Brennpunkt Nahost: Die Zerstörung Syriens und das Versagen des Westens (German Edition)
im Nahen Osten ging nach Meinung vieler Experten unentschieden aus, ein Ergebnis, das in der arabischen Welt ausreicht, um als Sieg gefeiert zu werden. In vielen Ländern des Nahen Ostens nannten Eltern damals ihre männlichen Neugeborenen Nasrallah, gaben ihnen also den Namen von Scheich Hassan Nasrallah, dem damals hochverehrten Widerstandshelden und schiitischen Chef der Hisbollah. Ohne die militärische Unterstützung und Ausrüstung aus dem Iran wäre die Hisbollah allerdings nie zu einer auch von israelischen Generälen respektierten Militärkraft geworden. Inzwischen soll sie sogar über Raketen verfügen, die bis nach Tel Aviv fliegen können. Bei dem Krieg 2006 lag »nur« Haifa in der Reichweite der schiitischen Geschosse.
Die Vernichtung Israels sei das erklärte Ziel der Hisbollah, versicherte mir der Pressesprecher der Gotteskrieger, Ibrahim al-Mussawi, bei einem langen Gespräch in seinem Büro im Beiruter Stadtteil Haret Hreik:
»Unser Ziel ist es, Jerusalem zu befreien, außerdem das von Israel besetzte Palästina.«
»Palästina? Ganz Palästina?«
»Ja ganz Palästina«, beantwortete Ibrahim al-Mussawi meine Zwischenfrage ohne mit der Wimper zu zucken:
»Palästina geht für uns vom Mittelmeer bis zum Jordan. Die Juden haben den Palästinensern das ganze Land gestohlen.«
»Und was soll dann mit den Israelis geschehen, die dort leben?«
Die Lösung, die sich die Hisbollah ausgedacht hat, ist simpel:
»Wer vor der Staatsgründung 1948 in Palästina gelebt hat, der darf bleiben, muss aber die neue islamische Regierung anerkennen. Alle anderen Juden müssen das Land verlassen, also alle, die nach 1948 in Palästina geboren sind.«
Türkei
Die Türkei hat zur Zeit über 400 000 (Stand Mitte 2013) Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen und ist Rückzugsgebiet der syrischen Rebellen und deren Ausbildungslager. Über die Türkei führen entscheidende Transportwege für Waffen in den Norden Syriens.
Wichtige Oppositionsgruppen wie der Syrische Nationalrat oder der Oberste Militärrat der FSA, mit Brigadegeneral Selim Idris als Stabschef, haben ihren Sitz ebenfalls in der Türkei.
In der Südtürkei leben auch rund 500 000 syrischstämmige Alawiten, deren Gebiet, die heutige türkische Provinz Hatay, von der damaligen französischen Kolonialmacht in Syrien und im Libanon 1939 der Türkei übertragen wurde.
Die wichtigen türkisch-syrischen Wirtschaftsbeziehungen sind 2012 nahezu vollständig zum Erliegen gekommen. Zuletzt waren die türkischen Exporte nach Syrien von 1,424 Mrd. Dollar im Jahr 2009 auf 1,845 Mrd. Dollar 2010 gestiegen, fielen jedoch im Jahr 2011 erneut auf 1,611 Mrd. Dollar. (Türkisches Wirtschaftsministerium, zitiert nach ›Das Ende des türkischen Traums?‹, Heinrich-Böll-Stiftung)
Al-Mussawi sagt das ganz nüchtern, in einem fast geschäftsmäßigen Ton. Zweifel an dieser kalt ausgesprochenen Unmenschlichkeit scheinen ihm nicht zu kommen. Allerdings ist die Hisbollah weit davon entfernt, je eine militärische Stärke entwickeln zu können, die sie in die Lage versetzt, nach Jerusalem durchzumarschieren.
Seit 1982 bilden die iranischen Pasdaran, die iranische Revolutionsgarde, die Hisbollah-Kämpfer aus, die Mullahs rüsten sie hoch mit hochwertigem Kriegsgerät iranischer, russischer oder chinesischer Herkunft. Darunter sollen inzwischen auch weitreichende Raketen sein. Die meisten dieser Waffen werden mit Flugzeugen aus dem Iran nach Damaskus geliefert und dann heimlich über die syrisch-libanesische Grenze in die Verstecke der Gotteskrieger transportiert. Syrien ist also für den Iran und die Hisbollah eine unverzichtbare Etappe auf dem Weg zu den Gotteskriegern im Südlibanon.
Deutsche Hilfe für Syrien
(Stand September 2013)
Gesamtkosten aller Hilfsmaßnahmen im Zusammenhang mit Syrien: 228,6 Millionen Euro
Die Gelder dürfen nur für humanitäre Zwecke eingesetzt werden, eine andere Verwendung lässt die Bundesregierung nicht zu.
71,88 Mio. EUR für Syrien
50,38 Mio. EUR für Jordanien
44,77 Mio. EUR für den Libanon
23,58 Mio. EUR für die Türkei
8,6 Mio. EUR für Irak
1,5 Mio. EUR für Ägypten und
27,89 Mio. EUR für den Emergency Response Fund der Vereinten Nationen.
Die Gelder werden für Flüchtlingshilfe, medizinische Versorgung, Nahrungsmittel, Transporte, Winterhilfe usw. eingesetzt.
Drittorganisationen wie das Internationale Komitee des Roten Kreuzes, Caritas, Malteser, DRK, usw. engagieren sich ebenfalls in Syrien. Das Technische Hilfswerk (THW) hat
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