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Brook, Meljean - Die Eiserne See

Brook, Meljean - Die Eiserne See

Titel: Brook, Meljean - Die Eiserne See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Flammendes Herz
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erkannte in der Dunkelheit wohl niemand, wen er da in den Armen hielt.
    Schnell genug reichte nicht, verdammt! Gleich nach den ersten paar Schritten regte sie sich schon wieder. Sein Herz klopfte noch immer, aber federleicht nun.
    Er hatte gewusst, dass er sie eines Tages in den Armen halten würde. Und es überraschte ihn nicht im Geringsten, dass ihm das nur auf wenig übliche Weise gelungen war.
    In der Dachkammer, die als sein Zimmer diente, entledigte sich Archimedes der abgerissenen Säuferkleider wieder, und als er sich umdrehte, war Captain Corsair wach und beobachtete ihn mit zusammengekniffenen Augen. Seine Finger verharrten über den Schließen seiner smaragdgrünen Weste.
    Auf dem Weg die Treppe hinauf hatte sie sich nicht noch einmal geregt, hatte nicht einmal ein leises Geräusch von sich gegeben, als er sie auf das schmale Bett legte. Nun starrte sie ihn an, mit einem Blick wie ein gewetztes Messer. Weder Verwirrung noch Unsicherheit umwölkten ihren Blick. Nur der schmale grüne Ring um ihre vergrößerten Pupillen herum besagte, dass sie noch vom Opium berauscht war.
    »Captain«, grüßte er sie. Da er seine Aufmerksamkeit nicht wieder von ihr abwenden wollte, ließ er die Stiefel auf dem Boden liegen und schloss die letzten Schnallen seiner Weste. Die smaragdgrüne Seide passte vortrefflich zu seinen Augen, und das entging ihr sicher nicht. Bis er die beiden kurzen Schritte an die Bettseite gemacht hatte, hatte sie gewiss alles registriert – vor allem die Vorrichtung an ihrem linken Handgelenk und den Haufen Waffen auf der Kommode.
    Er warf einen Blick zu den Messern und Pistolen hinüber. »Wie kann Ihr Luftschiff mit Ihnen an Bord überhaupt fliegen? Sie hatten genug Stahl und Eisen in Ihren Taschen stecken, um schwerer als dieser Dickwanst Father Calvin zu sein.«
    Sie lächelte, und noch nie schienen weiche Lippen so viele scharfe Kanten gehabt zu haben. Wäre er ein Mann der Vernunft gewesen, so viel stand fest, dann wäre er zum nächstbesten Priester gelaufen – Dickwanst oder nicht – und hätte sich auf die Knie geworfen und gebetet, dass sie ihn nicht verfolgte. Er hatte von Männern gehört, die wagemutig in der australischen Wüste Rauchwürmer jagten und beim Anblick von Captain Corsairs Lächeln vor Angst erstarrt waren, aber die Gänsehaut, die ihr Lächeln ihm machte, hatte mit Angst nichts zu tun.
    Stattdessen erregte ihn die Erkenntnis, dass es gar nicht schwer gewesen war, ihr ein Lächeln zu entlocken.
    Da neben ihrer Hüfte noch Platz auf der Matratze war, setzte er sich. Ihr Lächeln verschwand. Wenn er nun mit den Fingerspitzen ihren Schenkel entlangstriche, würden ihre Muskeln vor Anspannung sicher so hart wie Stein.
    Doch obwohl er nicht immer ein Mann der Vernunft war, rührte Archimedes sie nicht an. Er hatte sie auch nicht angerührt, von der raschen, notwendigen Suche nach Waffen einmal abgesehen. Und obwohl es ihn fast umgebracht hatte, hatte er während dieser kurzen Untersuchung nicht ein einziges Mal ihre warme Haut berührt, selbst dann nicht, als ihm der kleine Schlüssel an dem silbernen Bauchkettchen aufgefallen war. Manche Handlungen überschritten die Grenze zum Unverzeihlichen. Zwar war Captain Corsair unkartografiertes Gebiet, doch glaubte er nicht, dass er diese Grenzlinie bereits überschritten hatte.
    Dass er beim Absuchen ihres Haars auf Nadeln, die als Waffe taugten, an den kräftigen Flechten geschnuppert hatte, brauchte er ja nicht zu erwähnen. Tabak und Kokosnuss. Er würde beide Düfte nie wieder riechen, ohne sich an die seidigen Zöpfe zu erinnern, die ihren Kopf krönten und normalerweise unter ihrem Kopftuch verborgen waren. Und ohne sich zu fragen, ob Yasmeen sie sich wohl selbst flocht, die Arme erhoben wie eine Tänzerin und mit gebogenem Nacken.
    Und erst recht brauchte er die kurzen schwarzen Haarbüschel an den Spitzen ihrer Ohren nicht zu erwähnen. Sie hatte sie absichtlich unter ihren Zöpfen und dem Kopftuch verborgen, und wenn er diese zufällige Entdeckung eingestand, käme sie sich womöglich ebenso vergewaltigt vor, als wenn er ihr eine Hand zwischen die Beine geschoben hätte.
    Ihre Geheimnisse sollten ruhig ihr gehören. Wer weiß, wenn er eines Tages an ihren Ohren knabberte, würde sie sie ja vielleicht enthüllen.
    »Einige Waffen habe ich zweifelsohne übersehen«, sagte er zu ihr. »Es gibt ja Stellen, an denen kein Mann je suchen würde – jedenfalls keiner, der die Absicht hegt, am Leben zu bleiben.«
    Ihre

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