Bruder Cadfael Und Der Hochzeitsmord
Grund dafür, daß man ihn aus dem Haus gewiesen hatte, sei gewesen, daß er zu Joscelin gestanden habe. Und wer weiß - vielleicht wäre seine Rechnung nach einiger Zeit aufgegangen.
Zitternd drückte Iveta sich an Joscelin.
»Und ich habe ihm noch geraten, ich habe ihn dazu gedrängt, alle Beziehungen zu diesem Mann abzubrechen!« stöhnte Agnes und rang die Hände. »Ihr wußtet nur zu gut, daß er es für seine Pflicht hielt, den Sheriff von seinem Verdacht zu unterrichten, selbst wenn er keine Beweise hatte. Ihr habt dafür gesorgt, daß er dazu keine Gelegenheit mehr hatte. Aber Ihr habt Eure Rechnung ohne mich gemacht!«
»Ihr seid verrückt!« Simon machte eine abwehrende Geste.
Seine Stimme überschlug sich fast. »Wie hätte ich meinem Onkel einen Hinterhalt legen können, wenn ich doch gar nicht wußte, wohin er geritten war und was er vorhatte, und noch weniger, auf welchem Weg er zurückkehren würde? Ich hatte keine Ahnung, daß irgendwo in dieser Grafschaft eine Geliebte auf seinen nächtlichen Besuch wartete.«
Während des ganzen Wortgefechtes hatte Bruder Cadfael geschwiegen. Jetzt trat er vor und sagte: »Es gibt jemanden, der sagen wird, daß Ihr lügt, Simon Aguilon, und daß niemand besser wußte als Ihr, wohin Huon de Domville geritten ist. Das jedenfalls hat Avice von Thornbury mir erzählt, und ich nehme an, daß zwei weitere Zeugen ihre Aussage bestätigen werden, sobald sie wissen, daß sie nicht in Gefahr ist, und sie diese beiden nicht darum bittet, Stillschweigen zu bewahren. Kein anderer als Ihr wart es, dem Euer Onkel seine Gefährtin anvertraute, wenn er auf Reisen ging und sie in seiner Nähe haben wollte. Ihr habt sie zum Jagdhaus begleitet. Der Weg dorthin war Euch wohlbekannt, denn Ihr wart ihn schon einmal geritten. Huon de Domville hat immer nur einen Vertrauten in seine privaten Liebschaften eingeweiht, und während der letzten drei Jahre seid Ihr dieser Mann gewesen.«
Der Rauch der Fackeln trieb gespenstisch über die Köpfe der Menge. Agnes stieß einen Triumphschrei aus, in dem zugleich ihr ganzer Schmerz mitschwang. Mit anklagender Hand zeigte sie auf Simon. »Durchsucht ihn! Er muß den Ring bei sich tragen - er würde es nicht wagen, ihn abzulegen, aus Angst, ein anderer könnte ihn finden und seine Schlüsse daraus ziehen.
Durchsucht ihn, und Ihr werdet den Ring finden. Und warum, frage ich, hätte er ihn abstreifen sollen, wenn dieser Ring nicht eine Spur am Körper eines Ermordeten hinterlassen hätte?«
Die Bewaffneten hatten das Zeichen gesehen, das der Sheriff ihnen gab, und bildeten einen engen Kreis um den Beschuldigten und seine Anklägerin. Simon war zu sehr mit Agnes beschäftigt gewesen, um diese neue Gefahr zu bemerken. Er stieß einen trotzigen Schrei aus und drehte sich auf dem Absatz um. »Ich brauche mir diese haltlosen Verdächtigungen nicht anzuhören!« rief er etwas zu schrill.
Erst jetzt bemerkte er die Bewaffneten, die Schulter an Schulter zwischen ihm und dem Tor standen, und stutzte wie ein gestellter Hirsch. Er konnte es nicht fassen, daß sein Glück sich so gewendet hatte. Verzweifelt sah er sich um.
Der Sheriff trat auf ihn zu und sagte:
»Zieht Eure Handschuhe aus!«
Es war unschön anzusehen, wie er versuchte, auszubrechen und zu fliehen, wie er sich wie eine Wildkatze wehrte, als man ihn festhielt, wie er fluchte und schrie, als man ihn packte und überwältigte. Mit Rücksicht auf den Abt schaffte man ihn mit so wenig Gewaltanwendung wie möglich zum Tor hinaus in die Klostersiedlung und durchsuchte ihn dort. Er verschränkte seine Hände, um zu verhindern, daß man ihm die Handschuhe auszog, aber es nützte ihm nichts: Als seine Hände nackt waren, leuchtete der bleiche Ring am Mittelfinger seiner rechten Hand wie frischer Schnee auf einem gepflügten Acker, und die Stelle, wo der Stein gewesen war, war deutlich zu erkennen. Er fluchte und wehrte sich, als sie sein Wams öffneten, und preßte in ohnmächtiger Wut und besinnungsloser Verzweiflung sein Kinn auf die Brust, so daß man ihm den Kopf gewaltsam in den Nacken ziehen mußte, um die Schnur, an der er den Ring um den Hals trug, lösen zu können.
Vier Männer des Sheriffs waren nötig, um ihn in eine Zelle in der Burg zu schaffen, und als er abgeführt war, herrschte auf dem großen Innenhof fassungslose Stille. Mit entsetzten, weit aufgerissenen Augen schloß Joscelin Iveta in die Arme. Er zitterte vor Erleichterung, aber er war noch zu verwirrt, um zu begreifen,
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