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Brook, Meljean - Die Eiserne See

Brook, Meljean - Die Eiserne See

Titel: Brook, Meljean - Die Eiserne See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Flammendes Herz
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beinahe dreizehn Jahren. Yasmeen wusste von Kapitänen, die keinen Monat überstanden hatten – manche waren ihrer Crew gegenüber nicht großzügig oder nicht streng genug, um sie im Griff zu haben. Manche waren zu vorsichtig, um überhaupt Geld zu machen, oder zu sorglos, um einen Auftrag zu überleben.
    Sie hatte während des Kriegs zwischen Frankreich und der Libéré Geld gemacht, und sie hatte Hunderte von Aufträgen überlebt: mit Auskundschaften, Freibeuterei, dem Transport von Waffen oder Leuten durch Feindgebiet, mit der Ausschaltung eines bestimmten Ziels. Sowohl die französischen als auch die Offiziere der Libéré hatten auf ihre Bemerkung hin, dass sie nur ihrer Crew und dem Gold gegenüber loyal sei, höhnisch gegrinst, aber wenn sie niemanden gehabt hatten, der gut genug oder schnell genug gewesen war, um mit Yasmeen mithalten zu können, hatten sie doch auf sie zurückgegriffen.
    Dann war der Krieg vorbei gewesen – war zischelnd erloschen, als die Libéré das größte Territorium erobert hatte und demzufolge als Sieger betrachtet worden war. Die alten Feindseligkeiten waren nach wie vor am Köcheln, aber in den Schatzkammern fehlte es an Gold für die Finanzierung weiterer Schlachten. Also hatte Yasmeen die Neue Welt verlassen, war über den Atlantik zurückgekehrt und hatte sich hier ihre eigene Nische geschaffen, indem sie für den richtigen Betrag so gut wie jeden Auftrag angenommen hatte.
    In der letzten Zeit bedeutete das, Passagiere über europäisches und afrikanisches Hordengebiet zu transportieren – eine Route, die die meisten Mietluftschiffe niemals einschlagen würden. Manchmal fungierte sie als Kurier, oder sie übernahm die Eskorte für die Vesuvius , wenn Mad Machen eine Fracht transportierte, für die er Luftunterstützung brauchte.
    Ein gleichförmiges und dennoch ein aufregendes Leben – und noch ruhiger zu treten, kam nicht infrage.
    Yasmeen schnippte ihren Zigarillo weg und lächelte über ihre Vorstellungen. Gleichförmigkeit, Aufregung und ein Hauch von Ruhestand. Sie würde sich diesen Gedanken aufschreiben und ihn Zenobia schicken müssen – zusammen mit einer Darstellung der kleinen Aufregung, die sich gleich ereignen würde.
    Jemand verfolgte sie.
    Gleich nach dem Verlassen der Kneipe hatte sich ein Mann an sie gehängt. Kein betrunkener Schwachkopf, der über eine Frau gestolpert war, die allein herumlief, sondern jemand, der sie sich gezielt ausgeguckt hatte – und wenn das schon in der Kneipe passiert war, dann musste er wissen, wer sie war.
    Aber er war nicht daran interessiert, sie zu töten. Auf diese Entfernung hätte jeder sie erschießen können. Stattdessen schlich er näher heran, huschte von Schatten zu Schatten. Er brauchte dringend eine Lektion in Sachen Anschleichen. Ihr Verfolger blieb stehen, wenn sie stehen blieb, und obwohl er sich um Verstohlenheit bemühte, indem er auf Zehenspitzen ging, machten ihn seine Versuche nur umso auffälliger. Er konnte natürlich nicht wissen, dass Yasmeen nachts in Höchstform war – und dass sie mehr mit den Katzen gemein hatte, die durch die Gassen huschten, als mit dem plumpen Affen, der offensichtlich ihn in die Welt gesetzt hatte.
    Sie war nur wenige Schritte weitergegangen, als er endlich den Mut aufbrachte, ihren Namen zu rufen.
    »Käpt’n Korsar!«
    Die Stimme war jung und bebte vor Draufgängertum. Er hatte entweder in der Kneipe gewettet oder wollte sie nach einer Stelle auf ihrem Schiff fragen. Amüsiert wandte sich Yasmeen zu ihm um. Ein dunkelhaariges Bürschchen, das eine Schutzbrille und eine kurze Jacke trug, stand zitternd mitten auf der –
    Etwas stach sie schmerzhaft in den Hinterschenkel. Noch während sie herumfuhr, wurde das Bein taub. Ein Opiumpfeil. Au Scheiße! Sie riss ihn heraus, zu spät. Schon drehte sich ihr von der Riesendosis der Kopf. Sie halluzinierte. Ein Säufer erhob sich aus einem Lumpenhaufen. Er hatte das hagere Gesicht eines Toten.
    Nein, kein Säufer. Ein gut aussehender Lügner.
    Archimedes Fox.
    Yasmeen griff nach ihren Pistolen. Ihre Finger waren riesengroß. Er bewegte sich schnell – oder sie langsam. Im Nu hatte er ihre Hände gepackt und hielt sie praktisch mühelos fest.
    Dafür würde sie ihn töten.
    »Noch ein Versuch?«, fragte er seelenruhig und amüsiert. »Da sollten Sie sich aber mehr ins Zeug legen.«
    Der Mistkerl. Sie hatte es doch überhaupt nicht versucht. Und jetzt versuchte sie es zwar, sackte aber nur gegen ihn – und fragte sich einen Moment

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