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Brother Sister - Hoert uns einfach zu

Brother Sister - Hoert uns einfach zu

Titel: Brother Sister - Hoert uns einfach zu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Olin
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auffallend langsam, höchstens fünfzehn. Mir war sofort klar, dass er ziellos durch die Gegend cruiste. Das tat er öfter.
    Ach so, Entschuldigung. Keith ist Moms Freund. Ein ziemlicher Spinner. Kifft wie ein Weltmeister, aber nur »aus medizinischen Gründen«. Manchmal war er stundenlang weggetreten und starrte einen reglos an. Dann wusste man nicht so genau, ob er überhaupt noch lebte. Nur seine Wangen zuckten noch ab und zu. Richtig unheimlich. Mom sagte immer, er hätte dieses posttraumatische Stresssyndrom, unter dem viele Exsoldaten leiden. So ’n Müll! In den Achtzigern war er zwar in der Army, aber das ist Lichtjahre her. Ein halbes Jahr lang war er in Deutschland stationiert, aber die meiste Zeit saß er in der Militärbasis von Fort Hood rum, in Texas.
    Auf eins war bei ihm aber Verlass: Wenn Mom wieder mal am Abstürzen war, setzte er sich in seinen Eagle und fuhr wie ein Zombie durch die Stadt.
    Warum ich da nicht gleich geschaltet hab? Wahrscheinlich wollte ich es nicht wahrhaben. Oder ich war zum ersten Mal im Leben egoistisch … Jedenfalls bereue ich es jetzt.

Will
    Es hat auch was damit zu tun, dass Mom wieder in die Entzugsklinik eingeliefert wurde. Ich meine, sie und ich … Also, wenn es ihr gut ging, ging es mir auch gut, und wenn es mit ihr wieder bergab ging, dann … Wie soll ich das sagen?
    Ja, dann ging’s mir schlecht.
    Das soll jetzt keine Entschuldigung sein. Oder heißen, dass Mom an allem schuld wäre. Ich weiß, dass es ganz allein meine Schuld ist. Ich will nur sagen, dass es da einen Zusammenhang gibt.
    An dem Tag fand das große Golfturnier statt.
    Ja, ich hab gewonnen. Mit achtundsechzig Schlägen.
    Klar war ich stolz. Und wie! Ich konnte es gar nicht fassen. Bis dahin hatte ich noch nie irgendwo gewonnen.
    Es war wie im Fernsehen. Die haben nen langen grünen Teppich ausgerollt und mich auf so n Podest mit dem Logo der Vereinigung der amerikanischen Amateurgolfer gestellt, dann drückten sie mir einen Pokal in die Hand.
    Dieser Pokal war der Hammer. Fast nen Meter hoch, mit nem Sockel aus poliertem Marmor und vier Säulen mit metallblauen Streifen, obendrauf ne spiegelblanke Figur, die nen Golfer darstellt, der seinen Schläger über die linke Schulter schwingt und den Blick aufs Ende vom Fairway richtet. Das ganze Ding war viel schwerer, als ich dachte. Wie was Echtes. Was Wichtiges.
    Als ich da auf dem Podest stand, hielt Red Gitney, der Präsident der Firma, die dieses Turnier sponserte, eine Rede darüber, wie wichtig es sei, junge Sportler zu unterstützen, und lauter so Zeug, dann hat er mir die Hand geschüttelt, und es wurden Fotos gemacht. Sogar Reporter waren da. Ich sollte in die Lokalzeitung kommen, auch online. »Was ist es für ein Gefühl, da oben zu stehen, Will?«, fragte einer.
    Eigentlich keine schwere Frage. Aber ich hatte nicht vor, denen die Wahrheit zu sagen: dass es mir total unwirklich vorkam, als ob die nen Fehler gemacht hätten oder als ob ich in die Haut von jemand anders geschlüpft wäre. Ich war völlig überfordert, und mir fiel nichts Vernünftiges ein. Ich stand einfach nur da, starrte in die Menschenmenge und stotterte rum. Fast wär ich ohnmächtig geworden.
    Dann sagte jemand: »Schon gut, Junge. Das wichtigste Statement hast du auf dem Platz gemacht.«
    Ich glaub, dass ich lächelte, jedenfalls versuchte ich es. Ich wollte ja nicht undankbar rüberkommen.
    Aber, wie gesagt, ich stand quasi unter Schock. Ich hab manchmal so ’n Muskelzucken im Bein und in diesem Moment zuckte es wie verrückt. Ich kam mir total blöd vor und ärgerte mich, dass ich morgens eine knallgelbe Hose angezogen hatte. Ich sah aus, als hätte ich mich für Halloween verkleidet. Dann wurde mir auch noch klar, dass mein Hemd drei Nummern zu klein war. Und das vor all den Leuten! Vor Aufregung hab ich mir dauernd über den Mund gewischt. Es muss ausgesehen haben, als ob ich vor mich hin sabber.
    Jedenfalls war ich total mit den Nerven fertig.
    Irgendwie hab ich’s dann aber geschafft, von dem Podest wieder runterzuklettern.
    Ich wollte fünf Minuten allein sein, wo man mich nicht finden würde, und suchte ne dunkle Ecke, wo es nicht so heiß war und ich ein paar Mal in eine Papiertüte atmen könnte, um wieder nen klaren Kopf zu kriegen oder mich wenigstens an meinen eigenen Namen zu erinnern.
    Ich lief den weißen Kieselweg zum Clubhaus rauf, aber nicht zu schnell, denn ich wollte mich ja nicht zum Affen machen. Den ganzen Weg musste ich mich immer wieder

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