SOLO mit PINK LADY - MIT 16 DIE WELT EROBERT
Vorwort
Ein Halbmond war aufgegangen und verlieh der See einen silbrigen Schleier über der Dunkelheit darunter. Nach dem Sonnenuntergang hatte ein leichter Westwind die ruhigen und glatten Bedingungen des Nachmittags fortgeweht. ELLA’S PINK LADY machte gute Fahrt unter Groß-, Stag- und Vorsegel. Ich hätte mir für meine erste Nacht auf See keine besseren Bedingungen wünschen können. Während ELLA’S PINK LADY mit konstanten vier Knoten Fahrt dahinsegelte, war ich sehr stolz auf meine hübsche kleine pinke Yacht. Stolz und unglaublich erleichtert, endlich unterwegs zu sein. Ich dachte über die nächsten Segeltage und das große Abenteuer nach, zu dem ich bald aufbrechen würde. Es war eine wunderschöne Nacht, und der Gedanke daran, dass irgendetwas schiefgehen könnte, war der letzte, der mir in den Sinn gekommen wäre.
Ich hatte Mooloolaba an diesem Morgen gegen 10 Uhr mit einer Eskorte von Booten und Helikoptern verlassen. Nach 15 Stunden auf See und anstrengenden Wochen der Vorbereitung fühlte ich mich müde und gereizt. Es hat mich immer schon ein paar Tage gekostet, meine Seebeine zu bekommen.
Ich stellte sicher, dass an Bord alles okay ist, und entschied mich dazu, meinen Kopf kurz auszuruhen und eine kleine Mütze Schlaf zu nehmen.
Zu diesem Zeitpunkt befanden ELLA’S PINK LADY und ich uns etwa 15 Seemeilen östlich von North Stradbroke Island. Ich wäre gern schon weiter draußen auf See gewesen, weiter entfernt von Fischerbooten und dem kommerziellen Schiffsverkehr, aber die starke Strömung und die leichten Winde zum Auftakt hatten dazu geführt, dass ich seit dem Ablegen noch nicht besonders weit gekommen war. Nachdem ich den Horizont gescannt, das Radar und das AIS (AutomaticIdentification System) gecheckt und mein Alarmsystem aktiviert hatte, kletterte ich – mit Schwimmweste und Lifebelt – in meine Koje.
Eine markerschütternde Geräuschexplosion weckte mich, als ELLA’S PINK LADY plötzlich jäh stoppte und sich wild im Kreis drehte. Ich sprang auf, während das schreckliche knirschende Geräusch anschwoll. Ich blickte schnell den Niedergang hoch und sah, dass wir mit etwas Riesigem kollidiert waren, einem Schiff. Statt des Himmels sah ich eine Mauer aus schwarzem Stahl, die alle Sterne verdeckte und sich über mir auftürmte. Das Brüllen der Maschinen erfüllte meinen Schädel und meine ganze Welt.
Ich lehnte mich hinaus ins Cockpit, griff nach der Pinne, schaltete den Autopiloten aus und versuchte uns zu steuern. Es war hoffnungslos. Kein Ausweg in Sicht. Ich konnte nichts tun. Zitternd und kreischend wurden wir am Rumpf des Riesen entlanggespült. Mein nächster schneller Blick sagte mir, dass das Heck des Schiffes mit seinen überhängenden Brücken rasant näher kam. Die Geräusche wurden immer lauter. Ich wusste, dass der Mast brechen würde, und sprang in der Hoffnung auf Schutz wieder unter Deck und saß mit den Händen über dem Kopf in meiner Koje, als eine neue Serie noch viel schrecklicherer Geräusche begann. Einige Sekunden vergingen, die mir wie Stunden erschienen. Neben mir flog ein Regal durch das Boot, als der Beschlag für die Wanten hinter dem Schott explodierte und es in eine Million Stücke riss. Das Boot legte sich auf die Seite, bevor es sich plötzlich mit einem Ruck wieder aufrichtete, begleitet vom bis dahin lautesten Knall. Das verhakte Rigg hatte sich selbst befreit und krachte aufs Deck.
Als sich das Boot beruhigt hatte und die Motorengeräusche sich langsam entfernten, kletterte ich wieder nach draußen. Es herrschte blankes Chaos. Überall lagen Teile des Riggs, Leinen und große rostige Splitter aus schwarzem Lack und silbernem Metall vom Rumpf des anderen Schiffes. Hinter ELLA’S PINK LADY konnte ich die schwarzen Umrissedes riesigen Hecks erkennen, das sich unbeschädigt entfernte und uns in seinem weiß schäumenden Fahrwasser zurückließ.
Geschockt und ungläubig, den Kopf voller umherwirbelnder Gedanken, versuchte ich verzweifelt zu begreifen, was passiert war, während ich die Bilge auf Wassereinbruch und den Rumpf auf Schäden untersuchte.
Alles, was ich denken konnte, war: »Mein armes Boot!« Ich kontrollierte die Schalter, um festzustellen, welche Systeme noch funktionierten, und die Worte in meinem Kopf formten eine Art Gesang: »Mein armes Boot, armes Boot, armes Boot.« Ich fühlte mich wie betäubt und bemühte mich, die Müdigkeit abzuschütteln. Ein Gefühl der Angst hatte ich keine Sekunde lang. Meine einzigen
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