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Brigade Dirlewanger

Brigade Dirlewanger

Titel: Brigade Dirlewanger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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der Brigade Dirlewanger stramm; in Linie zu drei Gliedern starren sie stur geradeaus. Die Vorderen zählen mit Blickwendung, auf Tuchfühlung mit der Angst wie der Hoffnung. Zwei Tage lang brütete dumpfe Beklemmung Gerüchte aus. Dünne Hoffnungsfäden umgarnen die Dirlewangers wie Fallstricke.
    Das Barrasreglement klappt wieder bis zum letzten HDV-Komma. Die da am Appellplatz des Waldlagers stehen, könnten bei jeder Militärparade brillieren – wären sie nicht vorbestrafte Verbrecher.
    »Karree!« befiehlt der Polizeioberst.
    Der linke und der rechte Flügel schwenken sofort ein, richten sich automatisch aus. Im Hintergrund notiert der Spieß Müller-Würzbach einen Mann, der nachkleckerte.
    Der Oberst tritt so dicht an die B-Soldaten heran, daß ihn jeder hören muß. Er betrachtet die angetretene Formation mit kalter Distanz. Sein Gesicht ist unbewegt und ausdruckslos. »Männer …«, beginnt er umständlich, »wie Sie wissen, bin ich hierher gekommen, um auf Anordnung des Reichsführers … gewisse Ermittlungen anzustellen …« Er unterbricht sich und sieht an ihren Reihen entlang, als wollte er bewußt die Spannung steigern. Einen Moment bleiben seine Augen auf dem straffen Gesicht Vonweghs, des Zugführers, hängen, wandern dann weiter zu dem neben ihm stehenden Kirchwein, dessen Augen wieseln, hinweg zu Petrat, der verschlagen lauert, weiter zu Gruhnke, der den Polizeioffizier wie den Propheten ansieht, der das Wunder wirken muß, und von da weiter zu den anderen.
    Ohne den Kopf zu wenden, folgt Paul Vonwegh seinem Blick. Einer fehlt: B-Soldat Kleinschmidt, der Mann, den er fernsteuerte, der Zeuge in Sachen Aumeier-Haubach.
    »Ich und meine Offiziere …«, fährt der Besichtigende pedantisch fort, »haben jedem von euch Gelegenheit gegeben, mit uns zu sprechen … außerhalb des Dienstweges sogar … Jedem Beschwerdeführer habe ich meinen persönlichen Schutz zugesichert … Wir haben über hundert B-Soldaten herausgegriffen und vernommen … Es ist meine Pflicht, euch das Ergebnis meiner Erhebungen mitzuteilen …«
    Die Front der Männer scheint nach oben zu wachsen und wieder zusammenzusinken. Jetzt, denkt jeder, einer hat bestimmt aus der Schule des Verbrechens geplaudert, einer war mutiger als ich oder hatte wenigstens bessere Nerven …
    »Ich kann mit besonderer Freude feststellen …«, die Worte des Polizeiobersten prasseln wie Steine gegen die angetretenen B-Soldaten, »daß bei euch alles in …«, Prinz verzieht das Gesicht einen Moment hämisch, »besonderem Maße in Ordnung ist …«
    Die Illusion platzt wie eine Seifenblase. Die Köpfe sinken nach unten. Die Augen sind wieder tot. Die Rücken krümmen sich, als spürten sie bereits die Schläge der Peitsche. Ein Kessel barst lautlos im Überdruck der Spannung. Volle Deckung vor den Trümmern, heißt es jetzt.
    »Ich habe schon viele Einheiten besichtigt«, fährt der Offizier mit der Sondervollmacht im schnarrenden Ton fort, »aber so etwas von … Mustergültigkeit wie bei euch habe ich noch nicht erlebt …« Oberst Prinz spürt die hundertfache Enttäuschung, nickt grimmig. Seine Gefühle gehen jetzt offen aus der Deckung, werden zu purem Hohn: »Ihr habt die beste Verpflegung, die vorbildlichsten Unterführer, die feinste Behandlung! … Ich werde das unverzüglich an den Reichsführer SS weitermelden …« Wieder genießt er die Resonanz seiner Worte. »Ihr habt alle etwas gutzumachen … und nach euren eigenen Aussagen seid ihr auf dem besten Weg dazu … Ich kann euch dazu nur beglückwünschen … Ihr habt eine bessere Einheit gefunden, als ihr sie verdient.«
    Er beobachtet aus schrägen Augenwinkeln, wie sich Müller-Würzbach und Oberscharführer Weise vergnügt angrinsen, und setzt laut hinzu: »Es bleibt mir nur noch festzustellen, daß alle Gerüchte, die zu dieser Untersuchung führten, völlig haltlos waren … Ich glaube, ihr seid auf dem richtigen Weg … Für eure weitere Bewährung alles Gute!«
    Der Polizeioffizier bricht ab und nickt. Ein paar Gesichter sind noch fassungslos. Prinz merkt sie sich. In der ersten Reihe kippt einer um, schlägt lang hin, röchelt, zuckt die Arme im Veitstanz: Kirchwein, der Epileptiker, erleidet den langbefürchteten Anfall.
    Es ist still, gespenstisch still. Man hört nur das gewürgte Röcheln des Kranken. Keiner rührt sich. Alle versuchen, gleichgültig zu wirken. Oscha Weise ist nicht entgangen, daß Kirchwein gerade in einem ungeeigneten Moment auffiel.

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