bright darkness - strahlende Dunkelheit (German Edition)
verlassen einen nicht und sind auf den Menschen angewiesen. Ich selbst aß kaum Fleisch, fand es aber dennoch übertrieben, sich ausschließlich pflanzlich zu ernähren, aber man sollte jedem seine Interessen zugestehen.
Ich wählte ein fleischloses Nudelgericht, dazu einen Knusperriegel, und nahm mir ein Mineralwasser, das in Halbliterflaschen angeboten wurde, obwohl ich keinen Hunger hatte. Ich war zu aufgeregt um zu essen.
Wir steuerten mit unseren Tabletts auf einen Tisch zu an dem ein Junge saß. Velisa setzte sich neben den Jungen, ich wählte einen freien Platz ihnen gegenüber. Sie stellte mir den Typ als ihren Freund Jason vor und grinste stolz während sie ihn anhimmelnd in die Augen schaute. Die beiden schienen glücklich verliebt zu sein. Wahrscheinlich standen sie am Beginn ihrer Beziehung, wo noch alles heiterer Sonnenschein war.
„Hi, Sarah. Woher kommst du?“, fragte mich Jason.
„Aus Rainsville“, antwortete ich schüchtern.
„Wo ist das?“
„In Alabama.“
„Seit wann bist du in Philadelphia?“, übernahm Velisa die Fragerunde.
„Seit Samstag.“ Ich versuchte erfreut zu klingen.
„Und wie gefällt dir das Großstadtleben bis jetzt?“
„Ganz gut, danke.“ Das war natürlich gelogen, aber hey, was sollte ich denn sonst sagen? Vielleicht: Ich hab hier keine Freunde, keine Verwandten außer meiner Mutter und leide vermutlich bald an einer Lungenkrankheit, die von Smogvergiftungen und der nicht unbeachtlichen Feinstaubbelastung verursacht wird, aber danke der Nachfrage. Mir geht’s beschissen.
„Warum bist du hier her gezogen?“
„Ich kam mit meiner Mom her. Ist kompliziert.“
Ein weiterer Junge kam zu uns und setzte sich neben mich. Alex, ein Freund von Velisa und Jason.
„Hallo, alle zusammen.“
Alex sah gut aus. Er hatte braune kurze, etwas wuschelige Haare, große grüne Augen, ein unwiderstehliches Lächeln, strahlend weiße Zähne und eine wundervoll beruhigende Stimme.
„Hi Alex, das ist Sarah, sie ist neu hier. Sie kommt aus einer Kleinstadt und schnuppert zum ersten Mal richtige Stadtluft“, erklärte Velisa heiter.
„Hi Sarah, ich bin Alex. Hoffe es ist hier halbwegs erträglich für dich.“ Er streckte seinen Arm aus und reichte mir die Hand.
„Ja, es ist okay.“
Einen Teil der Mittagspause verbrachten wir indem ich Velisa, Jason und Alex kurze unbedeutende Dinge von meinem bisherigen Leben erzählte. Ich versuchte nur das Notwendigste ihrer endlosen Fragen zu beantworten. Als ihr Wissendrang befriedigt war, folgten aufschlussreiche Berichte über Mitschüler, Lehrer, Schul- und Freizeitveranstaltungen die ich mir unmöglich merken konnte. Ich saß ihnen mit vorgebeugtem Oberkörper und freundlich interessierter Miene gegenüber. Um mich nicht zu langweilen, stocherte ich mit der Gabel in meinem Nudelgericht, aß ein paar Bissen oder schraubte an meiner Wasserflasche herum. Ich versuchte ihren Gesprächen zu folgen, gab es aber auf und wagte noch einen Blick durch den von Menschen überfluteten lauten Pausenraum. Grauenvoll.
„Wo musst du als nächstes hin?“, fragte Alex.
Ich schaute auf meinem Stundenplan nach, da ich keine Ahnung hatte, was mich als Nächstes erwartete.
„Hm, Geschichte bei Mrs. Dunlop.“
„Da muss ich auch hin. Ich zeig dir den Weg.“
„Cool, danke.“
Nach der Pause hatten also Alex und ich gemeinsam Geschichte. Das war mir ganz recht und wir machten uns auf den Weg zur Klasse. Velisa und Jason mussten zu einem anderen Kurs. Wir gingen nebeneinander durch den langen mit Neonlampen beleuchteten Flur und es kam mir vor, als ob jetzt weniger Leute drängelten als zuvor. Es war erstaunlich, wie viele Leute auf dieser Schule waren. Ich wurde kaum beachtet, da es wohl undenkbar möglich war jeden einzelnen Schüler zu kennen.
Als wir den Klassenraum betraten, meldete ich mich bei Mrs. Dunlop an. Diesmal wurde ich gezwungen mich selbst vorzustellen. Mein Magen zog sich innerhalb von Bruchteilen einer Sekunde krampfhaft zusammen. Meine Stimme zitterte, ich litt unter Kurzatmigkeit und sofort schoss mir das Blut in die Wangen, damit auch jeder mitkriegte, wie fertig ich war. Falls man es mir noch nicht anhörte, sah man meine Nervosität zumindest deutlich genug. Schweiß drang aus meinen Poren und ich klammerte meine Hände fest um den Riemen meiner Tasche.
Ich stammelte meine drei Vorstellsätze und sah hilflos zu Mrs. Dunlop, damit sie mich von meiner unerträglichen Bürde befreit.
Zumindest war sie nett und
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