Bring mich heim
Atemzug drehte ich mich um. »Es ist okay.« Ich schob die Emotion beiseite.
»Kleine ...«, ich ließ ihn nicht weitersprechen.
»Sagt bitte nicht Kleine zu mir.« Ich nahm meinen Mut zusammen. »Sam, es ist wirklich okay. Und wenn du möchtest, gehe ich mit.«
»Okay«, sagte er leise, dabei ging er die Schritte, die uns trennten, zu mir.
»Lass uns zurückgehen. Mir ist kalt.«
Kapitel 48
Samuel – Ich muss sie gehen lassen
Paris, Juli 2012
Mia ließ mich nicht erklären. Sie schaltete auf stur. Das war nicht gut. Ich wollte nicht, dass es so kam. Ich mochte die freie Mia, ohne Barrikaden. Es lag mir zu viel an ihr. Aber ich musste sie gehen lassen. Zuerst sollte ich meinen Kopf klarbekommen, bevor ich hier weiter denken konnte.
Sie sagte kein einziges Wort, während wir zurückgingen. Mit den Armen vor dem Brustkorb verschränkt ging sie unbeirrt zum Hotel. Ihr Körper zitterte sichtbar. Von der Kälte. Vor Wut. Ich wollte sie zu mir holen, damit ich sie ein wenig wärmen konnte. Nur wich sie mir aus.
Es regnete immer stärker. Bis wir im Hotelzimmer angelangten, waren wir komplett durchnässt.
»Komm lass mich dir helfen.«
»Sam, ich schaff das schon. Mein Kleid kann ich mir auch selbst ausziehen.« Das klang alles andere als freundlich. Ich zuckte zusammen, als sie Sam sagte. Ja, ich hatte es ihr auf dem Weg nach Budapest vorgeschlagen. Jedoch wollte ich von ihr Samuel genannt werden. Ich liebte es, wie mein Name aus diesem Mund klang.
Sie entfernte sich von mir. »Ich bin unter der Dusche.« Keine Emotion war in ihrer Stimme.
Zu allererst wollte ich ihr nach. Doch vermutlich war das nicht die beste Idee. Ich musste sie erst mal in Ruhe lassen.
Sie war eine halbe Ewigkeit im Badezimmer. Einige Male rief ich hinein, ob alles in Ordnung sei. Jedes Mal sagte sie ja, dass sie noch ein wenig Zeit benötigte. Also ließ ich sie. Ich war rastlos und überlegte, wie ich mit ihr sprechen konnte, um ihr meine Situation zu erklären. Darum ging ich zu dem Schreibtisch. Dort kramte ich nach einem Stück Papier und einem Stift. Bevor sie kam, versteckte ich alles gut.
»Ich werde mich gleich ins Bett legen«, hörte ich sie leise sagen.
Nickend ging ich zu ihr. Wollte ihr noch einen Kuss geben. Blieb kurz vor ihr stehen und sagte: »Gut, schlaf schön. Ich geh dann auch mal unter die Dusche.« Rückwärts lief ich in Richtung des Badezimmers, damit ich sie im Auge behalten konnte. Sie drehte sich nicht mehr um, sondern vergrub ihren Kopf im Kissen. Die Decke zog sich Mia bis über das Kinn.
Auch ich ließ mir Zeit. Größtenteils um ihr aus dem Weg zu gehen. Es war schwer, sie wieder so zu sehen. In sich gekehrt. In ihrer eigenen Welt, wo niemand einen Platz findet. Auf Zehenspitzen schlich ich mich zu ihr und legte mich hin.
»Samuel?«, murmelte sie im Schlaf. Mia wandte sich zu mir.
»Alles in Ordnung. Ich bin da«, flüsterte ich. »Ich bin da«, sagte ich ein weiteres Mal, beinahe nicht hörbar.
»Samuel ...« Sie schien zu träumen. Ich nahm ihre Hand. Mia rückte näher zu mir und legte ihren Arm um mich. Mein Herz schlug höher. Ich wusste, das hier war falsch. Nur konnte ich sie nicht in einen Albtraum schlittern lassen. Es beruhigte sie immer, wenn sie bei mir lag.
»Schon gut, ich bin bei dir, Kleine«, sagte ich mit gedämpfter Stimme ihr ins Ohr, gab ihr einen Kuss auf die Stirn. Meine Lippen lagen länger auf ihrer Haut, als es notwendig war. Aber ich musste sie noch ein Mal fühlen. Ein weiteres Mal schmecken. Den Vanilleduft genießen.
»Ich liebe dich, Samuel«, murmelte sie im Schlaf.
Ich seufzte. Sie träumte nur. Mia durfte das nicht ernst meinen. Auch wenn ich es gerne wollte. Ich lebte durch sie. Das war mehr als Liebe.
Kapitel 49
Mia – Ich durfte lieben
Paris, Juli 2012
Ich wachte mit denselben Kopfschmerzen auf, mit denen ich zu Bett gegangen war. Das war definitiv kein guter Start in den Tag. Ich blinzelte einige Male, damit ich mich an das grelle Licht gewöhnte. Die Sonne schien mir direkt in die Augen. Draußen dürfte es, nach der gestrigen Nacht, ein schöner Tag werden. Und ich musste mit Samuel sprechen. Gestern wollte ich ihm nicht zuhören. Aber nach dem Schlaf war ich nun bereit. Nur das Bett neben mir war bereits leer. Die Decke und das Kissen waren verknittert. Er musste zumindest drinnengelegen haben.
»Samuel?«, rief ich in das Zimmer. Keine Antwort. Panisch sprang ich aus dem Bett. Der Raum war nicht groß. Er konnte nicht weit sein.
»Samuel?« Es
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