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Brother Sister - Hoert uns einfach zu

Brother Sister - Hoert uns einfach zu

Titel: Brother Sister - Hoert uns einfach zu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Olin
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genauso zu sehen. Ihr klarzumachen, dass es der beste Weg war. Als ich mir das Blut von Gesicht und Händen abwusch und meine durchnässten, zerrissenen Klamotten in eine Plastiktüte stopfte, dachte ich darüber nach, wie ich das am besten anstellen sollte.
    Die Wunde an meinem Kopf war ziemlich groß. Ich betupfte sie erst mit Wasser, dann mit Desinfektionsmittel und sprühte noch was zur Wundheilung drauf. Die Wunde reichte bis hinter den Haaransatz, wo ich sie nicht sehen konnte, aber die vorderen zwei, drei Zentimeter zogen sich über meine Schläfe. Völlig unmöglich, sie zu verbergen, nicht mal, wenn ich mir das Haar zur Seite kämmte. Aber ich hab kein Pflaster draufgemacht, sonst wär sie noch mehr aufgefallen. Falls Asheley fragen sollte, würde ich sagen, ich hätte vor Frust mit dem Kopf an die Tür gehämmert. Das hatte ich schon öfter getan und lahme Ausreden hätte sie mir nicht abgekauft. Die hatte sie von Mom über die Jahre mehr als genug zu hören bekommen.
    Aber was sollten wir nun tun? Wo konnten wir hin?
    Das Einzige, was ich mit Sicherheit wusste, war, dass wir wegmussten. Keith, Craig, Naomi – es konnte ja wohl nicht so schwer sein, den Tod der drei miteinander in Verbindung zu bringen, und der gemeinsame Nenner waren Asheley und ich.
    Mom hasste Banken. Fragen Sie mich nicht, warum. Irgendwas mit ihrer Sozialversicherungsnummer. Außerdem war sie davon überzeugt, dass die Regierung oder irgendwelche Geldeintreiber, die ständig hinter ihr her waren, damit sie ihr Studiendarlehen abbezahlte, einfach ihr Konto leer räumen würden, wenn sie ihr Geld auf die Bank brächte. Schon seit ich ein kleiner Junge war, wusste ich, dass sie ihr ganzes Geld in ihrem Zimmer aufbewahrte. Also machte ich mich auf die Suche und fand es schließlich in einem Schuhkarton in ihrem Schrank. Ein paar tausend Dollar. Das würde schon mal helfen.
    Wie ein Irrer rannte ich in Asheleys Zimmer, um ein paar Sachen für sie zu packen. Ich hab mir große Mühe gegeben, alles gefaltet und ordentlich in ihre knallig pink-gelb-hellblau gestreifte Reisetasche gelegt. Ich wusste ja, welche Sachen ihr am besten standen, und packte hauptsächlich die ein, ob sie sauber waren oder nicht.
    Dann hab ich noch den Wäschehaufen auf dem Fußboden durchwühlt, bis ich ihr geliebtes rotes Stanford Sweatshirt fand. Ich wusste, sie würde mir dafür dankbar sein. Es roch nach Deo und ihrem Lavendelparfüm, aber auch noch nach was anderem. Ein bisschen säuerlich und würzig – Ash pur. Ich hielt mir das Sweatshirt vors Gesicht und atmete ihren Duft ein. Er wirkte auf mich wie ein Beruhigungsmittel, und ich wurde etwas gefasster. Ich faltete das Sweatshirt, legte es in die Tasche und zog den Reißverschluss zu.
    Was liebte sie so sehr wie ich ihren Duft? An wen oder was wandte sie sich, wenn sie neue Hoffnung schöpfen wollte? Ich wünschte mir, dass ich es war, aber sicher war ich mir da nicht.
    Auf ihrem Nachttisch stand ein Foto in einem Rahmen, der zwei ineinanderverschlungene Herzen darstellte. Das Foto zeigte sie als Baby, in Dads Armen. Als ich seinen Gesichtsausdruck sah, kam die Wut wieder in mir hoch. War das Anbetung? Stolz? Was immer es war – er hatte es mit Sicherheit längst vergessen.
    Dann fiel mir auf dem Foto etwas auf, das ich noch nie bemerkt hatte.
    Sein T-Shirt. Stanford. Seine alte Uni.
    In meinem Gehirn begann es zu arbeiten. Dann wusste ich, was ich tun musste, damit Asheley mitspielte.

Asheley
    Ich stand vor der Tür, mit dem Rücken zur Straße, und prokelte mit dem Schlüssel im Schloss herum, weil er sich irgendwie verkantet hatte. Es war Ladenschluss und ich wollte das Milky Moo ordnungsgemäß abschließen. Da hörte ich hinter mir einen Wagen um die Ecke kommen. Als er auf meiner Höhe war, ließ der Fahrer den Motor aufheulen. Ich drehte mich schnell um und fiel vor Schreck hin. Es war Keiths Eagle, der genau hinter mir auf dem Bürgersteig zum Stehen kam. Ich schwör’s, wenn er fünf Zentimeter weiter gefahren wäre, hätte er mich umgenietet.
    Entweder war Keith wütender, als ich ihn je zuvor erlebt hatte – und ich wusste, dass er zu einer derartigen Wut nicht fähig war –, oder es musste Will sein.
    Es war Will.
    Er ließ den Motor laufen, sprang aus dem Wagen und riss mich vom Straßenpflaster hoch. Er sprach leise und schnell. »Alles in Ordnung? Komm, steig ein!« Er hatte mich an den Schultern gepackt und schob mich unsanft zur Beifahrertür. Er zitterte. Das tat er immer, wenn er

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