Broken Lands
Mr. Burns mit großen Schritten über den Kiesweg kam. «Guck nicht so, als hättest du gerade eine Bank ausgeraubt. Nach allem, was wir miteinander durchgestanden haben!» Der Mann schnaubte und kam entschlossen zum Wagen. «Also wirklich, Jin! Frag den Jungen, ob er mitkommen will. Wir bringen ihn in ein paar Monaten wieder heim.»
Sams Unterkiefer klappte nach unten. Jins Gesicht lief rot an.
«Ich glaube nicht, dass er …»
«Und Sie würden mich doch gar nicht …»
«Ich meine …»
«Aber …»
«Willst du?»
Sam hörte auf zu stottern und schaute sie an. Jin saß mit großen Augen und stocksteif auf der Treppe.
«Ja, wenn du auch willst», sagte er schlicht.
Sie stieß den angehaltenen Atem aus. «Dann komm mit mir.»
Sie schauten einander einen Moment lang an. Sam wie im Sprung erstarrt, Jin reglos auf der Treppenstufe sitzend.
Sam merkte, wie sich ein breites Lächeln auf sein Gesicht legte, so breit, dass ihm die Mundwinkel wehtaten. «Also gut.»
Jin grinste ihn an, und dann warf sie sich in seine Arme und drückte ihn so fest, dass er kaum noch Luft bekam. «Du wirst staunen», murmelte sie. «Es gibt so vieles, was ich dir zeigen will.»
«Das Land ist weit und unberechenbar», sagte Sam, der sich an Ambroses Worte erinnerte. Aber jetzt war der Gedanke an die Weite und Unberechenbarkeit des Landes etwas Wunderbares. Vielleicht sogar etwas Magisches. Etwas, das man entdecken und teilen konnte.
«Du wirst staunen.» Jin seufzte glücklich. Ihr Herz pochte neben seinem, und in ihren Augen strahlte die Vorfreude auf die Welt jenseits des Kieswegs. «Oh, was wirst du staunen!»
NACHBEMERKUNG
DER AUTORIN
Dies ist eine erfundene Geschichte, an der trotzdem vieles wahr ist.
Brooklyn ist wirklich, und Brooklyn ist wundervoll. Die Brooklyn Bridge ist eines der schönsten Dinge auf der Welt, besonders bei Sonnenuntergang. Es gab wirklich Menschen, die beim Bau der Brücke ihr Leben ließen. Der Erste von ihnen war der Architekt des Meisterwerks: John August Roebling. Er zog sich bei einer Inspektion der Baustelle kurz nach Beginn der Arbeiten eine schwere Verletzung zu und starb an den Komplikationen, die sich bei der Behandlung seines zerquetschten Fußes ergaben. Sein zweiunddreißigjähriger Sohn, Colonel Washington Roebling, übernahm den Posten als verantwortlicher Ingenieur. Als die Brücke fast fertig war, litt Washington Roebling selbst schwer an den Folgen der Caissonkrankheit, und seine Frau Emily half ihm, die Arbeiten zu beenden. Washington überlebte, aber etliche Männer starben während der Konstruktion des Turms auf der New Yorker Seite an der Caissonkrankheit, wie Sams Vater.
Ich habe mir ein paar künstlerische Freiheiten genommen. So ereignete sich der Vorfall mit dem gerissenen Stahlseil im Sommer 1878. Dabei wurden zwei Menschen getötet. Es gab auch einen Fall von Betrug, der allerdings mit dem gerissenen Seil nichts zu tun hatte: Einer der Zulieferer verkaufte Stahldraht von minderer Qualität für das Seil statt des erstklassigen Materials, das er den Ingenieuren zur Ansicht vorgelegt hatte. Ich habe diese beiden Ereignisse kombiniert und daraus den Unfall erdichtet, bei dem Constantine verletzt wurde. Auch was die zeitliche Einordnung der Herstellung der Stahlkabel angeht – das Spinnen der Tragkabel setzte erst 1877 ein – sowie die Beschreibung und Verwendung des «Wagens», mit dem Jin ihre Botschaft an der Brücke aufhängt, bin ich von den Tatsachen abgewichen: Der Wagen wurde erst später verwendet, um die fertigen Spannseile zu umwickeln. Davor, während der früheren Bauphase, wurden sogenannte Seemannsstühle eingesetzt, die im Grunde nur aus einem Holzbrett bestanden, das an zwei Seilen befestigt war – ähnlich einer Kinderschaukel. Was Jin und Mapp benutzen, ist eine Mischung aus dem eigentlichen Wagen und dem Seemannsstuhl.
Coney Island ist natürlich auch real, genauso wie einige Orte, die hier erwähnt werden: Norton’s Point, West Brighton, Culver Plaza und das East End, wo gegen Ende des neunzehnten Jahrhunderts einige riesige Hotels wie das Broken Land errichtet wurden. Das Hotel Broken Land selbst ist erfunden. Auch die Mammon’s Alley gibt es nicht, aber sie ist einer Straße in West Brighton nachempfunden, die Bowery genannt wird – nach der berühmt-berüchtigten Straße in Manhattan, die ein paar Jahre später in Verruf kam. Im ausgehenden neunzehnten Jahrhundert war Coney Island tatsächlich ein Ort, wo die Super-Reichen Urlaub machten,
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