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Briefe an eine Freundin

Briefe an eine Freundin

Titel: Briefe an eine Freundin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm von Humboldt
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als ein Zaubermittel angesehen worden, und daher muß man wohl das allerdings alberne Verwahrungsmittel des »Unberufen« herleiten. Vor geläuterten, auch religiösen Ideen fällt das alles über den Haufen. Wer sein oder anderer Glück aus reiner Freude daran, mit Dankbarkeit gegen den Ursprung desselben, rühmt, ist gewiß Gott wohlgefällig und setzt sich dadurch, wenn dies nicht sonst in unerforschlichen Plänen liegt, keiner Umwandlung als Strafe aus. Vielmehr ist es eine schöne Empfindung, fremdes Glück ohne Neid zu preisen, und sich des eigenen als einer unverdienten Gabe zu freuen.
    Nun leben Sie wohl, liebe Charlotte. Mit den Gesinnungen unveränderlicher Anhänglichkeit der Ihrige. H.
     
     
Berlin
, den 13. März 1826.
     

    I ch habe, liebe Charlotte, Ihre beiden Briefe vom 13. und 26. v. M. zur Beantwortung vor mir liegen. Sie können sich kaum vorstellen, wieviel Freude mir der ruhige und vertrauungsvolle Ton macht, der in beiden herrscht, und der ein treuer Ausdruck
Ihrer Gesinnung und Seelenstimmung ist. Es hat mich auch sehr gefreut, zu sehen, daß es doch mit Ihrer Gesundheit leidlich zu gehen scheint. Bei Ihnen wirkt die einfache und regelmäßige Lebensart, die Sie führen, gewiß sehr zur leichteren Besiegung aller Krankheiten mit, und damit verbinden Sie eine Ausdauer, die man gewiß selten findet. Es ist unglaublich, wie viel es tut, wenn der ganze Körper in einer steten und immer ununterbrochen fortgesetzten Ordnung bleibt und von dem Wechsel der Eindrücke frei ist, der doch immer die körperlichen Funktionen mehr oder weniger stört. Durchgängige Mäßigkeit ist gewiß doch am Ende dasjenige, was den Körper am längsten erhält und am sichersten vor Krankheiten bewahrt. Bei Ihnen, liebe Charlotte, tritt nur
ein
Übermaß ein, wofür ich Sie so gern sicher wüßte, das nämlich der Arbeit. Ich habe mit lebhafter Freude gesehen, daß Sie darauf bedacht sind, sich mehr Hilfe und eigene Ruhe zu verschaffen. Sie haben aber sehr recht, und ich habe deutlich erkannt, daß auch der Teil der Arbeit, den Sie sich vorbehalten haben, noch über einzelne Kräfte ist. Wenn Sie durch dieselbe, wie Sie mir sagen, stets genötigt sind, bis tief in die Nacht, bis 1-2 Uhr, zu arbeiten, und doch um 6 Uhr morgens wieder auf zu sein, so ist das gewiß eine zu große Anstrengung. Ich bleibe zwar auch immer, bis auf wenige Ausnahmen, bis 1 Uhr nachts auf, und jetzt, wo ich Ihnen schreibe,
ist es nahe an Mitternacht. Aber ich bin es aus langer Zeit gewohnt, stehe auch morgens vor 8 Uhr nicht auf und suche vor dem Schlafengehen in den letzten Stunden nur leichte, nicht anstrengende Beschäftigungen. Gewöhnlich schreibe ich nur Briefe und besorge meine Geschäfte. Eigentlich wissenschaftliche, oder sonst anstrengende Arbeit behalte ich mir immer für den Tag, meistenteils für den Morgen vor.
    Es ist sehr lieb und gut von Ihnen, daß Sie meine Briefe des letzten Jahres wieder der Reihe nach durchgelesen haben. Es tut mir aber leid, daß Sie bei denen verweilt haben, die Ihnen mißfällig waren. Das war ohne Nutzen. Es war ein reines Mißverstehen, das wir beide können ganz ruhen lassen. Wichtiger und nach ihren Gesinnungen für mich beruhigend muß es Ihnen sein, daß sich in mir gegen Sie nichts von dem, was vorher war, geändert hat, daß sich nichts ändern wird, daß Sie meiner lebhaftesten Teilnahme und Anhänglichkeit immer gewiß sind. Ohne Ihnen dies als einen Vorwurf zu sagen, ist es doch gewiß, und ich sehe aus Ihren Briefen durchscheinen, daß Sie sich noch immer manchmal Sorge und Kummer deshalb ohne Ursache machen, das tut mir leid, ob ich die Gesinnung zu ehren weiß, da es die stille Heiterkeit hindert, die Sie doch jetzt haben könnten. Auf mich, meinen Anteil, meine Bereitwilligkeit, Ihnen zu helfen, können Sie rechnen und sicher rechnen, da in meinem Alter unmöglich mehr
etwas Leidenschaftliches, was immer unsicher ist, liegen kann, und in meinem Charakter nichts Launenhaftes liegt, noch je gelegen hat. Wie ich gegen Sie bin, so bleibe ich. Auch sehe ich mit Rührung, daß Ihr Kummer noch immer zuweilen der ist, mir vielleicht in Ihren Äußerungen mißfällig gewesen zu sein. Nichts davon liegt in meiner Ihnen in der innigsten Teilnahme zugewendeten Seele. Wollen Sie mir aber einen Beweis geben, daß Sie mir gern einen Gefallen erzeigen, so lassen Sie diese Sache ruhen und erwähnen derselben nicht wieder. Sie können mir auch offen alles sagen, ich nehme am Kleinsten wie am

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