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Bruderschaft der Unsterblichen

Bruderschaft der Unsterblichen

Titel: Bruderschaft der Unsterblichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Figur, durch die das Wasser floß, der im anderen Raum sehr ähnelte. Durch das halboffene Dach sah ich den schrägen Lichteinfall des späten Nachmittags. Die Luft war heiß, aber nicht so stickig wie zuvor.
    Ned, Oliver und Timothy hatten sich bereits eingefunden, jeder von ihnen mit Shorts bekleidet, alle drei wirkten angespannt und unsicher. Oliver hatte den ihm eigentümlichen starren Gesichtsausdruck, den er in großen Streßsituationen immer zeigt. Timothy bemühte sich blasiert zu wirken, scheiterte aber dabei. Ned blinzelte mir kurz und abrupt zu, vielleicht als Glückwunsch, vielleicht spöttisch.
    Ungefähr ein Dutzend Brüder befanden sich ebenfalls in diesem Raum.
    Sie schienen alle aus der gleichen Vorlage gestanzt: Wenn sie schon nicht im wörtlichen Sinn Brüder waren, so mußten sie doch zumindest Vettern sein. Keiner von ihnen war größer als ein Meter siebzig, manche sogar nur ein Meter sechzig oder noch kleiner. Alle kahl. Tonnenbrust. Tiefgebräunt. Haltbar aussehend. Nackt bis auf diese Shorts. Einer, den ich als Bruder Antony zu erkennen glaubte – er war es auch –, trug einen kleinen grünen Anhänger auf der Brust; drei von den anderen trugen ähnliche Anhänger, aber aus einem dunklen Stein, vielleicht Onyx. Die Frau, die mir unterwegs begegnet war, befand sich nicht in diesem Raum.
    Bruder Antony wies mich an, mich zu meinen Gefährten zu begeben. Ich stellte mich direkt neben Ned. Schweigen. Anspannung. Ein plötzlicher Impuls, laut loszulachen, den ich mit Mühe unterdrücken konnte. Welch eine absurde Situation! Wie kamen sich diese wichtigtuerischen Männlein eigentlich vor? Mit diesem leeren Gehabe um Totenschädel, mit diesem Ritual der Gegenüberstellung? Ruhig studierte uns Bruder Antony, als richte er über uns. Kein anderes Geräusch als unser Atemholen und das gefällige Geplätscher des Springbrunnens. Etwas ernste Musik aus dem Hintergrund, bitte, Maestro: Mors stupebit et natura, cum resurget creatura, judicandi responsura. Tod und Leben stehen verwundert da, wenn alle Schöpfung wiederaufersteht, um dem letzten Richter zu antworten. Um dem letzten Richter zu antworten. Und bist du unser letzter Richter, Bruder Antony? Quando Judex est venturus, euneta stricte discussurus! Wird er niemals sprechen? Müssen wir auf ewig zwischen Geburt und Tod verbleiben, Gebärmutter und Grab? Ah! Sie befolgen die Schrift! Einer der bedeutungsloseren Brüder, ohne Anhänger, geht zu einer Nische in der Wand und nimmt ein schmales Buch heraus, vorzüglich in glitzerndes rotes Saffianleder eingebunden, und reicht es Bruder Antony. Ohne daß es erwähnt wird, weiß ich, um welches Buch es sich handeln muß. Liber scriptus proferetur, in quo totum continetur. Der geschriebene Text wird gebracht werden, in dem alles enthalten ist. Unde mundus judicetur. Sobald es an der Zeit ist, die Welt zu richten. Was soll ich sagen? Du König von unermeßlicher Majestät, der jene erretten wird, die gerettet werden sollen, rette mich, o Born der Gnade! Bruder Antony sah mich direkt an. „Das Buch der Schädel“, sagte er sanft, ruhig, volltönend, „findet in diesen Tagen nur wenige Leser. Wie konnte es geschehen, daß ihr ihm begegnet seid?“
    „Ein altes Manuskript“, sagte ich, „verlegt und vergessen in einer Universitätsbibliothek. Durch mein Studium … eine zufällige Entdeckung … die Neugierde verführte mich zur Übersetzung …“
    Der Bruder nickte. „Und dann seid ihr zu uns gekommen? Wie geschah das?“
    „Ein Zeitungsartikel“, antwortete ich. „Etwas über die Abbildungen, den Symbolismus – wir wollten es einmal ausprobieren, hatten gerade Ferien und dachten, fahren wir doch mal hin und sehen nach, ob … ob …“
    „Ja“, sagte Bruder Antony, ohne weitere Fragen zu stellen. Ein ruhiges Lächeln. Er sah mir gerade ins Gesicht, wartete offensichtlich darauf, daß ich fortfuhr. Wir waren vier. Wir hatten das Buch der Schädel gelesen, und wir waren vier. Ein formeller Antrag schien jetzt angebracht. Exaudi orationem meam, ad te omnis caro ve niet. Mir wollte kein Wort über die Lippen kommen. Ich stand stumm in diesem unbegrenzten Ansturm des Schweigens und hoffte, daß Ned die Worte herauspressen würde, die mir in der Kehle steckten, daß Oliver sie sagen würde, vielleicht sogar Timothy. Bruder Antony wartete. Er wartete auf mich, er würde, wenn nötig, bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag warten, bis zu den Posaunen des Jüngsten Gerichts. Rede! Rede! Rede!
    Ich redete und

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