Brotherband - Die Bruderschaft von Skandia: Band 1 (German Edition)
zurückgekehrt war, um die Nachhut zu verstärken. »Scheint, als bräuchtet ihr keine Hilfe mehr.«
Immer noch lachend steckten Thorn und Mikkel ihre Waffen weg und kehrten zurück zu Svengal und den anderen.
»Das hättest du mal sehen sollen«, begann Mikkel. »Thorn hat ihnen solche Angst eingejagt, dass sie davongelaufen sind. Der Anblick seines hässlichen Gesichts war zu viel für sie. Davon ist sogar das Pferd umgefallen.«
Svengal lachte. Er hatte der Nachhut zu Hilfe kommen wollen, dann jedoch beeindruckt zugesehen, wie Thorn mit dem angreifenden Reiter umgesprungen war.
»Tja, du hast deine Rolle auch gut gespielt«, erwiderte Thorn. »Aber ich muss zugeben, ich war wirklich über ragend.«
»Ich weiß nicht, ob das richtige Wort dafür …« Mikkel hob gerade den Arm, um seinen Freund auf die Schulter zu klopfen, als der Speer ihn traf.
Er kam aus dem Nichts. Später, als Thorn darüber nachdachte, wurde ihm klar, dass es vermutlich jener Speer war, den der fliehende Reiter fallen gelassen hatte. Einer der Dorfbewohner hatte ihn wohl aufgehoben und blind vor Wut nach den Nordländern geschleudert und war dann um sein Leben gerannt, ohne abzuwarten, ob er getroffen hatte.
Er hatte getroffen und das Ergebnis war verheerend. Das schwere Eisen hatte sich unter Mikkels erhobenem Arm in den Körper gebohrt. Er stieß einen Schrei aus und fiel erst auf die Knie, dann zur Seite. Entsetzt ließ Thorn sich neben seinen Freund zu Boden fallen. Er sah die Blässe im Gesicht seines Freundes, während das Leben langsam aus ihm wich.
»Schwert …«, stieß Mikkel hervor. Wenn ein Seewolf in der Schlacht ohne eine Waffe in der Hand starb, würde seine Seele in aller Ewigkeit in der Unterwelt wandern müssen. Svengal hatte bereits sein eigenes Schwert gezogen und es in Mikkels ausgestreckte Finger gedrückt. Der Verletzte sah dankbar zu ihm hoch, dann blickte er zu seinem besten Freund.
»Thorn«, keuchte er. Die Anstrengung, dieses eine Wort auszusprechen, war beinahe zu groß.
Thorn beugte den Kopf zu Mikkel. »Halte durch, Mikkel. Wir bringen dich aufs Schiff.« Das Schiff bedeutete Sicherheit und Rettung. Allein die Tatsache, an Bord zu sein, bot Seeleuten Trost in einer solchen Situation.
Doch Mikkel wusste es besser. Er schüttelte den Kopf.
»Meine Frau … der Junge … kümmere dich um sie, Thorn.«
Thorns Blick verschwamm, als er die Hand seines Freundes fasste, damit Mikkels Griff um das Heft des Schwertes nicht nachließ.
»Das werde ich. Du hast mein Wort.«
Mikkel nickte matt. »Wird nicht … leicht für ihn werden. Er braucht …«
Der Schmerz und der Schock überwältigten ihn, aber es war immer noch Leben in seinen Augen. Thorn fasste seine Hand fester, drängte ihn, den Satz zu beenden. Er musste wissen, was der letzte Wunsch seines Freundes war, er musste wissen, was er für ihn tun sollte.
»Was braucht er, Mikkel? Was ist es?«
Mikkels Lippen bewegten sich lautlos. Er nahm einen tiefen, schaudernden Atemzug, der seinen Körper schüttelte. Mit letzter Anstrengung sagte er ein Wort, bevor er starb.
»Dich!«
Kapitel zwei
Sechs Jahre später
K arina Mikkelsfrau fand Thorn an einem frühen Wintermorgen. Er lag zusammengekrümmt in Lumpen und einer mottenzerfressenen alten Felljacke, halb bewusstlos an der windgeschützten Seite ihres Gasthauses. Der leichte Schnee der Nacht hatte sein Haar weiß gepudert und das zerfressene Fell weiß gefärbt. Sein Gesicht und seine Hände waren blau von der schneidenden Kälte und seine Nase lief unablässig.
Thorn war die Nacht zuvor so betrunken gewesen, dass er auf dem Weg zum Bootsschuppen, wo er wohnte, die Richtung verloren hatte. Er war aus dem Wind in den Schutz der Wand gekrochen und hatte sich hingelegt, in der stillen Hoffnung, einfach zu sterben.
Was wahrscheinlich auch geschehen wäre, wenn Karina es nicht verhindert hätte.
Sie versuchte, ihn zu wecken. Energisch rief sie seinen Namen und schüttelte ihn an der Schulter. Er schlug ihre Hand fort und murmelte zusammenhanglos. Dann drehte er sich um – die Augen geschlossen, der Geist weit weg.
Sie schüttelte ihn erneut, diesmal stärker. Er fluchte und schlug wütend ihre Hand zur Seite. Ihre Augen funkelten.
»Hal!«, rief sie ihren zehn Jahre alten Sohn, der in der Küche arbeitete und die Teller vom gestrigen Abendessen wusch.
»Ja, Mutter?«
»Pumpe einen Eimer voll Wasser und bring ihn her. Und zwar schnell.«
Er kam ein paar Minuten später zurück und hielt den
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