Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Britannien-Zyklus 02 - Die Herrin der Raben

Titel: Britannien-Zyklus 02 - Die Herrin der Raben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana L. Paxson
Vom Netzwerk:
Gefolgsleute, die an einem Tisch neben der Tür zu essen bekamen. »Aber schon bald werde ich eine neue Schar zusammenstellen. Die Briten haben nicht zum letzten Mal von mir gehört!«
    Oesc nickte nachdenklich. Baldulf zu lauschen war wie eine Reise in die Vergangenheit, zu jenen Tagen, in denen Hengest und Oescs Vater gleich Wölfen über Britannien herfielen. Nun waren die Dinge anders. Er verstand, weshalb Icel Artors Friedensangebot angenommen hatte. Jetzt war Britannien auch sein Land.
    Nach einer Weile wurde ihm bewusst, dass Baldulf ihm eine Frage gestellt hatte.
    »Mit dir kommen? Nein – alles, was ich will, ist hier.« Lächelnd schüttelte er den Kopf.
    »Alles? Wie wär’s mit einer drallen Frau, die dir das Bett wärmt, und ein paar flachshaarigen Bälgern auf den Knien? Soll ich für dich nach der Tochter eines friesischen Häuptlings oder vielleicht einer fränkischen Prinzessin Ausschau halten?«
    Oesc starrte ihn an; plötzlich bündelte sich all seine Trübsal in ein einziges Bedürfnis. »Ich brauche eine Königin«, meinte er schließlich. »Aber keine Frau von jenseits des Meeres. Ich muss in dieses Land einheiraten, wenn meine Erben es halten sollen.«
    Er sah im Geiste Riganas Antlitz vor sich. Morgen, dachte er, würde er zu der Hütte in den Hügelländern reiten. Nach jener ersten Begegnung hatte er sie nie wieder gesehen, dennoch wusste er, dass sie gewiss seine Königin werden würde.

IX
    Buendnisse
    A.D. 494
     
    Fackeln an der zerfallenden Stadtmauer und auf Hengests grünen Grabhügel verbreiteten flackernd einen blassen Schein im letzten Licht des milden Sommertages. Der Platz vor dem Grabhügel war geräumt und mit Binsen ausgestreut worden, und nun standen dort die Tische für das Hochzeitsfest. Die Halle des Königs bot zu wenig Raum für so viele Menschen, zudem war es so kurz vor Mittsommer ohnehin zu warm, um sich drinnen aufzuhalten.
    Der Klang von Andulfs Lied wurde vom Wind weitergetragen. Mittlerweile war der Skalde alt, und seine Stimme war nicht mehr so volltönend wie einst, dennoch wusste er immer noch, wie er sie einsetzen musste, damit man ihn weithin hören konnte.
     
    »Heil dem Herrn, dem Erben von Helden,
    Der Sachsen Sohn, die mit Schiffen vordem
    Auf dem Wal-Weg westwärts, vom Wind getrieben,
    Ihr Land verließen, ein neues zu finden –«
     
    Oesc, der mit seinem Hausverwalter darüber beratschlagte, ob sie noch mehr Met auftischen sollten, betrachtete die Szene und lächelte. Zwei Dutzend Tische standen im Halbkreis mit seiner Tafel in der Mitte, wo Rigana, in scharlachrote Seide gehüllt und mit Gold geschmückt, ihn erwartete.
    Ihr Gesicht war halb von einem Schleier bedeckt, dennoch sprang bei ihrem Anblick sein Herz in der Brust. Während des Monats, seit er sie nach Hause nach Cantuwaraburh gebracht hatte, hatte er entdeckt, dass er stets ihre Anwesenheit zu spüren vermochte, und sein Herz begann zu rasen, wenn nur ihre Hände sich berührten.
    Er hatte auch noch einen anderen Grund, zufrieden zu sein. Die Häuptlinge Cantuwares, die anerkennend nickten, als Andulf Oescs Ahnen aufzuzählen begann, waren alle mit ihren Getreuen zum Fest angereist, aber das hatte er erwartet. Es war ihre Pflicht, die Hochzeit ihres Herrschers mit der Frau zu bezeugen, die ihm seinen Erben schenken würde. Aber Ceredic hatte seine Westsachsen mitgebracht, und Aelle, dessen Haar inzwischen gänzlich weiß geworden war, während er an Kraft nichts eingebüßt zu haben schien, war von Süden herangereist, um der Feier beizuwohnen, und auf diese Ehre hatte Oesc nicht zu hoffen gewagt.
    Und neben Rigana, auf dem Platz ihres Vaters, hätte er noch gelebt, saß Artor, der Hochkönig. Er hatte die Zeit gefunden, diesem Fest beizuwohnen, obwohl er gerade erst seinen Feldzug gegen die Angeln zu Ende gebracht hatte und sich bereits einer neuen Bedrohung durch irische Brandschatzer in Demetia gegenüber sah. In gewisser Weise wirkt er beinahe wie ein Vater, dachte Oesc, während er die beiden beobachtete. Im vergangenen Jahr war Artor kräftiger geworden; das stundenlange Tragen der schweren Rüstung während der langen Feldzüge hatte seine Muskeln ausgebildet. In Artors Augen erkannte Oesc immer noch den Knaben, dem er vor sechzehn Jahren zum ersten Mal auf einem Schlachtfeld begegnet war, die Statur jedoch war nun wahrhaft die eines Mannes – und eines Königs.
    Voller Begeisterung hatte Artor Oescs Einladung angenommen, bei der Hochzeit die Familie der Braut zu

Weitere Kostenlose Bücher