie viele Entwicklungen des Architekten war auch dieses System sehr funktional, steckte dabei aber voller Manieriertheiten. Oscar hatte volles Vertrauen zu dem System, ein pragmatischer Glaube, der auf Erfahrung gründete. Oscar hatte auf vielen von Bambakias’ Baustellen wie ein Maultier geschuftet. Bislang hatte noch niemand Alcott Bambakias’ Vertrauen gewonnen oder in seinen engsten Kreis Eingang gefunden, ohne dass er sich zuvor krumm gemacht hätte.
    Körperliche Arbeit war das A und O in Bambakias’ intellektuellem Salon. W. Alcott Bambakias hatte zahlreiche unorthodoxe Überzeugungen, doch ganz vorne rangierte der unbedingte Glaube, dass Speichellecker und schlechte Künstler leicht ermüdeten. Wie viele Angehörige der modernen Oberschicht neigte auch Bambakias zu großzügigen Gesten und schleuderte gerne Golddukaten unters Volk. Seine Großzügigkeit zog Parasiten an, doch der ›Sommersoldaten und Schönwetterpatrioten‹, wie er sie nannte, entledigte er sich dadurch, dass er ihnen wiederholt äußerste körperliche Anstrengungen abverlangte. »Das macht Spaß«, verkündete Bambakias dann mit einem breiten Grinsen und krempelte sich die maßgeschneiderten Hemdsärmel hoch. »Da bekommen wir Ergebnisse zu sehen.«
    Bambakias war kein Tagelöhner. Er war ein reicher Intellektueller, und seine Frau war eine bekannte Kunstsammlerin. Und aus eben diesen Gründen empfand das Paar ein perverses Vergnügen dabei, sich in der Öffentlichkeit Blasen und Sehnenzerrungen zuzuziehen und dabei zu schwitzen wie die Schweine. Das gefurchte, aber angenehme Gesicht des Architekten strahlte vor Noblesse-oblige wie ein Hundert-Watt-Strahler, wenn er in seinen Edeloveralls und mit Rückenstütze zu Werke ging. Seine elegante Gemahlin schleppte mit masochistischem Vergnügen Baumaterial, wobei ihre wie gemeißelt wirkenden Gesichtszüge die grimmige Entschlossenheit eines bügelnden Supermodels widerspiegelten.
    Oscar war in Hollywood aufgewachsen. Das Poseurhafte bei den Bambakias hatte ihn nie gestört. Die Markenanzüge mit passendem Hut und Cape, die maßgeschneiderten Kleider, die glamourösen Wohltätigkeitsveranstaltungen in Boston – derlei Dinge übten auf Oscar eine wohltuend heimelige Wirkung aus. Das Konstruktionssystem machte es auf jeden Fall wieder wett. Das System spiegelte keine falschen Tatsachen vor – es funktionierte tadellos. Beliebig viele Leute konnten mitmachen. Das System bot für jeden Platz. Es war sowohl ein Netzwerk als auch ein Lebensstil, es gründete in digitaler Kommunikation und mündete in die steinharte Realität von Wänden und Böden. Es war trostreich, mit einem solchen System zu arbeiten, denn es löste seine Versprechen ein und führte stets zu Ergebnissen.
    Das texanische Hotel beispielsweise war eine rein virtuelle Konstruktion, lauter Einsen und Nullen, eingeschlossen in einem Chip. Gleichwohl strebte das Hotel heftig danach, Wirklichkeit zu werden. Es würde sehr schön werden, und es war bereits sehr smart. Es vermochte sich mit gutem Zureden aus einem Haufen Rohmaterial zu konkretisieren. Es würde ein gutes Hotel werden. Es würde der Gegend und der Stadt gut tun. Es würde Wind und Regen abhalten. Menschen würden darin wohnen.
    Oscar schleppte den selbsternannten Eckstein zur Südwand. »Hier gehöre ich her«, erklärte der Stein. »Bedecken Sie mich mit Mörtel.«
    Oscar nahm eine Kelle zur Hand. »Ich bin das Werkzeug für den Mörtel«, piepste die kleine Kelle fröhlich. Oscar beschmierte die raue Oberfläche des Steins mit dicker grauer Paste. Eigentlich war dies kein richtiger Mörtel, aber das Polymer war ebenso billig und funktionierte viel besser, deshalb hatte man die Bezeichnung beibehalten.
    Oscar wuchtete den Betonblock auf die hüfthohe Mauer. »Nach rechts«, drängte der Block. »Nach rechts, nach rechts, nach rechts… Nach links… Wieder zurück… Drehen Sie mich, drehen, drehen, drehen… Gut! Und jetzt scannen Sie mich.«
    Oscar hob den Scanner an der Plastikschnur hoch und schwenkte ihn über dem Block. Der Scanner überprüfte die Positionierung des Blocks, dann piepste er zufrieden.
    Oscar war bereits seit zwei vollen Stunden mit Mauern beschäftigt. Er war einfach mitten in der Nacht

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