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Briefe an eine Freundin

Briefe an eine Freundin

Titel: Briefe an eine Freundin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm von Humboldt
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und Billigkeit sich versprechen kann, glaube ich auch diesmal erwarten zu können. Meine Tochter ist allerdings wieder mit mir hier. Das Bad hat ihr voriges Jahr so wohl getan, daß sie Unrecht getan haben würde, die Kur nicht zu wiederholen. In den Einrichtungen hier ist vieles besser geworden. Daß die Zeitungen gesagt haben, ich sei nach den Rheinprovinzen gegangen, war ein grundloses Gerücht. Sie hätten sich die Mühe, von mir zu reden, ganz ersparen können. Ich bin auf dem gewöhnlichen Wege hergegangen und
hasse alle kleinen Reisen und Umwege so gründlich, daß ich mich nicht darauf einlassen würde. Sollte ich einmal eine längere Abwesenheit von Hause nicht scheuen, so würde ich nach Italien oder England gehen, und hiervon möchte ich die Möglichkeit nicht bestreiten, vorzüglich, wenn mein Gesicht schwächer würde und mich am eigenen Arbeiten hinderte. Es freut mich sehr, daß Ihnen mein Briefwechsel mit Schiller Freude gemacht hat. Mir ist es mit dem Buche sonderbar gegangen. Ich hatte den Schillerschen Erben die Herausgabe versprochen. Als sie mich, da darüber mehrere Jahre verflossen waren, dazu aufforderten, war es mir höchst lästig, mich damit zu befassen. Ich mußte den ganzen Briefwechsel durchgehen, um alles auszuschalten, was sich für den Druck nicht geeignet hätte. Dessen war so viel, daß das Ganze gut und gern zur Hälfte zusammenschmolz, und die Arbeit kostete mich einige Wintermonate; dann schrieb ich die Vorerinnerung. Ich erwartete keinen großen Anteil für das Buch, höchstens für einen Teil der Briefe Schillers und für einige wenige von mir. Der Erfolg hat aber meine Erwartungen übertroffen, und es ist viel mehr gelesen worden, als ich dachte, und besonders von Frauen. Viele haben mir davon gesprochen, einige ausführlich geschrieben, und so, daß sie ganz in die Ideen eingegangen waren und einige davon weiter ausspannen. Ich glaube auch nicht, daß, wie Sie meinen, die Briefe gewonnen
hätten, wenn sie früher erschienen wären, eher umgekehrt. Ich bin überhaupt gegen alles Drucken von Briefen. Die Herausgabe dieser rechtfertigt nur der Name eines wahrhaft großen Mannes, an den sich der andere mit immer gleich sichtbarer Unterordnung anschließt, so daß man doch immer auch in ihm nur jenen sieht. Briefe haben immer einen Anflug des wirklichen Lebens. Je mehr sie also aus der Ferne erscheinen, desto mehr überraschen sie. Gleich nach dem Tode sind sie eine schwache Fortsetzung der noch in dem Gedächtnis lebenden Wirklichkeit. Nach langer Zeit erscheinend, führen sie Personen zurück, die man nicht mehr gewohnt war, sich mit den Umgebungen zu denken, wie sie das Leben begleiten. Ich dächte auch nicht, daß es störend auffallen könnte, wenn in den Briefen gewissermaßen kunstmäßig beurteilt wird, was man in der Zeit mit Begeisterung aufgenommen hat. In der Dichtung ist wenig oder gar keine Kunst, die erlernt oder studiert werden müßte. Eine solche ist aber auch nicht in den Räsonnements dieses Briefwechsels entwickelt, wenn man einige leicht zu überschlagende Stellen über das Silbenmaß ausnimmt. Beide, Schiller und ich, haben nur gesucht, die Gründe darzulegen, aus welchen das Gefühl entspringt, die Bedingungen, unter denen es entsteht. Wer nun die Gründe wahr findet, in dem müssen sie das Gefühl erhöhen, da sie es mit anderen und gleich großen Ideen in Verbindung bringen.
Wem sie nicht zusagen, der wird sich dadurch noch mehr in seinem Gefühle bestimmt finden und sich nun vielleicht durch die Widerlegung leichter die Gründe selbst entwickeln.
    Der Stelle in der Delphine erinnere ich mich nicht. Wenn Frau von Staël damit meinte, daß eine in der Jugend geschlossene und bis ins Alter fortgesetzte Ehe das Wünschenswürdigste ist, so bin ich vollkommen derselben Meinung. Ich fürchte aber sehr, sie meinte es anders, und dann ist es eine aus oberflächlicher französischer Ansicht geschöpfte Behauptung. Sie müssen darum nicht glauben, daß ich den Wert der Staël verkenne. Sie war meiner tiefsten Überzeugung nach eine wahrhaft große Frau, und nicht bloß von Geist, sondern durch wahres und tiefes Gefühl und eine sich nie verleugnende, unendliche Güte, und auch von Herz und Charakter. Sie hatte die feinste Empfindung der edelsten Weiblichkeit. Sie war in ihrem Innersten dem eigentlichen französischen Wesen fremd, aber es begegnete ihr doch zu Zeiten, banale französische Anrichten ihren Äußerungen beizumischen, und das ist nicht zu verwundern,

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