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Bruderschatten

Bruderschatten

Titel: Bruderschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Bechtheim
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kam?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Er war bei Paul. Er wollte fair sein und Lauren nicht so hängen lassen. Er wollte zu Ende bringen, was die Jungs begonnen hatten. Ich habe ihn monatelang davon abhalten können, Paul mit dem Band zu konfrontieren. Doch im Winter wurde die Leiche meiner Tochter endlich gefunden, und es stellte sich heraus, dass Koslowski sie missbraucht und ermordet hatte, wie wir es die ganze Zeit befürchtet hatten. Peter dachte wohl auch an meine Tochter und daran, was ihr widerfahren war, als er Paul mit der Aufnahme konfrontieren wollte.«
    Fast hätte ich sie in den Arm genommen, doch sie betrachtete mich so kalt und abweisend, dass ich es ließ.
    »Aber Leo war in dem Sommer doch noch mit Claudia zusammen. Er hat doch erst am Tag vorher mit ihr Schluss gemacht«, sagte ich lahm.
    Sie schob ihr Kinn nach vorn und erinnerte mich an einen Raubvogel, der gleich auf sein Opfer herabstürzt. »Er war nur noch mit ihr zusammen, weil er zu feige war, es ihr zu sagen. Er schob es von einem Tag auf den anderen vor sich her.«
    »Nein«, sagte ich. »So war er nicht.«
    »Doch«, sagte sie. »Und ich bin sicher, dass Paul Heinecken Peter umgebracht hat. Peter besaß eine Kopie der Aufnahme, und er drohte Paul damit, einen Artikel zu veröffentlichen, um dieses Schwein ein für allemal aus dem Verkehr zu ziehen. Das wäre das Ende von Pauls Karriere gewesen, egal ob Lauren dann noch widersprochen hätte oder nicht. Den Skandal konnte er sich nicht erlauben. Charles und Leo hatten diese Kopie bei Peter als eine Art Lebensversicherung hinterlegt, falls Paul sich auf keinen Deal einlassen oder ein krummes Spiel mit ihnen spielen würde. Die Originalaufnahme hatten sie bei Charles’ Mutter Margo Swann versteckt. Das war die zweite Lebensversicherung. Sie hatten es schon ziemlich gut durchdacht. Aber nicht gut genug. Und jetzt hörte ich, dass Margos Haus auf den Kopf gestellt wurde. Was meinen Sie, was man dort gesucht hat?«
    »Das Band?«
    Sie zuckte mit den Achseln. »Genau.«
    »Wozu?«
    Sie dachte nach. »Knacken Sie Lauren«, sagte sie. »So würde Peter es machen. Er arbeitete zwar nur für eine Provinzzeitung, aber er war wirklich ein genialer Journalist.«
    Es war eine Provokation. Ich ließ sie an mir vorüberziehen.
    »Weshalb Lauren?«
    »Lauren ist die Einzige, die die Wahrheit kennt. Wenn Laurens Zwillingstochter auf Christas Grundstück gefunden wurde, dann können Sie sich doch ausrechnen, was die da wollte.«
    »Und was?«
    »Erpressung«, sagte Paula Wenner. »Was sonst? Stellen Sie einfach mal die richtigen Fragen: Woher hatte sie die Adresse? Was wollte sie ausgerechnet von Christa? In einer Großstadt wie Hamburg mag es nichts bedeuten, wenn der inzwischen verstorbene Vater des stellvertretenden Bürgermeisters früher seine Tochter missbrauchte. Aber hier ist das anders. Hinner ist erledigt, wenn das rauskommt. Denken Sie mal drüber nach.«
    In einem hatte sie Recht, wie ich mir zähneknirschend eingestand: Ich hatte mich bislang zu wenig mit den Morden an den Zwillingsschwestern auseinandergesetzt.
    »Die armen Eltern dieser jungen Mädchen«, sagte sie auf einmal, und alles Märtyrerinnenhafte an ihr verschwand. Sie war in dem Moment nur eine zutiefst traurige Mutter, deren Tochter zu Koslowskis Opfern zählte. »Kinder zu verlieren, erst misshandelt und missbraucht, dann ermordet und weggeworfen wie Abfall. Das ist ein Marsch durch die Hölle und wieder zurück. Glauben Sie mir. Ich weiß, wovon ich rede.«
    Ihre Stimme war leise geworden, ihre Oberlippe zitterte, und einen Moment lang sah es so aus, als würde sie gleich weinen. Mir fehlten die richtigen Worte. Doch selbst wenn ich sie gefunden hätte, so hätte ich sie angesichts ihres Schmerzes wohl nicht ausgesprochen.
    »Man hört nie auf, die Toten zu lieben, nicht wahr? Sie wissen es doch auch«, fuhr sie fort und sah mir in die Augen. Ihr Schmerz wirkte wie gerade erst geboren, nicht wie über 20 Jahre alt. Ich fragte mich, ob sie den gleichen Schmerz in meinen Augen las.
    Ich nickte schließlich und sagte, was mir spontan einfiel. »Sie haben es niemals verwunden.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Niemals«, sagte sie und packte meinen Arm.
    »Niemals«, wiederholte ich leise, und dann gab sie meinen Arm frei, reichte mir die Hand und sah mich an mit etwas, das Mitgefühl sein mochte.
    »Wissen Sie, es würde mich nicht wundern, wenn Ihr Bruder Charles gar nicht getötet hat. Haben Sie schon mal darüber nachgedacht? Paul

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