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Bruderschaft der Unsterblichen

Bruderschaft der Unsterblichen

Titel: Bruderschaft der Unsterblichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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sehr früh an diesem Morgen aufgewacht. Es war jetzt gerade erst Viertel nach acht. Also zogen wir noch etwas durch die Stadt, um die fünfundvierzig Minuten totzuschlagen; sahen Friseurläden, Kioske und die Schaufenster von Geschäften, die indianische Töpferwaren und Cowboy-Ausstattung verkauften. Die Sonne schien schon sehr warm, und das Thermometer am Bankgebäude zeigte sechsundzwanzig Grad. Der Tag versprach sehr heiß zu werden. Der Himmel präsentierte wieder sein grimmiges Wüstenblau; die Berge direkt am Rand der Stadt waren blaßbraun. Die Stadt war noch nicht zum Leben erwacht, kaum ein Auto auf den Straßen, außerhalb der Rush-hour in der City von Phoenix.
    Wir sprachen kaum ein Wort miteinander. Oliver schien immer noch in Grübeleien über den Aufstand versunken zu sein, den er wegen des Anhalters entfesselt hatte. Offensichtlich hatte er Schuldgefühle, und das nicht ohne Grund. Timothy gab sich gelangweilt und als etwas Besseres. Er hatte erwartet, in Phoenix sei etwas mehr los, das dynamische Zentrum der dynamischen Wirtschaft von Arizona. Die Stille hier beleidigte ihn. (Später entdeckten wir, daß es ein oder zwei Meilen aus der City heraus ganz schön dynamisch wird, dort, wo die wirkliche Prosperität stattfindet.) Eli war gereizt und in sich gekehrt, er fragte sich zweifelsohne, ob er uns für nichts und wieder nichts durch den Kontinent gescheucht hatte. Und ich? Mißmutig, trockene Lippen, ein Kratzen im Hals. Der Hodensack war angespannt, was mir immer passiert, wenn ich sehr, sehr, sehr nervös bin. Ich spannte meine verkrampften Muskeln am Arsch an und lockerte sie wieder. Was, wenn es das Schädelhaus gar nicht gibt? Schlimmer, was wenn es wirklich existiert? Ein Ende für mein kunstvoll schwankendes Hin und Her; ich müßte schließlich doch Farbe bekennen, müßte mich der Wirklichkeit stellen, mich selbst zugunsten der Riten der Hüter aufgeben, oder, auf der anderen Seite, mich verhöhnen und ableben. Wie würde ich mich entscheiden? Ständig schwebte das Neunte Mysterium wie ein Damoklesschwert über uns, schattenwerfend, bedrohlich, verführerisch. Die Ewigkeiten müssen durch Auslöschungen ausbalanciert werden. Zwei leben ewig, zwei sterben sofort. Dieser Satz klingt mir wie zarte, zerbrechliche Musik in den Ohren; er schimmert in der Ferne; aufreizend singt er aus den nackten Hügeln. Ich fürchte ihn, und gleichzeitig kann ich dem glücksspielhaften Reiz nicht widerstehen, den er anbietet.
    Um neun versammelten wir uns in der Redaktion der Zeitung. Wiederum stellte Timothy die Fragen; sein müheloses, selbstsicheres Oberklassenauftreten läßt ihn in jeder Situation das Richtige tun. Die Vorteile einer Zucht. Timothy gab uns als Studenten aus, die Untersuchungen für eine Arbeit über zeitgenössische Klöster anstellten. Wir gelangten von der Anmeldung über einen Reporter zum Chef der Feuilleton-Redaktion. Der besah sich unseren Zeitungsausschnitt und sagte, er wüßte nichts über ein solches Kloster in der Wüste (Trübsal!), aber unter seinen Leuten gäbe es einen, der sich darauf spezialisiert habe, alles über Kommunen, Kulte und sonstige ähnliche Niederlassungen am Rande der Stadt zu sammeln (Hoffnung!). Wo sei dieser Mann denn zu finden? Oh, er habe seinen Urlaub genommen, sagte der Redakteur (Verzweiflung!). Wann werde er denn in die Stadt zurückkehren? Eigentlich habe er die Stadt gar nicht verlassen (Hoffnung neu geboren!). Er verbringe seinen Urlaub zu Hause. Vielleicht lasse er mit sich reden. Auf unsere Bitte hin rief der Redakteur den Mann an und lud uns ein ins Haus dieses Spezialisten für Irrsinn jeder Art. „Er wohnt hinter der Bethany Home Road, nicht weit vom Zentrum, im vierundsechzigsten Hunderterblock. Wissen Sie, wo das ist? Sie fahren durchs Zentrum, am Camelback vorbei, dann an der Bethany Home …“ Zehn Minuten Fahrt. Wir ließen die verschlafene City hinter uns, fuhren in Richtung Norden durch das Geschäftsviertel voller gläserner Wolkenkratzer und auswuchernder Kaufhäuser und kamen durch eine Gegend mit beeindruckend modern aussehenden Häusern, die zur Hälfte von Vorgärten mit tropischen Pflanzen verdeckt wurden. Kurz dahinter eine bescheidene Wohngegend, wo wir das Haus des Mannes fanden, der alle Antworten wußte. Er hieß Gilson. Vierzig, sonnengebräunt, offene, blaue Augen, hohe, glänzende Stirn. Eine angenehme Erscheinung. Das Sammeln von allem, was sich am Stadtrand an Verrückten aufhielt, war eher sein Hobby als eine Sucht

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