Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bruderschaft der Unsterblichen

Bruderschaft der Unsterblichen

Titel: Bruderschaft der Unsterblichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
Vom Netzwerk:
abgestumpft. Das reichhaltige Essen lag mir wie ein Stein im Bauch. Erst einmal richtig auskotzen, beschloß ich einige Stunden später, das wäre wohl das beste. Auf der Suche nach einer passenden Gelegenheit stapfte ich nackt zum Badezimmer, das die beiden Schlafzimmer voneinander trennte. Und begegnete einer schrecklichen Erscheinung im dunklen Korridor. Ein nacktes Mädchen, größer als ich, mit großen, schweren Brüsten, aufsehenerregenden, protzigen Hüften, ein Kranz kurzer, gelockter, brauner Haare. Ein Nachtgespenst! Ein Phantom, hervorgerufen von meiner überdrehten Phantasie! „Na, Süßer“, sagte sie, zwinkerte mir zu, tauchte mich in einen Hauch von Parfüm und sinnlichen Gerüchen und ließ mich zurück, um voller Erstaunen auf ihren opulenten, abziehenden Hintern zu starren, bis sich die Badezimmertür hinter ihm schloß. Angst und Geilheit ließen mich zittern. Noch nicht einmal auf einem Trip hatte ich solche realen Halluzinationen gehabt; konnte Escoffier bewirken, was dem LSD versagt blieb? Wie schön, wie kräftig, wie elegant sie war. Ich hörte das Wasser im Badezimmer laufen. Ich spähte in das andere Schlafzimmer, meine Augen hatten sich jetzt der Dunkelheit angepaßt. Überall lagen weibliche Bekleidungsstücke herum. Timothy schnarchte in einem Bett; im anderen lag Oliver, und auf Olivers Kissen ein zweiter Kopf, weiblich. Also keine Halluzinationen. Wo hatten sie bloß diese Mädchen her? Aus dem Nachbarzimmer? Nein, ich begriff: Callgirls, vom Zimmerservice besorgt. Die zuverlässige Kreditkarte hatte wieder einmal gewirkt. Timothy versteht den American Way of Life auf eine Weise, wie ich, der arme, verklemmte, gelehrtenhafte Bursche aus dem Ghetto, es mir nie erträumen kann. Sie wollen eine Frau? Heben Sie nur den Telefonhörer ab und fragen Sie. Mein Hals war trocken. Mein Schwanz hatte sich aufgerichtet; Donner in meiner Brust. Timothy schläft; sehr gut, da sie für die ganze Nacht angefordert wurde, werde ich sie mir eine Weile ausborgen. Wenn sie aus dem Badezimmer kommt, werde ich auf sie zustolzieren, eine Hand auf ihre Titten legen, die andere auf ihren Po, die samtige, satinartige Weichheit ihrer Haut spüren und sie mit einem Humphrey-Bogart-Tonfall aus tiefster Brust in mein Bett einladen. Jawohl. Und die Badezimmertür öffnete sich. Sie glitt heraus, die Brüste wippten auf und ab, ding-dong, ding-dong. Noch mal zwinkern. Und an mir vorbei, weg. Ich schnappte nach Luft. Ihr langgezogener, magerer Rücken, der in zwei erstaunlich kugelförmige Backen auslief. Der Geruch von billigem Moschusduft; der flüssige, hüftenschwingende Gang; die Schlafzimmertür wurde mir vor der Nase zugeschlagen. Sie ist gemietet, aber nicht für mich. Sie gehört Timothy. Ich ging ins Badezimmer, kniete mich an die Schüssel und verbrachte eine Ewigkeit mit Würgen. Dann zurück in mein einsames Bett zu kalten, bösen Träumen. Am Morgen waren die Mädchen nicht mehr zu sehen. Noch vor neun Uhr waren wir wieder auf der Straße, Oliver am Steuer, St. Louis unser nächster Reisepunkt, ich versank in apokalyptische Visionen. Ich hätte an diesem Morgen ein Weltreich zum Einsturz gebracht, wenn mein Daumen auf dem richtigen Knopf placiert gewesen wäre. Ich hätte Dr. Seltsam freigelassen, dem Fenriswolf die Tür geöffnet, ich hätte das ganze Universum durcheinanderwirbeln können, wäre nur die Gelegenheit dazu gegeben gewesen.

 
12. KAPITEL
Oliver
     
    Ich bin fünf Stunden ohne Pause gefahren. Es war wunderbar. Sie wollten anhalten, um zu pissen, die Beine auszustrecken, Hamburger zu kaufen, dieses oder jenes, aber ich habe gar nicht darauf reagiert. Ich bin einfach weitergefahren. Mein Fuß war auf dem Gaspedal festgeklebt, meine Finger ruhten leicht auf dem Steuer, und ich saß kerzengerade, die Augen hatten sich daran gewöhnt, einen Punkt fünf bis zehn Meter vor der Windschutzscheibe zu fixieren. Der Rhythmus der Bewegung hatte von mir Besitz ergriffen. Es war beinahe ein sexueller Akt: das lange, glänzende Auto schnellt nach vorn, vergewaltigt den Highway und ich als Kommandeur; ich empfand richtig Lust dabei. Eine Zeitlang hatte ich echt einen stehen. Letzte Nacht, mit diesen Huren, die Timothy aufgegabelt hatte, war ich nicht mit dem Herzen dabei. Nun, drei Runden habe ich mit meiner gedreht, aber nur, weil es von mir erwartet wurde, und in meiner sparsamen, bäuerischen Art wollte ich Timothys Geld nicht verschwenden. Dreimal habe ich geknallt, so drückte sich das Mädchen

Weitere Kostenlose Bücher