Bring mich heim
meinen Schreibtisch lag. Sie sollten sehen, dass ich weiterkommen mochte.
Einmal Ja sagen, heißt hier wohl immer Ja sagen.
So landeten täglich Hunderte Zettel auf meinem Tisch, welche noch auf Nachbearbeitung warteten, wo genaue Recherchen fehlten. Dinge, die niemand für notwendig hielt zu erledigen, weil das Thema für den einen oder andern Kollegen uninteressant klang.
Ich machte es. Ich machte das alles. Wo ich ja eindeutig zu viel Freizeit in meinem Leben hatte, nahm ich die Arbeit mit nach Hause. Meine Zeit für mich beschränkte sich auf Mittagspause und Schlaf.
Mein Kopf pochte nach unzähligen Stunden Nacharbeit in den eigenen vier Wänden, kombiniert mit Schlafmangel. Lange spielte mein Körper nicht mehr mit.
Vielleicht würde ein simples Nein tatsächlich alles stoppen. Aber wollte ich das Nein sagen? Vermutlich war ich noch nicht so weit. Ich mochte den Job zu sehr, um weniger zu tun. Außerdem versuchte ich verlorene Zeit aufzuholen. In den letzten Wochen lag ich eindeutig zu oft krank im Bett. Wenn ich auch vergaß mitzuzählen, wie oft ich mich schon krankschreiben ließ. Mit Sicherheit mehr als sechs oder sieben Mal. Ich konnte mich an keine Zeit erinnern, wo ich wirklich krank war. Ich verpasste aufgrund einer Krankheit noch nicht einmal einen Schultag. Ich war unfassbarerweise in der Schule nie krank. Zum Glück sah mein Chef über das hinweg, denn trotz allem, erledigte ich meine Arbeit mehr als zufriedenstellend. Ich schuftete zwar vom Bett aus, aber es war immer alles am Tag der Abgabe auf dem Schreibtisch von Herrn Walter.
An Auskurieren war jedoch in meiner Situation nicht zu denken. Meist blieb ich einen oder zwei Tage daheim, schluckte fiebersenkende Mittel und ab ging es wieder in das Büro. Es bedeutete zwar, dass ich meine Müdigkeit weiter bekämpfen musste, aber das nahm ich in Kauf.
Heute fühlte ich es wieder. Es begann ein solcher Tag, an dem ich mich lieber unter meiner Decke vergraben würde. Wo ich lieber meinen Kopf unter dem Kissen versteckte wie ein Strauß seinen Kopf ins Erdloch, à la: Niemand kann mich hören, niemand kann mich sehen .
Ich wollte diesen schrillen Ton des Weckers nicht hören. Konnte den bitte jemand abschalten? Meine Hand fand den Weg aus der Decke nicht und er läutete unaufhörlich auf meinem Nachttisch weiter.
Egal ... ich kuschelte mich nur noch tiefer in die Decke hinein.
»Mimi, schalt deinen verdammten Wecker aus«, murmelte ein verschlafener Chris. Jede Bewegung tat höllisch weh, sollte er doch den Wecker abstellen. Leichte Hiebe durch seinen Ellenbogen in meine Seite ließen mich auch nicht bewegen. Er fluchte leise vor sich hin. Genervt atmete er tief ein und ließ all seine Luft aus den Lungen.
»Ich mach schon, nur keine Mühe deine Hand einfach auszustrecken.« Das nervige Ding stand auf meiner Bettseite. Chris ließ mich das spüren. Er rollte sich glatt auf mich ... mit seinem vollen Gewicht. Schaltete den Wecker aus.
Runter, runter, runter. Ich versuchte ihn abzuwimmeln ... aua ... das tat weh.
Wie sollte es auch anders sein, er blieb stur auf mir liegen. Vibrationen von seinem Versuch, das Lachen zu unterdrücken ließen meinen Körper erbeben. Ich kämpfte meine Hände frei und wurschtelte mir die Decke von meinem Gesicht. »Christoph ...«, flehte ich ihn an. Sein Lachen wurde laut und klang in meinem ohnehin schon pochenden Kopf nach. »Bitte ... runter. Du erdrückst mich.«
»Guten Morgen, Prinzessin.« Lachend küsste er meine Stirn und rollte sich von mir herunter.
Mir war nicht nach Lachen zumute. Mein Kopf glühte. Meine Glieder schmerzten. Nur blieb mir ja doch nichts über. Mein Job rief nach mir. Allerdings in ein paar Stunden lag ich mit hoher Sicherheit wieder in meinem kuschelig weichen Bett neben Chris. Er versprach mir, gleich nach seiner Arbeit herzukommen. Dann konnte ich mich in seiner Umarmung verlieren und eng an seinen Körper gekuschelt einschlafen. Es gab einfach nichts Schöneres, als an Tagen, wo es mir nicht gut ging, mit meinem Freund im Bett herumzulungern.
Das war eines der Lichtblicke im Moment. Streit mit ihm hin oder her. Außerdem, wie gesagt, konnte ich ihm nie länger böse sein.
Bevor ans Heimgehen zu denken war, lag allerdings noch ein immens langer Arbeitstag vor mir. Ein weiterer kleiner Lichtblick des Tages war meine Mittagsunterbrechung mit meiner Freundin Julia.
Erschöpft von diesen wenigen Stunden Schufterei setzte ich mich in das kleine Restaurant, welches vis-à-vis von
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