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Bruderschaft der Unsterblichen

Bruderschaft der Unsterblichen

Titel: Bruderschaft der Unsterblichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Gericht zu halten über Lebende und Tote.“ Das Schlimmste habe ich hinter mir. Mit Herzklopfen bringe ich auch den Rest hinter mich. „Ich glaube an den Heiligen Geist. Ich glaube an die eine, heilige katholische Kirche, an die Gemeinschaft der Heiligen, die Vergebung der Sünden. Ich erwarte die Auferstehung der Toten und das Leben der zukünftigen Welt.“ Ein gemurmelter Wortschwall. „Amen.“ Muß man mit einem Amen aufhören? Ich bin so verwirrt, daß ich es nicht mehr weiß. Pater Burke lächelt säuerlich: Ich falle ausgelaugt in meinen Stuhl. Glaube steht dir zu. Glaube. Das Christkind in der Krippe, und der Rohrstock saust auf deine Knöchel herunter. Kalte Gänge; mißgelaunte Gesichter; der trockene, staubige Geruch des Heiligseins. Eines Tages besuchte uns Kardinal Cushing. Die ganze Schule war in heller Aufregung; es hätte nicht schlimmer sein können, wenn der Erlöser selbst aus einem Bücherschrank herausgestiegen wäre. Die erbosten Blicke, die grimmigen, geflüsterten Warnungen: Bleibt in der Reihe stehen, singt gleichzeitig und zusammen, haltet den Mund, beweist euren Respekt. Gott ist Liebe, Gott ist Liebe. Und der Rosenkranz, die Kruzifixe, die pastellfarbenen Bildnisse der Jungfrau Maria, der Fisch am Freitag, der Alptraum der ersten heiligen Kommunion, der Schrecken, bevor man in den Beichtstuhl steigt – das ganze Instrumentarium des Glaubens, der Schrott der Jahrhunderte –, nun, ich mußte natürlich damit fertig werden. Ich entfloh den Jesuiten, meiner Mutter, den Aposteln und Märtyrern, St. Patrick, St. Brendan, St. Dionysius, St. Ignatius, St. Antonius, St. Theresa, St. Thais, die reuige Hure, St. Kevin, St. Ned. Ich wurde ein elender, verfluchter Abtrünniger, übrigens nicht der erste in meiner Familie, der vom wahren Glauben abfiel. Wenn ich in die Hölle komme, werde ich dort Onkel und Cousinen zuhauf finden und von ihnen angespuckt werden. Und jetzt verlangt Eli Steinfeld von mir, erneut zu glauben. Wie wir alle wissen, sagt Eli, ist Gott irrelevant, eine Zumutung; in unserer modernen Zeit zugeben, daß man an Seine Existenz glaubt, ist dasselbe, als würde man zugeben, daß man Pickel am Arsch hat. Wir Weltklugen, wir, die wir alles gesehen haben und wissen, wie oberflächlich alles ist, bringen es nicht fertig, uns Ihm zu ergeben, obwohl wir es dem abgenutzten, alten Bastard überlassen, alle schwierigen Entscheidungen für uns zu treffen. Doch halt, schreit Eli. Gebt euren Zynismus auf, gebt auf euren hohlen Unglauben an das, was unsichtbar ist! Einstein, Bohr und Thomas Edison haben unsere Fähigkeit zerstört, das Zukünftige in uns aufzunehmen, aber würdet ihr nicht frohen Herzens das Hier-und-Jetzt ergreifen? Glaubt, sagte Eli. Glaubt an das Unmögliche. Glaubt daran, weil es unmöglich ist. Glaubt, daß die niedergeschriebene Weltgeschichte ein Mythos ist, und daß es der Mythos ist, der aus der wahren Geschichte überlebt. Glaubt an die Schädel, glaubt an ihre Hüter. Glaubt. Glaubt. Glaubt. Übt euch im Glauben, und die Ewigkeit wird euer Lohn sein. So spricht Eli. Wir fahren nach Norden, Osten, Norden, wieder Osten, fahren im Zickzack durch die dornige Wildnis, und wir müssen glauben.

 
21. KAPITEL
Timothy
     
    Ich bemühte mich, fröhlich zu sein und nicht zu maulen, aber manchmal wird es auch dem Stärksten zu viel. Dieser Zug heute mittag durch die Wüste zum Beispiel. Man muß schon einen starken Hang zum Masochismus haben, um sich auf so etwas einzulassen, auch wenn es dadurch zehntausend Jahre Lebensverlängerung gibt. Aber das ist doch alles blanker Unsinn. Das einzige Reale ist die Hitze. Ich schätze, fünfunddreißig Grad und mehr, vielleicht sind es sogar vierzig Grad hier draußen. Der April hat noch nicht begonnen, und wir befinden uns schon in einem Hochofen. Das ist die berühmte trockene Hitze von Arizona, von der man schon soviel gehört hat: Natürlich ist es dort heiß, aber es ist trockene Hitze, und man spürt sie gar nicht. Scheiße, ich spüre sie. Die Jacke ist herunter, das Hemd offen, und trotzdem brate ich. Wenn ich nicht meine verflucht empfindliche Haut hätte, würde ich auch das Hemd ausziehen, aber dann werde ich verbrühen. Oliver hat sein Hemd schon ausgezogen, und er ist viel blasser als ich; vielleicht verbrennt seine Haut nicht, eine bäuerliche Haut, eine Kansas-Haut. Jeder Schritt kostet Anstrengung. Wie weit müssen wir überhaupt noch laufen? Fünf Meilen? Zehn?
    Der Wagen liegt schon weit hinter uns. Zwölf Uhr

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