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Brigade Dirlewanger

Brigade Dirlewanger

Titel: Brigade Dirlewanger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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unbeschwert.
    »Ich hab' mal einen Wildwestfilm gesehen«, sagte Karen, »da war einer wie du … genauso mißtrauisch, immer Pistole in der Tasche, immer Panoramablick, weißt du, so nach allen Seiten …«
    »Und?« fragte Vonwegh.
    »Er hatte recht … und wurde mit den anderen fertig.«
    »Schön wär's …«, entgegnete der Mann aus Spanien sarkastisch.
    »Aber das war Kintopp«, versetzte das Mädchen, »Wildwest, verstehst du?«
    »Wildwest ist gar nichts gegen das Land, in dem wir leben«, erwiderte Vonwegh. Sein Gesicht verdüsterte sich.
    »Kann sein«, antwortete Karen, »aber es gibt auch noch Anständige, oder?«
    »Gewiß.«
    »Wie mein Vetter Wulf-Dieter, zum Beispiel …«
    Vonwegh ließ sie aus den Armen und drückte sie auf den Polsterstuhl.
    »Von dir hab' ich gar nichts gesagt …«, begann Karen dann mit ihrem Bericht.
    »Sondern?«
    »Von einem Fall X gesprochen … von dem Freund einer Freundin …«
    »Verzwickte Verhältnisse«, versetzte Paul und mußte doch lachen.
    »Sonst erzählte ich alles über dich«, fuhr Karen fort, »nur ohne Namen … Älter habe ich dich gemacht«, sie lächelte schelmisch, »einen Schmerbauch habe ich dir gegeben und einen kleinen Buckel angehängt … und eine Knollennase vom vielen Rotspon, weißt du, so mit blauen Äderchen …« Sie sah, daß der Freund gezwungen lächelte, und wurde ernst: »Ja, wie ich schon sagte, er hat Beziehungen – erschrick nicht gleich –, sogar zur geheimen Sta … Stapoli …«
    »Zur Gestapo«, half ihr Vonwegh. Er sprach das Wort aus, als könnte er dem System in das Gesicht spucken.
    »Ja«, antwortete Karen, »guck nicht so skeptisch … Er ist eben tüchtig, und Beziehungen sind alles … Da ist ein alter Korps-Student … längst vergessen …«
    Paul Vonwegh nickte. »Und was schlägt er vor?«
    »Du sollst dich stellen«, versetzte Karen.
    »Prima«, erwiderte er.
    »Aber sie sichern dir Straffreiheit zu …«
    Er zog sie an sich. Sein Finger fuhr an ihren Lippen entlang, wie sie es mochte, bis sie danach schnappte.
    »Und wenn sie es nicht halten, Karen?« fragte er mit einer Stimme, die einem Kind gut zureden wollte.
    »Da ist doch noch Wulf-Dieter«, erwiderte sie fast böse.
    »Ich weiß … der Vetter mit dem Bindestrich, der HJ-Pimpf mit dem Freikorpskomplicen …«
    »Du kennst ihn doch gar nicht.«
    »Ihn nicht«, entgegnete Vonwegh, »aber die anderen.« Er merkte, daß er ihr Freude, Ruhe und Sicherheit nahm, und schaltete um: »Hör nicht auf mich … Du weißt doch, ich bin ein alter Zyniker …«
    »Na, ja«, sagte sie versöhnt, »du hast ja auch einige Erfahrungen …«
    Der Freund nickte.
    »Er meint es ehrlich … glaub mir … Er will zuerst mit dir sprechen, an einem neutralen Ort, und dann mit der Gesta …«
    »Gestapo.«
    »Er will deinen Fall nur als Theorie vortragen, verstehst du …«, fuhr Karen fort, »als Schulbeispiel … Und wenn sie darauf eingehen … Bitte, Paul … sei doch vernünftig.«
    Er nickte.
    »Mein Vetter kennt ein paar solche Fälle … sogar ein paar Leute, die aus Spanien zurückgekommen sind …«
    Ins KZ, wußte Paul Vonwegh und schwieg.
    »Es ist deine freie Wahl«, sagte Karen und kraulte seine Haare. »Gehst du hin?«
    »Wann?«
    »Morgen«, antwortete sie und betrachtete ihn zweifelnd.
    Er nickte und versuchte, Zuversicht auszustrahlen. Er taxierte seine Chancen. Er gab sich zehn Prozent und erhöhte auf fünfzehn, falls der Bindestrich Wulf-Dieter doch ein anständiger Kerl war. Und dabei wurde ihm schon wieder übel im Magen. Ein anständiger Kerl! Einer, der gar nicht für die Braunen ist, aber sich vor lauter Tüchtigkeit überschlägt, um bei ihnen Karriere zu machen …
    Paul Vonwegh wußte, daß er schwarz-weiß dachte. Die Zeit hatte es ihm beigebracht, da unten, im Süden, unter der Sonne Spaniens, eine Zeit, weiß wie die Fahne der Kapitulation und schwarz wie die Gesichter der Toten, wie die Trauer der Mütter, wie die Nacht, wie der Faschismus …
    Jetzt hört der Zugführer Pfiffe, und im nächsten Moment werden die Barackentüren aufgerissen. Es ist fünfzehn Uhr, und die Untersuchung des Polizeiobersten Prinz treibt der Entscheidung zu.
    Jetzt oder nie wird dem SS-Standartenführer Dirlewanger und seinen Trabanten das Handwerk gelegt, spürt der ganze Haufen, der sich in dumpfer Beklemmung am Appellplatz formiert …
    Die Hände schwitzen an der Hosennaht, trotz der Kälte. Sauber ausgerichtet stehn die B-Soldaten

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