Bruchlandung
angeordnet haben.«
»Sie haben recht, es freut mich wirklich, das zu hören.«
Damit drückte er kurz die ihm gereichten Hände, drehte sich um und verließ das Büro.
»Das ist ja wie Bescherung im Februar«, fiel Hain ein, als er ein paar Sekunden später einen Kugelschreiber in die Lasche des Umschlags rammte und wenig künstlerisch dafür sorgte, dass der Inhalt des Kuverts den Weg ins Freie fand.
Neben ein paar aneinander getackerten maschinengeschriebenen Seiten kam auch eine handgeschriebene Seite zum Vorschein, die Lenz sich griff und zu lesen begann. Hain kümmerte sich derweil um die anderen Blätter.
Wenn diese Zeilen den Weg zu den Strafverfolgungsbehörden gefunden haben, spricht alles dafür, dass ich nicht mehr am Leben bin. Weiterhin sollte in diesem Fall einiges darauf hindeuten, dass mein Ableben nicht die Folge eines natürlichen Todes war. Um es kurz zu machen, vermutlich hat mein Bruder Andreas dafür gesorgt, dass ich nie mehr gegen ihn aussagen oder mich in irgendeiner anderen Weise gegen ihn verteidigen kann. Nun, wenn es tatsächlich so weit gekommen ist, sollten die Behörden mithilfe der Informationen, die in der Anlage zu finden sind, in der Lage sein, dem bis in die Grundfesten illegalen und zutiefst unmoralischen Handeln dieses Mannes Einhalt zu gebieten. Jede meiner Aussagen habe ich, wie vermerkt, an Eides statt vorgenommen, wobei mir bewusst ist, dass dies im Fall meines Todes keinerlei Bedeutung mehr hat. Jedoch habe ich für die meisten meiner Behauptungen Beweise angeführt, die dazu dienen sollten, strafrechtlich gegen Andreas Blatter vorzugehen und eine Verurteilung herbeizuführen.
Thomas Blatter
Kassel, im Februar 2014
Es folgte eine unleserliche, aber beeindruckende Unterschrift.
»Wow«, machte der Hauptkommissar. »Wenn das stimmt, was er hier geschrieben hat, dann hältst du vermutlich ein paar ziemlich brisante Infos über Andreas Blatter in den Händen, Thilo.«
»Das walte Hugo«, knurrte Hain, während er sich der nächsten Seite widmete. Lenz nahm das Schreiben, das er gerade gelesen hatte, noch einmal in die Hand und las es erneut.
»Das gibt es nicht«, rief der Oberkommissar aufgeregt, während er die letzte der insgesamt acht Seiten überflog. »Hier ist vermutlich das meiste von dem, was Andreas Blatter in seinem Leben ausgeheckt oder verbrochen hat, haarklein beschrieben. Alles minutiös dargelegt und mit, zumindest liest es sich so, ziemlich fundierten Beweisen untermauert. Ich werd verrückt.«
Er warf seinem Boss, der ihm interessiert zusah, einen fragenden Blick zu.
»Woher weiß der das alles? Andreas kann dem doch unmöglich diese ganzen Fakten aufs Auge gedrückt haben. So blöd ist man doch nicht mal innerhalb der Familie.«
Lenz griff sich die Unterlagen und überflog sie ebenfalls.
»Woher er das hatte, muss uns im Augenblick nicht interessieren«, murmelte er. »Aber was hier drin steht, reicht, um ihn postwendend wieder in den Knast zu befördern.«
Er rollte das Dossier zusammen und steckte es in die Innentasche seines Sakkos.
»Also los, lass uns Nägel mit Köpfen machen. Du rufst bei der Staatsanwaltschaft wegen des Haftbefehls an und kümmerst dich um die Fahndung, ich geh rüber zu Schiller und bring ihn auf den neuesten Stand.«
»Genau so und nicht anders machen wir es.«
30
Er verschwindet, taucht nie wieder auf, und alle Menschen auf der Welt sind glücklich.
Der Präsident der Kasseler Black-Crows-Charters lag noch immer bewegungslos auf der Seite und lauschte den Worten, die um ihn herum gesprochen wurden. Und noch immer wusste er nicht, ob sich seine Pistole noch im Wadenholster befand und in welche Richtung er eigentlich würde zielen und abdrücken müssen, weil es ihm ganz offenbar an einer vernünftigen Stereo-Ortung mangelte. Alle Töne und Worte kamen aus ein und derselben Richtung, und die war überall und nirgendwo.
Schon zwei Mal hatte er seinen schmerzenden Körper angespannt und wollte die Hand in einer schnellen Bewegung am Bein entlangführen, und beide Male hatte er den Versuch im letzten Moment abgebrochen, weil er sich noch nicht einmal in der Lage fühlte, den Arm abzuwinkeln.
Björn Hassemer, sein ehemaliger Bruder aus besseren Tagen bei den Crows, würde ihn ohne jede Gefühlsregung töten, so viel stand fest. Er würde sich vielleicht noch einen kleinen Spaß daraus machen, seinen ehemaligen Widersacher zu quälen und zu foltern, aber er würde ihn mit Sicherheit nicht am Leben lassen. Man
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