Bruderschaft der Kueste
offensichtlich auch kein Geheimnis , dachte er zynisch. Was ging es diesen merkwürdigen, heruntergekommenen Dieb an, wer er wirklich war?
„Ich bin kein Pirat!“, erklärte er mit fester Stimme und fügte stolzer hinzu: „Ich halte mich an die Gesetze und breche diese nicht!“
„So?“, fragte Miguel mit einem Hochziehen der Augenbrauen nach und sinnierte weiter: „Also nur in schlechte Gesellschaft geraten, was?“
Simon wollte ihm heftig etwas entgegnen, da ließ sich auch schon Jean elegant zu ihnen hinab gleiten und er schloss den Mund. Simon warf Miguel einen finsteren Blick zu, bevor sie Platz für den Piratenkapitän machten. Miguel lachte kurz auf und schüttelte amüsiert seinen Kopf. Wortlos setzte sich Simon an das Ende des kleinen Ruderbootes. Miguel nahm auf der Ruderbank Platz, nickte Jean zu, legte sich die Riemen an und nahm mit kräftigen Schlägen schnell die Fahrt auf.
Wie so oft in letzter Zeit kam sich Simon nutzlos vor. Er war gänzlich unbegabt, ein Ruderboot zu bewegen, hatte einfach nicht die nötige Kraft in den Armen dazu. Obwohl er es bereits probiert hatte, war er kläglich gescheitert. Daher war er froh, im Bug des Bootes zu sitzen und nicht wieder einmal dem Gespött der anderen Männer ausgesetzt zu sein. Miguel und Jean unterhielten sich angeregt und lachten, beachteten ihn nicht weiter. Als sie die „ Estrella“, Jeans Schiff, erreichten, wartete Simon ab, bis Miguel und Jean die Jakobsleiter hinauf geklettert waren. Mit verkniffenem Mund bemühte er sich, dieses Mal eine bessere Figur zu machen. Was ihm tatsächlich auch glückte, nur um einiges langsamer. Simon kletterte mit sich zufrieden über die Reling und erkannte, dass die Männer bereits auf dem Weg zu Jeans Kajüte waren. Unschlüssig sah Simon ihnen nach, nicht sicher, was er nun tun sollte, doch Jean enthob ihn rasch der Frage. Denn er rief ihm zu:
„Simon, bitte sage dem
Koch
Bescheid, dass wir in meinem Quartier speisen werden. Du kannst uns das Essen auch gleich servieren.“
Sein Blick blieb etwas länger auf dem jungen Mann ruhen, lange genug, um das ärgerliche Funkeln in dessen Augen zu bemerken. Servieren, er sollte ihm servieren! Simon verbiss sich einen Kommentar und schluckte seinen Ärger hinunter. Was brachte es ihm? Jean spielte viel zu gerne mit ihm. Langsam sollte er daran gewöhnt sein. Er war hier ebenso niedrig gestellt, wie alle anderen auch und das ließ ihn Jean immer wieder gerne spüren. Es war völlig zwecklos, sich dagegen aufzulehnen, für ihn hatte er bestenfalls den Status eines einfachen Mannes. Seinen Stolz herunter zu schlucken, war etwas, was Simon an Bord schon gelernt hatte. Mürrisch wandte er sich ab und ging hinüber zur Kombüse, um dem Schiffskoch die Wünsche des Kapitäns mitzuteilen.
In der Kajüte
Eine halbe Stunde später betrat Simon mit dem Schiffskoch das Quartier des Kapitäns und brachte das gewünschte Essen. Die Freunde saßen am Tisch, tranken Rotwein und unterhielten sich angeregt. Lachend unterbrachen sie ihr Gespräch, während Simon die Platte mit Fleisch auf den Tisch stellte. Schweigend, mit ausdruckslosem Gesicht tat Simon ihnen auf und vermied, Miguel nahe zu kommen.
Als er gerade dem Koch hinaus folgen wollte, hielt ihn Jean am Arm zurück und forderte:
„Warum leistest du uns nicht ein wenig Gesellschaft, Simon?“ Seine braunen Augen sahen ihn funkelnd und belustigt an. Sein fester Griff sandte abermals kalte Schauder durch Simons Körper.
„Wenn Ihr es wünscht“, antwortete er steif und ließ seine Abscheu bewusst durchklingen. Er hatte gesehen, wozu dieser Mann fähig war. Mit Piraten und Dieben zu speisen, war nun wirklich nichts, was er erstrebenswert fand. Jean löste den Griff und Simon setzte sich widerwillig zu ihnen. Vergebens blickte er sich nach einer Serviette um. Die beiden anderen Männer kümmerte das nicht. Sie begannen, mit Appetit zu essen. Besonders Miguel benutzte dabei vornehmlich seine Finger, wie Simon verstohlen bemerkte. Rasch wandte er sich ab, spürte dennoch die Blicke auf sich ruhen, als er das Besteck zur Hand nahm und das Fleisch sorgfältig zerschnitt, auf die Gabel nahm und betont manierlich aß. Neben ihm gab Miguel ein überraschtes und abfälliges Schnauben von sich. „Zum Teufel! Wo hast du denn diese piekfeinen Sitten gelernt, Bursche?“, wollte er erstaunt wissen. Simon blickte ihn bemüht verächtlich an, öffnete den Mund zu einer passenden Antwort, doch Jean kam ihm schon
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