Bridget Jones 03 - Verrückt nach ihm
weil ich fragen wollte, was wir Weihnachten machen sollen. Una will nämlich jetzt doch keine Anti-Aging-Gesichtsbehandlung mehr, weil sie gerade beim Friseur war, und es ist ja schon in einer Viertelstunde. Es ist mir zwar absolut schleierhaft, warum sie sich die Haare machen lässt, wenn sie noch zur Kosmetikerin muss und zum Aqua-Zumba, aber das ist ihre Sache.«
Ich schloss mehrmals die Augen, nur um hier hinter einen Sinn zu kommen. Aber diese Telefongespräche kenne ich schon, seit Mum und Tante Una ins St. Oswald’s gezogen sind. St. Oswald’s House ist eine teure Seniorenresidenz nahe Kettering, nur dass das Wort Seniorenresidenz dort verpönt ist.
Die Non-Seniorenresidenz ist rund um ein viktorianisches Herrenhaus angelegt und gleicht eher einem Ferienresort. Laut Webseite verfügt sie über einen See »mit einer Vielzahl seltener Tiere« (hauptsächlich Eichhörnchen) sowie mehrere gastronomische Angebote wie der Brasserie 120 (mit Bar- und Bistrobetrieb), dem Restaurant Ess-Lust und dem Café Plauder-Tasche. Dazu kommen Gesellschaftsräume, Gäste-Suiten für Familien auf Besuch und »niveauvoll ausgestattete« Häuser und Bungalows, umgeben von einem Italienischen Garten, den der bekannte englische Landschaftsarchitekt Russell Page 1934 eigens für das Anwesen entworfen hat.
Nicht zu vergessen Viva , die Fitness/Wellness-Anlage mit Pool, Spa, Gym, Beauty-Salon und Friseur. Natürlich bietet St. Oswald’s House auch entsprechende Fitness-Kurse an, doch erfahrungsgemäß sind gerade diese Gemeinschaftserlebnisse eine beständige Quelle von Spannung und Streit.
»Bridget, bist du noch da? Bridget, hast du was? Du hast doch was, Bridget, machst du wieder auf Selbstmitleid?«
»Ja. Nein!«, sagte ich und bemühte mich um einen Ton, der nicht auf Selbstmitleid machte.
»Bridget, du machst auf Selbstmitleid, das höre ich.«
Grrr. Ich weiß, auch Mum hatte es nicht leicht nach Dads Tod. Der Lungenkrebs brauchte nicht lange, ein halbes Jahr nach der Diagnose lag Dad unter der Erde. Aber zumindest hatte er, kurz vor seinem Tod, Billy noch im Arm gehalten. Wie gesagt, anfangs war es schwer für Mum, vor allem, da Una noch ihren Geoffrey hatte. Fünfundfünfzig Jahre lang waren Una und Geoffrey ihre besten Freunde gewesen und hatten ihren Teil zur Familienlegende beigesteuert, zum Beispiel wie ich als kleines Mädchen nackt in ihrem Garten herumlief. Doch nach Geoffreys Herzinfarkt waren die beiden Damen nicht mehr zu bremsen und begannen unverzüglich mit ihrem neuen Leben in St. Oswald’s. Keine Ahnung, wie sehr Mum noch um Dad trauert oder Una um ihren Geoffrey, denn sie lassen sich nie etwas anmerken. Sie sind eben die Kriegsgeneration, da jammert man nicht, da macht man einfach weiter. Offenbar steckt in Trockenei und tranigen Walfleischprodukten doch mehr Kraft, als wir alle ahnen.
»Auch als Witwe darf man nicht nur rumheulen, Liebes. Man muss dafür sorgen, dass es einem besser geht. Warum kommst du nicht her, dann kannst du mit uns in die Sauna springen.«
Das war lieb gemeint, aber wie stellt sie sich das vor? Soll ich die Kinder allein lassen, eine Stunde lang nach Kettering fahren, mir die Kleider vom Leib reißen und mir einen Lenz machen, Sauna- und Friseurbesuch inklusive?
»Also wegen Weihnachten: Una und ich hätten gern gewusst, ob du nur herkommen willst oder ob …«
(Mir ist aufgefallen: Wenn dich jemand vor eine Alternative stellt, dann ist es meistens die zweite Option, die er dir schmackhaft machen will.)
»Die Sache ist nämlich die: Dieses Jahr ist wieder die St.-Oswald’s-Kreuzfahrt, und wir fragen uns, ob du gerne mitkommen würdest? Die Kinder natürlich auch. Es geht zu den Kanaren, aber es fahren nicht nur alte Leute mit. Außerdem laufen wir ein paar sehr schicke Orte an.«
»Hmm, Kreuzfahrt klingt nicht schlecht«, sagte ich und dachte: Wenn dir die Fatty-Farm ein neues Schlankheitsgefühl vermitteln kann, dann wird dich dieser Geronten-Dampfer subjektiv um Jahrzehnte verjüngen.
Ich sah es direkt vor mir, wie Mabel und ich auf dem Oberdeck Fangen spielen, zwischen lauter gebläuten und gepufften Frisuren und surrenden Seniorenporsches.
»Es gefällt dir bestimmt, schließlich ist es eine Ü50-Kreuzfahrt«, sagte Mum und atomisierte binnen einer Mikrosekunde meine ganze schöne Theorie.
»Nein, eigentlich wollten wir Weihnachten hier feiern. Ihr seid herzlich eingeladen, aber es wird chaotisch, das sage ich euch gleich. Wenn ihr euch also lieber für eine
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