Brennendes Land
»Meinen Sie, ich sollte diesen Umstand bei der Senatsanhörung hervorheben?«
Greta schaute betreten drein.
Oscar nickte. »Ich will ebenso offen zu Ihnen sein, Greta, wie Sie zu mir. Ich möchte Ihnen schildern, was Sie im Kongress zu gewärtigen haben werden. Das Land ist pleite, und Ihre Verwaltungskosten explodieren. Sie haben hier über zweitausend Angestellte, welche die Staatskasse belasten. Sie selbst erzielen keinerlei Einkünfte – abgesehen davon, dass Sie mit seltenen Kuscheltieren das Wohlwollen flüchtiger Berühmtheiten gewinnen. Hier stehen keine wichtigen militärischen oder nationalen Interessen auf dem Spiel. Biotech ist nicht mehr revolutionär, sondern alltäglich geworden, ein alter Hut. Was also haben Sie in letzter Zeit für uns getan?«
»Wir schützen und wahren das Naturerbe des Planeten«, sagte Greta. »Wir sind Bewahrer.«
»Ich bitte Sie. Sie sind Gentechniker, mit Natur hat das nichts zu tun.«
»Senator Dougal hatte nichts daran auszusetzen, dass staatliche Gelder nach Texas flossen. Die Senatsvertreter von Texas haben uns immer unterstützt.«
»Dougal ist Geschichte«, sagte Oscar. »Wissen Sie, wie viele Zyklotrone Amerika einmal hatte?«
»Zyklotrone?« wiederholte Greta.
»Teilchenbeschleuniger, eine Art primitiver, riesiger Elektronenröhre«, sagte Oscar. »Das waren gewaltige, teure, prestigeträchtige staatliche Forschungsstätten, und sie alle gibt es nicht mehr. Ich würde gern für diese Einrichtung kämpfen, aber Sie müssen mir zwingende Gründe nennen. Wir brauchen harte Fakten, die auch der Laie versteht.«
»Was soll ich Ihnen sagen? Wir sind keine PR-Experten. Wir sind bloß einfache Wissenschaftler.«
»Geben Sie mir irgendetwas in die Hand, Greta. Sie können nicht erwarten, Ihren Fortbestand allein auf bürokratische Trägheit zu gründen. Sie müssen die Öffentlichkeit überzeugen.«
Greta dachte angestrengt nach. »Wissen besitzt einen inhärenten Wert, auch dann, wenn man es nicht zu Geld machen kann«, sagte sie. »Selbst dann, wenn man es nicht anwenden kann. Wissen ist ein absoluter Wert. Die Suche nach der Wahrheit ist essentiell. Sie ist ein wesentlicher Bestandteil der Zivilisation. Wissen braucht man auch dann noch, wenn Wirtschaft und Regierung längst zum Teufel gegangen sind.«
Oscar ließ sich das durch den Kopf gehen. »›Wissen bringt einen besser durch Zeiten ohne Geld, als Geld einen durch Zeiten ohne Wissen bringt.‹ Wissen Sie, da könnte schon etwas daran sein. Mir gefällt das Zitat. Es ist aktuell.«
»Der Staat muss uns unterstützen, sonst wird es Huey tun! Green Huey hat Verständnis für uns, er weiß, was wir hier tun. Wir werden Huey in die Hände fallen.«
»Dieses Argument kann ich nachvollziehen«, sagte Oscar.
»Zumindest verdienen wir uns unseren Unterhalt«, sagte Greta. »Man könnte das Ganze vielleicht als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme bezeichnen. Vielleicht sollte man uns alle für verrückt erklären und die Laborarbeit als Gruppentherapie deklarieren. Oder man wandelt die Anlage zum Nationalpark um!«
»Jetzt lassen Sie Ihren Einfällen freien Lauf«, sagte Oscar. »Das ist ausgezeichnet.«
»Worum geht es Ihnen eigentlich?« fragte Greta plötzlich.
»Die Frage ist berechtigt.« Oscar lächelte einnehmend. »Man könnte sagen, dass Sie mich bei unserer ersten Begegnung für sich gewonnen haben.«
Greta machte große Augen. »Sie erwarten doch wohl nicht, dass ich Ihnen glaube, Sie wollten unsere Haut retten, bloß weil Sie mit mir flirten. Nicht, dass ich was dagegen hätte. Aber wenn ich Sie becircen muss, um eine staatliche Forschungseinrichtung mit Millionenetat zu retten, dann ist es noch schlechter um das Land bestellt, als ich dachte.«
Oscar lächelte. »Ich kann flirten und gleichzeitig arbeiten. Das Gespräch war sehr erhellend für mich, sehr nützlich. Beispielsweise wie Sie sich das Haar hinters linke Ohr gestreift haben, als Sie sagten ›Vielleicht sollte man uns alle für verrückt erklären und die Laborarbeit als Gruppentherapie deklarieren.‹ Das war ein wundervoller Moment – da ist mitten in einer staubtrockenen politischen Diskussion ein kleiner persönlicher Funke aufgeflackert. Das hätte sich gut vor der Kamera gemacht.«
Sie starrte ihn an. »So denken Sie also über mich? So sehen Sie mich also? Sie meinen es wirklich ernst.«
»Aber natürlich. Ich möchte Sie näher kennen lernen. Ich möchte Sie verstehen. Ich lerne hier eine Menge. Die Regierung hat mich
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