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Brennpunkt Nahost: Die Zerstörung Syriens und das Versagen des Westens (German Edition)

Brennpunkt Nahost: Die Zerstörung Syriens und das Versagen des Westens (German Edition)

Titel: Brennpunkt Nahost: Die Zerstörung Syriens und das Versagen des Westens (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Armbruster
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Heimatdörfer zurück, weil dort die Gefahr vielleicht nachgelassen hat.
    Religiöse und ethnische Minderheiten in Syrien
    73 % der Syrer sind Sunniten.
    Christen, etwa zehn Prozent, leben hauptsächlich im Großraum von Damaskus, Homs und Aleppo. Es gibt insgesamt elf christliche Konfessionen.
    Alawiten , eine Abspaltung von den Schiiten, etwa zwölf Prozent, leben hauptsächlich im Nordwesten des Landes in Latakia und dem Gebirge Dschebel Ansariye.
    Drusen, eine weitere Abspaltung von den Schiiten, etwa vier Prozent, leben an den Rändern des Golan im Dschebel ad-Duruz.
    Schiiten, etwa ein Prozent, leben in Damaskus.
    Jeziden, ein paar Tausend, werden meistens den Kurden zugerechnet, leben zwischen Aleppo und Afrin.
    Juden , nur noch wenige in Damaskus und Aleppo, die meisten der ursprünglich großen Gemeinden (1943 ungefähr 45 000 insgesamt) sind ausgewandert.
    Kurden, etwa 10 bis 13 Prozent der Bevölkerung, leben in Damaskus, in Aleppo und in der Provinz im Nordosten des Landes Al-Hasaka. Zahlen ungenau, da vielen in den sechziger Jahren die Staatsangehörigkeit entzogen worden war.
    Armenier , etwa zwei Prozent der Bevölkerung, leben hauptsächlich in Aleppo und kleinere Teile in Damaskus.
    Hinzu kommen Tscherkessen und Turkmenen als Minderheit und christliche aramäisch sprechende Assyrer .
    Außerdem 476 000 palästinensische Flüchtlinge in und um Damaskus.
    Während Abu Saif uns durch die Straßen von Tel Rifa’at führt, hören wir in der Ferne immer wieder dumpfes Grollen. Assads auf dem Hubschrauberlandeplatz eingeschlossene Armee beschießt die Belagerer mit Artillerie. Die antwortet mit Mörsergranaten.
    »Heute ist es harmlos«, beruhigt Abu Saif, »wenn aber heftig gekämpft wird, landen häufig Granaten in der Stadt.«
    Am späten Nachmittag drängt Anwar zur Rückkehr nach Azaz. Der Kampflärm vom Flugplatz scheint ihn zu beunruhigen. Wir verabschieden uns, versprechen aber wiederzukommen, um die anderen Ausschusssprecher kennenzulernen. Tel Rifa’at – eine ganz normale syrische Stadt im Rebellenteil des Landes an einem ganz normalen, eher friedlichen Tag.
    Später nach unserer Rückkehr nach Azaz besuchen wir noch ein kleines, von der deutschen Hilfsorganisation Cap Anamur betreutes, Krankenhaus, in dem die Ärzte im Keller operieren. Sie hoffen, hier besser gegen Bomben geschützt zu sein als in den Stockwerken darüber. Während wir mit den Ärzten reden, plötzlich Lärm, Stimmen in Panik, Kindergeschrei. Männer bringen zwei kleine Kinder in den Operationsraum. Köpfe und Körper des vielleicht fünfjährigen Jungen und des Mädchens sind mit blutenden Wunden übersät.
    »Das Mädchen schwebt in Lebensgefahr«, sieht einer der Ärzte sofort und beginnt im Operationssaal die tiefen Wunden, die der Granatsplitter gerissen hat, zu reinigen. Beide Kinder schreien verzweifelt und entsetzt. Sie stehen unter Schock. Einer der beiden Männer berichtet dem Arzt, die beiden, Hassan und seine vierjährige Schwester Duaa, hätten auf der Straße gespielt, als plötzlich eine Granate einschlug. Das sei vor gut einer halben Stunde gewesen.
    »Wo kommt ihr her«, fragt der syrische Arzt. Die Antwort: »Aus Tel Rifa’at!«
DAMASKUS, Assad-Land, SOMMER 2012
    Als die UNO noch ihre dreihundert Beobachter in Damaskus stationiert hatte – das war bis August 2012 – konnten die ausländischen Berichterstatter im Windschatten der UNSMISKonvois (United Nations Supervision Mission in Syria) durch Syrien fahren. Auf solchen Reisen, die zeitweilig bis in den Norden des Landes führten und mehrere Tage dauerten, konnten wir eine Ahnung davon bekommen, wie brutal das Militär mit den Rebellen umging, wie erbarmungslos der Kampf von beiden Seiten geführt wird. Al Haffah zum Beispiel, eine Stadt ganz im Norden nahe der Grenze zur Türkei. Mehrheitlich wird sie von Sunniten bewohnt, ist aber eingeschlossen von alawitischen Dörfern.
    Im Juni 2012 begleiteten Kameramann Jürgen Killenberger und ich die UN-Beobachter dorthin. Auf der Fahrt nach Al Haffah passiert der Konvoi solche alawitischen Dörfer. Den vorausfahrenden syrischen Soldaten jubeln die Bewohner begeistert zu. Als unser UN-Konvoi das Dorf erreicht, schütteln sie die Fäuste oder zeigen durch obszöne Gesten, was sie von der UNO halten. Ausländer sind ganz offensichtlich nicht erwünscht. Damals berichtete ich für die Tageschau:
    »Schon weit vor der Stadt sehen wir die Zerstörungen des Krieges, der hier bis vor zwei Tagen getobt hatte. Sie lassen

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