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Bruderschaft der Kueste

Bruderschaft der Kueste

Titel: Bruderschaft der Kueste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris P. Rolls
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Faszination ausübte, die er sich einfach nicht eingestehen konnte. Abends in seiner Hängematte erinnerte er sich an das Gefühl der verbotenen Berührung, diese schwarzen, gierigen, fordernden Augen kamen ihm in den Sinn. Sie verfolgten ihn in seine Träume, während er das Schnarchen und ruchlose Gestöhne neben sich zu überhören versuchte. Diese Piraten waren allesamt sündige Gestalten, die sich gotteslästerlich selbst Vergnügen bereiteten und oft genug auch untereinander. Simon wusste natürlich davon, übersah es geflissentlich, vermied, den Blick dorthin zu wenden, wo sich zwei von ihnen wider die Natur versündigten. Nur nicht daran denken!
    Jean hatte seine wilde, bunt zusammengewürfelte Mannschaft durchaus im Griff. Seit einem Vorfall, bei dem Jean diejenigen bestraft und getötet hatte, kam ihm selbst keiner mehr unzüchtig zu nahe, ja mied sogar seine Gesellschaft. Bemerkungen gab es natürlich hier und da, jedoch immer nur hinter seinem Rücken. Die nächtlichen Geräusche beschämten ihn entsetzlich und führten seinen schwachen Körper stets aufs Neue in Versuchung.
    Bei Gott, er wünschte, er wäre daheim, fernab dieser ganzen gottlosen Gestalten! Sein altes Leben schien Jahre zurückzuliegen und eine Rückkehr schier unmöglich.
    Die folgenden Tage waren ruhig und ausgefüllt mit den alltäglichen Arbeiten auf dem Schiff. Jean setzte Simon wohlweislich keinen wirklich gefährlichen Situationen aus, erwartete unausgesprochen, dass er sich auch nicht zu schade war, das Deck neben den anderen zu schrubben oder Taue zu spleißen. Es waren erniedrigende Tätigkeiten, doch immerhin ließen sie die Tage vergehen und er konnte an der frischen Luft und in der Sonne sein.
    Simon wusste, dass seine derzeitige Lage aussichtslos war. Jeder Rettungsversuch durch die Soldaten seines Vaters hätte unweigerlich seinen Tod zur Folge, weshalb Lord of Fenderwick es auch tunlichst unterließ. Immerhin war Simon sein einziger Erbe.
    Die heißesten Stunden des Tages lagen sie nicht zum ersten Mal in einer Flaute. Die Sonne brannte gnadenlos mit all ihrer karibischen Stärke auf sie und den unendlich blaugrünen Ozean hinab. Die Karibik mochte ein wunderschöner Ort sein, dennoch hatte die See auch hier ihre Launen und Tücken. Die Luft bewegte sich so träge wie die Menschen auf dem Schiff. Sie schien erstarrt zu sein und ebenso sehnsüchtig auf den Untergang der Sonne zu lauern, um sich wenigstens in einem lauen Abendlüftchen zu erheben. Wie die meisten der Mannschaft auch hatte sich Simon in den spärlichen Schatten unter ein Segeltuch geflüchtet. Ringsum verstärkte die Hitze alle Gerüche und er hatte sich, so weit es ging, von den überaus streng riechenden Piraten abgesondert, die offenkundig jede Form von Wasser, das nicht unter ihrem Kiel oder ihre Kehle hinab floss, als persönlichen Todfeind ansahen. Es war so heiß, dass auch er sein Hemd schließlich ausgezogen hatte und nur noch die mittlerweile auch etwas mitgenommenen Kniehosen aus Samt trug. Schweren Herzens hatte er sich schon vor mehreren Wochen von den Überresten seiner weißen Kniestrümpfe getrennt, die dem Leben an Bord nicht gewachsen waren. Selbst in seiner heruntergekommenen Kleidung unterschied er sich jetzt kaum noch von den Piraten. Seufzend schloss er die Augen, erinnerte sich an angenehme Nachmittage in der Residenz seines Vaters im Schatten der Bäume mit kühlen Getränken. Wenn er nicht an jenem verhängnisvollen Abend auf dem Heimweg angehalten, grob aus seiner Kutsche gezerrt, niedergeschlagen und verschleppt worden wäre, säße er mittlerweile an der Seite seiner Braut. Missmutig verzog er das Gesicht. Nicht, dass er Claire vermissen würde. Sie hatten sich ja nur einmal gesehen. Es war eine arrangierte, zweckdienliche Heirat, keine Liebe. Keiner hatte sie nach ihrer Meinung gefragt. Es war eben üblich. Wer war er, sich dagegen aufzulehnen?  
    Simon schob sich sein Hemd zurecht, auf das er seinen Kopf gelegt hatte, und rollte sich auf die Seite. Wie gerne würde er mit Abstand einmal auf dieses Abenteuer hier zurückblicken und gegebenenfalls seinen Söhnen davon berichten. Derzeit wusste er ja nicht einmal, ob er es überleben würde. Er war kein Seemann, würde es nie werden, soviel hatte ihn die kurze Zeit schon gelehrt.
    In der ersten Woche hatte er überwiegend über einem Eimer gehangen, weil er das miserable Essen jedes Mal wieder hochgewürgt, kaum dass er es hinuntergeschluckt hatte. Daher hatte er nie sagen können,

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