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Brücke der brennenden Blumen

Brücke der brennenden Blumen

Titel: Brücke der brennenden Blumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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Bestars, konnte auch hier nicht ausgeschlossen werden, daß die
»armen, armen Kaninchen«, wie der Spaziergänger sie genannt hatte, nur ein Raum
waren, der zu einem anderen Raum führte, der allen Blicken sonst für immer
verborgen geblieben wäre.
    Bereits am späten Vormittag begann es zu regnen, und
tatsächlich veränderte der Thost sein Gesicht. Der Boden war so staubtrocken
und ausgedörrt, daß der Regen kaum Gelegenheit zum Einsickern fand. Statt
dessen begann er zu fließen, aus den höheren in die tieferen Lagen. Talmulden
schwappten innerhalb einer Drittelstunde knöchelhoch voll Wasser, während die
Hänge trügerisch wurden unter dem andauernden Strömen von Flüssigkeit. Bäche
bildeten sich, wo vorher keine gewesen waren. Tiere, die eigentlich nur ihre
Ruhe suchten, gerieten in panische Bewegung. Der Regen klatschte von oben durch
die Blätter wie fallende Sterne und nahm an Dichte immer mehr zu.
    Tjarka, Eljazokad und Bestar stellten sich in der Rindenhülle eines
vom Blitz aufgerissenen Baumriesen unter, während wenige Fingerbreit vor ihnen
ein Wasservorhang über den Öffnungsrand troff.
    Â»Ist das hier immer so heftig?« fragte Eljazokad.
    Das Mädchen schüttelte den Kopf. »Es hat drei Wochen lang nicht
geregnet. Der Sommer wollte und wollte schon den ganzen Rauchmond über seinen
Griff im Thost nicht lockern. Aber nun ist der Herbst endlich gekommen. Die
Bäume seufzen erleichtert auf und können sich wieder satt trinken. Rasend
schnell werden sich die Blätter nun verfärben und zu Boden fallen. Ab morgen
wird es auch deutlich kühler sein.«
    Â»Hm. Tiere, die in Erdlöchern leben – ertrinken die jetzt nicht
alle?«
    Â»Nein. Aus den meisten Bauten fließt das Wasser ab, genauso wie es
hineinfließt. Außerdem bleibt das Wasser nirgends lange stehen. Es bleibt in
Bewegung, bis es in einen Bach findet oder über die Osthänge ins Meer.«
    Â»Der ungewöhnlich lange Sommer«, hakte Bestar nach. »Hat der den
kleinen Tieren zu schaffen gemacht?«
    Â»Mit Sicherheit, aber es war kein Dürresommer. So einen hatten wir
vor acht Jahren zuletzt. Damals sind viele Tiere gestorben. Aber ich glaube
nicht, daß die Kaninchen, wie ihr jetzt vermutet, Opfer der Witterung wurden.«
    Â»Was wird aus den Spuren?« fragte Eljazokad nach einer Weile. »Wie
willst du dem Rothaarigen jetzt noch folgen können?«
    Â»Genauso wie vorher. Ich bin keine Hündin, die einem Geruch folgt,
der vom Regen weggewaschen wird. Ich bin auch keine Fährtenleserin, die Spuren
im Waldstaub folgt, die nun verwirbelt sind. Ich folge jemandem, indem ich
dorthin gehe, wohin auch er gegangen ist. So habe ich auch den Spaziergänger
gefunden.«
    Â»Das verstehe ich nicht«, gab Eljazokad ehrlich zu.
    Â»Das brauchst du auch nicht. Bezahl mich, der Rest ist meine Sorge.«
    Â»Nein, ich möchte das gerne verstehen. Ist das eine Art von …
Magie?«
    Â»Quatsch. Es ist doch eigentlich ganz einfach. Wenn du rechts oder
links zur Auswahl hast, und rechts ist eine verschlossene Tür, dann gehst du
nach links. Also folge ich dir nach links.«
    Â»Ja – wenn es nach rechts nicht weitergeht. Aber wenn es wie in
einem Wald tausend Richtungen gibt, in die man gehen kann?«
    Â»Auch dann entscheidest du dich für die einfachste. Besonders dann,
wenn du mit der Gegend nicht allzugut vertraut bist.«
    Â»Aber was ist, wenn der Mann, den du suchst, wahnsinnig ist? Oder
etwas ganz Bestimmtes sucht, wovon du nichts weißt? Dann streunt er doch nicht
einfach so ziellos herum und nimmt den Weg des geringsten Widerstandes, sondern
er wird auch einen Fluß überqueren, wenn er das muß.«
    Â»Ja. Und trotzdem werde ich an der Stelle, wo er den Fluß überquert
hat, sehen, daß er den Fluß überquert hat.« Tjarka wand sich. Sie schien
überhaupt keine Lust zu haben, sich so lang und breit erklären zu müssen. »Das
ist keine Hexerei«, fügte sie noch hinzu, weil Eljazokad einfach nicht damit
aufhörte, ihr forschend in die Augen zu sehen. »Das ist einfach nur
Übungssache. Ich muß vor Ort sein, dann kann ich den Weg von jemandem …
nachvollziehen.«
    Â»Klappt das nur mit Menschen oder auch mit Tieren?« fragte Bestar.
    Â»Manchmal auch mit Tieren. Aber Menschen sind einfacher zu
durchschauen.«
    Bestar brummte. »Ich dachte

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