Broadway-Grusical
strahlenden Sommerlächeln, einer neuen, duftigen, rotweiß gestreiften Bluse und einem schwingenden Rock in Knielänge.
»Der Kaffee ist bereits fertig.«
Ich hatte die Jacke über den Arm gelegt. »Nichts gegen deinen Kaffee, aber ich würde ihn gern woanders trinken.«
»Ach.« Glenda hob die Augenbrauen.
»Ja, vor einem kleinen Bistro im Freien sitzen, die Leute beobachten…«
»Auch die Mädchen.«
Ich streckte den Finger aus. »Die erst recht.«
Glenda lächelte schon grinsend. »Aber das ist nicht drin«, erklärte sie.
»Und weshalb nicht?«
»Weil Bill Conolly angerufen hat.«
Ich winkte ab. »Wenn es mehr nicht ist.« Ich schnappte mir meine Tasse und ging ins Büro, wo Suko bereits am Schreibtisch saß und eine New Yorker Zeitung las. Er hatte sie aufgeschlagen und interessierte sich für einen Bericht auf der dritten Seite.
»Hast du dir das Blatt unterwegs gekauft, ohne dass ich es merkte?« fragte ich ihn.
»Nein, ich fand es auf dem Schreibtisch.«
»Und?«
»Ein Bericht war angekreuzt.«
Ich saß und nahm einen, Schluck Kaffee. »Von wem denn?«
»Sir James. Wenn ich fertig bin, gebe ich dir den Bericht rüber.«
»Lass dir Zeit, ich muss mit Bill telefonieren.«
Der Reporter schien neben dem Apparat sprungbereit gelauert zu haben, denn er hob sofort ab.
»Wer wagt es in dieser Morgenstunde, mich zu stören in friedlicher Runde?« dichtete ich. »Dein Herr und Gebieter ist es!«
»So früh schon sind Freiberufliche auf den Beinen?«
»Immer vor den Beamten.«
»Ha, ha.«
»Das stimmt. Ich habe schließlich ebenfalls meinen Job und dachte mir, lässt den guten John mal daran teilhaben.«
Ich lachte in den Hörer.
»Was gibt's da zu geiern?«
»Ganz einfach. Du kommst wohl nicht mehr weiter, alter Zeilenschinder. Oder?«
»Nein und ja.«
»Also, wo zwickt das Höschen?«
»Noch zwickt es nicht, aber ich habe da eine brandheiße Spur gefunden. Dich konnte ich nicht erreichen, deshalb habe ich Sir James schon eine Botschaft zukommen lassen.«
Ich schielte über den Hörer hinweg zu Suko hin, dessen Kopf und Oberkörper hinter dem Harold verschwunden war. »Sollte es sich etwa um eine Zeitung aus New York handeln?«
»Richtig. Du hast den Bericht schon gelesen?«
»Nein, Suko saugt mir gerade die einzelnen Buchstaben weg. Hoffentlich lässt er mir die Bilder übrig.«
»Ich kann es dir auch erzählen.«
Ich verzog den Mund. »Wenn du am Telefon redest, bekomme ich immer einen lahmen Arm.«
»Das habe ich auch nicht gemeint. Bei dem Wetter sollte man sich draußen hinsetzen.«
»Höre ich recht, Gevatter? Du willst mich einladen?«
»Davon habe ich nichts gesagt, aber bei Charly ist um diese Zeit immer ein Plätzchen frei. Der stellt auch bei schönem Wetter die Tische nach draußen.«
»Das ist in der Fleet Street?«
»Richtig.«
»Okay, wann?«
»Sagen wir, in spätestens einer Stunde.«
»Ich werde da sein und auch Hunger mitbringen. Er hat doch ein Frühstück?«
»Nur für gute Gäste.« Bill legte auf. Er hatte den weiteren Weg, und Suko ließ die Zeitung sinken. »Du willst weg?«
»Ja.« Ich tat zerknirscht. »Dienstlich.«
Mein Freund und Kollege faltete die Zeitung zusammen. Er drehte sich auf seinem Stuhl und schmiss mir das Blatt rüber. »Sag mal, John, was hältst du eigentlich von Zwergen?«
»Das sind nette Gesellen. Zumindest bei Schneewittchen.«
»Ja, scheint mir auch so zu sein. Aber neuerdings gehen diese Zwerge in New York um und killen. Niemand weiß, wo sie hergekommen sind. An eine Bande von Liliputanern ist dabei nicht zu denken.« Der Inspektor deutete auf die Zeitung. »Du solltest den Bericht lesen.«
»Den schenke ich mir.«
»Was ist der Grund?«
»Bill Conolly. Er hat angerufen, weil er mit mir über diesen Bericht reden will.«
»Tatsächlich?«
»Ja.«
»Dann scheint doch einiges an dieser Sache dran zu sein.«
Suko hob die Schultern. »Liebst du Musicals?«
»Was soll denn das schon wieder?«
»Gib mir Antwort.«
»Ja, ›My fair Lady‹, ›Oklahoma‹, ›Cats‹…«
»Kannst du alle vergessen, wenn du ›Dwarfs‹ dagegenhältst. Das ist seit einem Jahr der irre Erfolg am Broadway.«
»Habe ich noch nie gehört.«
»Du bist ja auch ein Kulturbanause. Außerdem ist es kein Musical, sondern ein Grusical.«
»Und was ist das, bitte schön?«
»Lies die Zeitung. Aber ich werde es dir auch so sagen. Musik, Tanz, Gesang und dazwischen der Schauer-Schock für den Zuschauer. Viel Nebel, viel schreckliche Gestalten,
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