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Brother Sister - Hoert uns einfach zu

Brother Sister - Hoert uns einfach zu

Titel: Brother Sister - Hoert uns einfach zu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Olin
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seine Zustände hatte. Direkten Blickkontakt vermied er.
    Ich versuchte, mich aus seinem Griff zu winden, aber ich hatte keine Chance.
    Er stieß mich in den Wagen, rannte um die Motorhaube herum und stieg auf der Fahrerseite ein.
    Ich weiß nicht, warum ich nicht schnell wieder ausgestiegen und weggelaufen bin. Doch. Ich hatte Angst. Was würde er mit mir machen, wenn ich abzuhauen versuchte? Er war völlig außer sich. Was hätte es mir auch genützt? Er kann viel schneller laufen als ich. Er hätte mich bald eingeholt und zurückgeschleift.
    Außerdem … irgendwie fühlte ich mich für ihn verantwortlich. Mir war klar, dass er was Schlimmes vorhatte. Vielleicht hatte er sogar schon was Schlimmes getan. Und da ich die Einzige war, die ihn überhaupt erreichen konnte, die Einzige, die ihn wieder zur Vernunft bringen konnte … verstehen Sie? Ich wollte, dass es aufhört. Das Ganze. Ich wollte nicht, dass noch jemand zu Schaden kam.
    Also fuhren wir los. Viel zu schnell. Will schrammte um die Kurven, fuhr bei Rot über Kreuzungen, das ganze Programm. Er hatte beide Hände am Lenkrad und umklammerte es so fest, dass seine Finger ganz weiß waren. Die ganze Zeit murmelte er irgendwas vor sich hin. Ich hab keine Ahnung, was. Es war, als ob er leise fluchte, vielleicht auf die Leute, die sich nach uns umdrehten, wenn wir an ihnen vorbeirasten.
    Vor lauter Angst konnte ich kaum was sagen. Ich wusste, dass ich vorsichtig sein musste. Ich sah ja, dass er am Ende war, und wenn ich was Falsches sagte … wer weiß, wie er reagieren würde …
    »Danke, dass du mich abgeholt hast«, sagte ich.
    Er knurrte nur.
    Wir fuhren stadtauswärts und ließen die Läden, Restaurants und so weiter hinter uns. Bald waren wir auf der Straße, die sich durch die Hügel windet, und fuhren ungefähr in die Richtung, wo unsere Schule liegt. Jedenfalls waren wir nicht auf dem Heimweg. Aber das war nicht, was mir am meisten Angst machte. Am meisten Angst machte mir der Wagen. Schließlich hatte Will einen eigenen. Dass er Keiths fuhr … und die Wunde an seinem Kopf … Ich wagte nicht zu Ende zu denken, was das bedeuten konnte.
    »Was ist mit deinem Saab?«, fragte ich.
    Wieder knurrte er nur.
    »Was sagst du?«
    Er schluckte, dann sagte er: »Der ist kaputt.«
    »Und Keith hat dir seinen Wagen gegeben?«
    Ich konnte nicht erkennen, ob er zustimmend nickte oder nur wilde Kopfbewegungen machte, um die Gedanken zu verscheuchen, die ihn quälten.
    »Wie kommt er ohne seinen Wagen denn zur Arbeit?«, fragte ich.
    »Sein Job hat sich wohl erledigt«, sagte er.
    »Nett von ihm, dir seinen Wagen zu geben.«
    »Ja, klasse Typ.« Will zwinkerte mir ironisch zu.
    Ja, einen Verdacht hatte ich, aber … ich weiß nicht. Ich war so sehr damit beschäftigt, ihn ruhig zu halten … Außerdem lag irgendwas in seinem irren Grinsen, das mir sagte, dass es wohl besser war, das Thema Keith nicht weiterzuverfolgen. Anscheinend hatte ich jetzt schon zu lange darauf rumgeritten … Mir wurde so schlecht, dass ich das Fenster runterkurbelte, um frische Luft zu kriegen. Aber davon wurde es auch nicht besser.
    Inzwischen waren wir auf dem Paradise Drive, kurz vor der letzten Ladenzeile am Stadtrand.
    »Sag mal, wohin fahren wir eigentlich?«, fragte ich und tat so, als hätte ich Lust auf ein Abenteuer.
    Will antwortete nicht und fuhr erst auf den Highway 1, dann auf den 41. Diese Strecke kannte ich. Hier waren wir immer entlanggefahren, wenn wir landeinwärts nach Bakersfield wollten.
    »Jetzt sag schon, Will! Wohin fahren wir?«
    Auf den Rücksitzen lagen Reisetaschen. Seine wasserdichte Sporttasche und eine alte quietschbunte von mir. Ich hatte sie mir gekauft, als ich dreizehn war und auf Bonbonfarben stand. Ich weiß gar nicht, warum mir das erst jetzt auffiel.
    »Will, du willst doch irgendwohin! Jetzt sag mir endlich, was los ist!«
    Er fuhr einfach stur weiter.
    Langsam bekam ich Panik. Ich konnte mich nicht mehr zusammenreißen.
    »Jetzt sag schon!«, schrie ich und schlug mit der flachen Hand auf den Sitz, an die Tür und aufs Armaturenbrett. »Sag es!«
    Er drehte sich langsam zu mir um und fragte: »Willst du’s wirklich wissen?«
    »Seh ich etwa so aus?«
    »Ich will dir nicht die Überraschung verderben.«
    »Ich will keine Überraschung! Ich hasse Überraschungen! Ich finde das nicht lustig, Will! Wirklich nicht!«
    »Hey!« Er tätschelte mir das Knie. »Ganz ruhig!« Er sah mich besorgt an. »Also gut. Du wirst es nicht glauben, aber Dad hat vorhin

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