Brennpunkt Nahost
fügt al-Khair bei unserem Gespräch noch hinzu:
Syrische Oppositionsgruppen
Nationale Koalition der syrischen Revolutions- und Oppositionskräfte : Größte und einflussreichste Gruppe der Regierungsgegner. Sie wurde am 11. November 2012 in Katar gegründet, um eine vorläufige Exilregierung zu stellen. Staaten wie die USA, Frankreich und die Türkei haben die von Istanbul aus agierende Nationalkoalition als »legitime Vertretung des syrischen Volkes« anerkannt. Tatsächlich ist diese aber derartig zerstritten, dass der erste gewählte Vorsitzende Moas al-Khatib das Handtuch geworfen hat. Sein Nachfolger als Übergangspräsident ist Georges Sabra, ein Mitglied der Kommunistischen Partei Syriens und der christlichen Gemeinde Syriens zugehörig.
Am 6. Juli 2013 wurde Achmed Assi al-Dscharba zu ihrem neuen Präsidenten gewählt. Er wird von Saudi Arabien unterstützt und steht dem Oppositionellen Michel Kilo nahe. Die NCS lehnt Verhandlungen mit Assad ab und hat inzwischen die Freie Syrische Armee als Mitglied aufgenommen.
Die Muslimbrüder haben auf Entscheidungen einen großen Einfluss.
Freie Syrische Armee (FSA) , gegründet im Sommer 2011 von Deserteuren der Assad-Armee, zunächst um friedliche Demonstrationen zu schützen. Inzwischen tragen sie die Hauptlast des Kampfes gegen die Staatstruppen. Viele lokale bewaffnete Gruppen traten der FSA bei. Unter einem gemeinsamen Oberkommando, dem Obersten Militärrat, der in der Türkei stationiert ist, versammeln sich nach eigenen Angaben etwa 40 000 Soldaten in ganz Syrien.
Syrischer Nationalrat (SNR), gegründet am 23. August 2011. Vor Gründung der Syrischen Nationalkoalition der wichtigste Zusammenschluss der Oppositionsparteien, jetzt Mitglied der Nationalkoalition. Wichtigste Mitglieder im SNR sind die Muslimbrüder, die ein Viertel der Mitglieder stellen, sowie mehrere kleinere, vorwiegend politisch links orientierte Parteien.
Local Coordination Comittee (LCC) Zusammenschluss der Protestbewegungen aus einzelnen Städten und Stadtvierteln. Die meisten Mitglieder sind junge Syrer ohne militante Vergangenheit, die sich über soziale Netzwerke wie Facebook organisieren und mit der Außenwelt über das Internet kommunizieren. Die LCC liefert auch die YouTube-Videos friedlicher Demonstrationen, die sie unterstützen, aber auch von Kämpfen.
Syrian Revolution General Commission (SRGC) aus der Nationalen Koalition im Juni 2013 wegen deren offenkundigen Versagen ausgetreten. Gegründet am 18. August 2011, handelt es sich um einen Zusammenschluss von etwa 40 Oppositionsgruppen.
Syrian Revolution Coordinators Union (SYRCU) seit 2011 Zusammenschluss von rund 216 örtlichen Gruppen, die für friedliche Proteste, Streiks und zivilen Ungehorsam stehen. Ziel ist ein demokratisches Syrien ohne Assad. Die SRCU hält den Kampf der FSA für legitim, beteiligt sich aber nicht an ihm. Vielmehr haben sie die medizinische Versorgung der Bevölkerung im Blick.
»Die Gewalt nützt nur den Radikalen«.
Die Djihadisierung des Konflikts habe schon längst begonnen. Der Westen habe das durch sein Nichtstun letztendlich gebilligt. Das war im August 2012. Ein Jahr später sind Russland und die USA immer noch keinen Schritt weiter trotz einiger hoffnungsvoller Ansätze. Dafür haben tatsächlich die Djihadisten immer größeren Einfluss auf die Bewegung der Rebellen. Damals im Juli 2012 glaubt al-Khair noch, ein Wandel müsse das Regime einschließen, zumindest vorübergehend. Die Aufstände, die ein Jahr zuvor begonnen hatten, hielt er für zu spontan, zu wenig organisiert:
»Das führt nur zu einem größeren Krieg, am Ende setzt sich dann der Stärkere durch, nicht aber der mit dem besseren politischen Konzept für das neue Syrien.«
Dann erklärt er mir, wie es zu den Aufständen überhaupt gekommen ist. Der arabische Frühling in Tunesien und Ägypten war sicherlich Vorbild. Tatsächlich lägen die Wurzeln in Syrien tiefer, und die Ursachen seien älter:
»Als Baschar al-Assad 2000 Präsident wurde«, Abdul Aziz al-Khair beugt sich leicht vor und schaut mir streng in die Augen, als er seinen Vortrag beginnt, »da leitete er eine Periode von Wirtschaftsreformen ein. Er liberalisierte die syrische Wirtschaft, ließ private Investitionen zu, und es gab eine neue Partnerschaft zwischen den ökonomischen Eliten und dem Regime. Doch die Öffnung war selektiv und manchmal auch von Zufall bestimmt. Wer keine guten Beziehungen zum Regime hatte, profitierte nicht. Die wirtschaftliche
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