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Britannien-Zyklus 02 - Die Herrin der Raben

Titel: Britannien-Zyklus 02 - Die Herrin der Raben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana L. Paxson
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Mittlerweile war es ziemlich dunkel. Im Flackern des Fackellichts schienen die Runenzeichen sich zu drehen und zu winden.
    Wie jeder Mann edlen Blutes kannte er die Runen, ihre tiefere Bedeutung jedoch, vor allem mehrerer Runen zueinander, war ihm fremd. Die Stäbe lagen verstreut auf dem Tuch. Die meisten waren nach außen gefallen; aus jenen, die innerhalb des aufgemalten Kreises in der Mitte lagen, las man die Prophezeiung.
    »Ing, die Rune des Königs, der über das Meer kommt, der Gott im königlichen Grabhügel.« Haedwig deutete auf eine Rune gekreuzter Winkel, die in der Mitte des Tuches lag. »Eure Saat wird in dieser Erde wurzeln.« Von den anderen Männern erhob sich anerkennendes Gemurmel.
    »Und da, gleich daneben, sind Ethel, Erbe und Heimatland, und Ger, die Rune reicher Ernten. Das bedeutet, Ihr werdet Eurem Land Glück bescheren. Aber Haegl, das Eiskorn, liegt dicht daneben. Auch ein gewaltsamer Aufstand droht.«
    »Was ist das für eine Rune, die quer über der anderen liegt, gleich rechts der Mitte des Tuches?«, wollte Oesc wissen.
    Eine Weile starrte Haedwig darauf, während sie leise murmelnd vor und zurück schaukelte. Schließlich seufzte sie.
    »Nyd kreuzt Gyfu – die Rune der Notwendigkeit schneidet jene der Gaben und des Tausches. Seht Ihr, wie ähnlich sie einander sind? Eine gleicharmig, während die andere eine vom Bogen gekreuzte Feuerfurche zeigt. Gyfu ist eine Rune, die große Errungenschaften verheißt, aber sie ist auch ein Zeichen für Selbstopferung. Manch einer behauptet, Nyd zeige den Schnitt eines Schwertes oder die Spindel der Nornen. Was immer wahr sein mag, diese beiden gekreuzten Runen schneiden einander.« Die weise Frau schaute zu Oesc auf, und angesichts der Sorge in ihren Augen schloss sich eine eisige Hand um sein Herz.
    Haedwig seufzte und fuhr fort. »Dies ist das Schicksal, das die Runen mir verraten. Eure Herrschaft wird fruchtbar sein, mein König, und Euer Sohn wird lange in diesem Land regieren. Doch ein Preis ist zu bezahlen. Immer. Nur wenn Ihr bereit seid, alles zu geben, wird alles eintreten, was Ihr Euch wünscht.«
    »Alles?«, wiederholte er leise und erinnerte sich, wie der Leib seines Großvaters an jenem Baum gehangen hatte. Seit Kindesbeinen an wusste er, was von einem König erwartet wurde. »Ich habe darin schon eingewilligt, als ich auf Hengests Grabhügel wachte, ehe ich seinen Thron bestieg.«
    »Ihr habt weise geantwortet.« Die Wicce stützte sich auf ihren Stock und richtete sich auf. »Eure Braut erwartet Euch. Geht jetzt und erfüllt Eure Bestimmung.«
    Das Licht um sie wurde heller. Oesc drehte sich um und sah, dass vier der Frauen, die Rigana zur Halle geleitet hatten, mit frischen Fackeln zurückgekehrt waren, deren Flammen der aufkeimende Wind in lodernde Bänder verwandelte.
    »Erfüllt Eure Bestimmung!«, echote Ceredic schmunzelnd. »Na, das wird euch heute nicht schwer fallen!« Er versetzte Oesc einen Stoß und reihte sich jubelnd mit den anderen Männern hinter ihm ein, während die Frauen ihm den Weg zum Brautgemach leuchteten.
     
    Um dem Wunsch seiner Braut nach einem privaten Gemach, römischer Sitte gemäß, nachzukommen, hatte Oesc eine Trennwand errichten lassen, die das Ende der Halle, wo sich die Schlafstatt des Königs befand, vom Rest des Raumes abgrenzte. Vier Säulen trugen den Rahmen, und schwere breit gewebte Bänder aus scharlachroter und goldener Wolle bedeckten die Holzwand, hinter der sich ein Bett aus Stroh und Federn verbarg. Ein Holzboden war gelegt worden, den nun ein Teppich aus Wolfsfell zierte. Von Halterungen an der Wand baumelten getöpferte Lampen, und die Frauen hatten das Bett mit Grün und Frühsommerblumen geschmückt.
    Noch wichtiger aber war, dass in das Gemach eine Tür führte. Als er sie fest hinter sich zuzog, war Oesc froh, sich die Mühe gemacht zu haben, diesen Raum zu bauen. Wenn nur ein dünnes Leintuch ihn von den derben Ermutigungen der Männer draußen getrennt hätte, wäre diese Stunde für ihn noch schwieriger gewesen.
    Er räusperte sich. »Rigana?«
    Von der anderen Seite des Vorhanges ertönte etwas, das wie ein verhaltenes Lachen klang.
    »Je eher du ins Bett kommst, desto eher werden die da draußen still sein und uns in Ruhe lassen«, antwortete sie.
    Oesc fingerte an der Schnalle seines Gürtels, zerrte sich das Hemd über den Kopf, ließ es fallen und stieg aus der Hose. Als er den Vorhang beiseite zog und ins Bett kletterte, spürte er sein Herz pochen, als zöge er in

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