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Brennpunkt Nahost: Die Zerstörung Syriens und das Versagen des Westens (German Edition)

Brennpunkt Nahost: Die Zerstörung Syriens und das Versagen des Westens (German Edition)

Titel: Brennpunkt Nahost: Die Zerstörung Syriens und das Versagen des Westens (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Armbruster
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Russland in erster Linie die Fragen zählen: Was kommt nach dem Sturz der Assads oder Mubaraks oder Ben Alis? Welche Auswirkungen hat ein solcher Wechsel für Russland? Wird es schwieriger? Die Beispiele Ägypten und Tunesien geben Antwort: Es kommen Islamisten an die Macht. In den beiden Ländern noch in einer relativ gemäßigten Form. Ähnliches deutet sich inzwischen auch in Syrien an, allerdings wesentlich radikaler. Die Djihadisten und Al-Qaida-nahe Gruppen werden auch hier immer stärker, unter anderem also auch jene islamischen Extremisten aus Tschetschenien, gegen die Russland im Nordkaukasus schon einmal blutige Kriege geführt hatte, und deren Bomben sogar in Moskau detonierten.
    Laut Dmitri Trenin ist Assad für Russland ein Bollwerk gegen diesen islamistischen Extremismus und Terrorismus. Fällt diese Brandmauer, dann könnte das einen Feuersturm auslösen, der auch noch im Nordkaukasus Brände entfacht. Eine Horrorvorstellung für Putin, nicht ganz zu Unrecht. Offensichtlich mischen sich unter die arabischen Djihadisten seit 2013 immer häufiger auch islamistische Kämpfer aus dem Kaukasus, die im syrischen Bürgerkrieg Kampferfahrung für die Aufstände gegen Russland sammeln wollen. Europäische Nichtregierungsorganisationen hatten im Frühsommer in Nordsyrien Besuche von solchen Kämpfern, die herrisch und nicht eben freundlich gesinnt die nichtsyrischen Mitarbeiter kontrollierten. Etliche dieser unfreundlichen Besucher, so berichtete eine französische Organisation, hätten russisch oder bosnisch gesprochen, einer sogar deutsch. Auch wegen dieses Bürgerkriegstourismus will Putin Assad nicht fallenlassen.
    Zu den materiellen Interessen Russlands an Syrien gehört zweifellos der Hafen der Mittelmeerstadt Tartus. Dort ist ein großer Teil dieses Hafens als militärisches Sperrgebiet für die russische Flotte reserviert. 1971 hatte die Sowjetunion mit dem eben an die Macht gekommenen neuen syrischen Präsidenten Hafiz al-Assad ein entsprechendes Abkommen geschlossen. Es ist der einzige Kriegshafen Russlands im Mittelmeer. Im Januar 2013 veranstaltete die russische Marine vor der syrischen Küste ein großangelegtes Manöver mit Kriegsschiffen mehrerer Marineeinheiten. Es war aber keine Evakuierungsübung für die rund dreitausend in Syrien lebenden Russen und Russinnen, wie Beobachter zunächst annahmen, sondern eine Demonstration der Stärke in Richtung Westen: die russische Flotte ist wieder zurück im Mittelmeer! Das war die Botschaft dieses Manövers.
    Allerdings scheint das Vertrauen der Russen in den Syrer rasch zu schwinden, das deuten jedenfalls die Überlegungen der russischen Marine an, ihre Mittelmeerflotte aus dem syrischen Tartus nach Beirut zu verlegen.
    Auch wenn es zwischendurch gelegentlich so aussah – Russland macht keine wirklichen Anstalten, seinen syrischen Verbündeten Assad fallenzulassen. Im Gegenteil: Es rüstet Assads Armee weiter auf, inzwischen sogar mit hoch entwickelten Waffen wie Land-See-Raketen, mit denen eine Seeblockade Syriens bekämpft werden kann. Außerdem hat Russland die Lieferung von hoch entwickelten Luftabwehrraketen zugesagt.
Türkei – vom Freund zum Feind
    Der Empfang war herzlich auf dem Flughafen des türkischen Badeorts Bodrum, wenn auch die beiden Paare unterschiedlicher nicht hätten sein können. Sie, die aus dem Flugzeug stieg, in kniefreiem schwarzen Kleid und Pumps, die Arme unbedeckt, kein Kopftuch, die Lippen geschminkt, ebenso sorgfältig wie die Augen. Sie, die zur Begrüßung mit ihrem Mann am Fuß der Gangway angetreten war, mit enggebundenem Kopftuch, trotz Sommerhitze in weißem Jackett und hochgeschlossenem Kleid, das fast bis zu den Fußknöcheln ging. Die beiden Männer, beide in Staatsgrau, also dunkler Anzug und dezente Krawatte, begrüßten sich herzlich vor den laufenden Kameras, umarmten sich wie alte Freunde. Der ältere, Tayyib Erdogan, Ministerpräsident der Türkei, der jüngere, der mit seiner eleganten Frau aus dem Flugzeug gestiegen war, Baschar al-Assad, Präsident des Nachbarn Syrien. Das war 2008. Das schicke Paar aus Damaskus und das ein wenig provinziell daherkommende aus Ankara verbrachten einige Urlaubstage gemeinsam unter dem blauen Himmel von Bodrum. Und alle Welt dachte, da wird eine neue Allianz gefestigt.
    Spätestens vier Jahre nach dieser gemeinsamen Freizeit ist die Freundschaft zwischen Baschar und Tayyib – die beiden Männer hatten sich geduzt – zerbrochen.
    Heute ist die Türkei Rückzugsgebiet der

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