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Bruderherz

Titel: Bruderherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Crouch
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ich sein Gesicht sehen – die Ränder seiner Ohren waren schwarz, seine Wangen, Lippen und die Stirn von der Kälte leichenweiß.
    »Du hast deine Buttermilch zu gierig getrunken«, sagte er grinsend. »Geh rein. Es ist offen.«
    Ich drückte mit der Schulter gegen die Tür und sie ging auf. Als ich sah, was er getan hatte, dachte ich, mir würden vor Grauen die Beine versagen. Der gesamte Innenraum der Scheune stand voller Kerzen – dutzendweise waren sie auf dem Boden und den Regalen angeordnet. Unzählige Schatten tanzten über den Zementboden, die Wände und bis ins Gebälk hinauf. Ich sah den Pfahl, das Lederhalsband und die auf dem Boden ausgebreitete Plastikplane, um mein Blut aufzufangen.
    »Alles für dich«, flüsterte er. »Ein Tod bei Kerzenschein.«
    »Orson, bitte…« Die Messerspitze pikste mir in den Rücken und zwang mich einzutreten. Während ich in die Scheune ging, starrte ich auf das Loch in der Ecke der gegenüberliegenden Wand. Vermutlich war er nach Einbruch der Dunkelheit aus dem Schnee gekrochen und dort hereingelangt. Das fehlende Kiefernholzbrett lag auf dem Boden.
    »Los, auf die Plastikplane!«, befahl er. Als ich zögerte, kam er drei Schritte auf mich zu und richtete die Glock auf mein linkes Knie. Sofort kniete ich mich auf die Plane. »Auf den Bauch!«, befahl er, und ich gehorchte. Ich roch das Lederhalsband, als er es über meinen Kopf streifte und um meinen Hals festzog – der Geruch nach Schweiß und Blut und Tränen und Speichel von unglücklichen Fremden. Ich spürte eine schreckliche, tiefe Verbundenheit mit diesen verdammten Seelen, die dieses stinkende Halsband vor mir getragen hatten. Wir waren jetzt Blutsverwandte – Orsons abscheuliche Kinder. Papa holte einen Hocker aus der Ecke und setzte sich gerade außerhalb meiner Reichweite darauf.
    Er schob die Glock zurück in den Hosenbund von Walters Jeans, zog den Schleifstein aus der Tasche und begann, die Messerklinge erneut darüber zu ziehen: schlick, schlick, schlick! Im düsteren, gelblichen Licht der Kerzen, die um die Plastikplane herumstanden, wurde der Schmerz, mit dem die Handschellen in meine Handgelenke schnitten, immer stärker.
    Sie gehörten mir. Ich besaß sie seit einer Halloween-Party 1987. Ein Freund hatte sie mir und meiner damaligen Freundin Sophie als Gag geschenkt. Zuerst empfanden wir es als peinlich, doch dann fesselte ich sie in jener Nacht damit an meinen Bettpfosten. Ich habe auch andere Frauen mit diesen Handschellen gefesselt und ihnen umgekehrt erlaubt, sie mir anzulegen. Ich hatte Orson damit gefesselt. Jetzt fesselte er meine Hände damit. Verdammt haltbares Metall.
    Ich setzte mich auf und schaute ihn an. Verzweifelt und unauffällig versuchte ich, die Handschellen auseinander zu ziehen, und als meine Hände taub wurden, zerrte ich noch fester daran. In »Die Angst, zu leben« zerreißt ein Mörder namens Sizzle, der seine Opfer verbrannt hat, die Kette zwischen den Handschellen, während er auf dem Rücksitz eines Polizeiwagens sitzt. Anschließend tötet er den Polizisten, der ihn verhaftet hat. Während ich immer noch versuchte, meine Hände auseinander zu drücken, fiel mir der geschickt formulierte Satz wieder ein: »Die Kette zerbarst, O’Malleys Nacken zerbarst und Sizzle kletterte hinter das Lenkrad und stieß den Polizisten auf die nasse Straße.« So einfach. Nun geh schon kaputt, du blödes Ding!
    »Du vergeudest wertvolle Energie«, meinte Orson lässig, während er eine Unebenheit in seiner Klinge begutachtete. »Ich habe es nicht mal geschafft, sie zu zerreißen, als du mir die Flamme unter das Auge gehalten hast.« Er fixierte mich jetzt mit seinem Blick und fuhr dabei fort, die Klinge zu schärfen. »Da tut ein Kerl dir einen Gefallen nach dem anderen, und das ist dein Dank dafür. Das ist Verrat.« Mein Mund war völlig ausgetrocknet; ich hatte keine Spucke mehr.
    »Ich weiß nicht, was deine Definition für Gefallen ist…«
    »Ich habe das alles für dich getan«, erklärte er. »Washington. Mutter. Zusammen hätten wir unglaublich sein können, Bruder. Ich hätte dich befreien können. Genau wie Luther. Auch ihm habe ich den Spiegel vorgehalten, verstehst du? Habe ihm den Dämon gezeigt. Er hat mir nicht ins Gesicht gespuckt.« Orson begann sich in die Wangen zu kneifen und Hautfetzen mit dem Messer vom Gesicht abzuziehen, als amüsierte ihn die Gefühllosigkeit seiner spröden Oberhaut. Er blutete an mehreren Stellen. »Du bist in mein Haus eingedrungen«, fuhr er

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