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Brücke der brennenden Blumen

Brücke der brennenden Blumen

Titel: Brücke der brennenden Blumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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Späne. Wer Großes im Sinn hat, darf sich von der einen oder anderen
Unannehmlichkeit nicht schrecken lassen.«
    Bestar begann an den Schlaufen zu rütteln wie ein gefangenes Tier.
Die Halsschlaufe schnürte ihm schier die Kehle zu, dennoch spieh er
Verwünschungen und Flüche in Richtung der beiden Männer, bis Tellures ihm den
feuchten Lappen als Knebel in den Mund steckte und mit einem weiteren Lederband
fest verschnürte. Das ist Kaninchenleder , durchfuhr
es Eljazokad. Was uns hier festhält, sind die Häute von
Kaninchen.
    Â»Nun möchte ich kurz«, fuhr Siusan fort, »die Theorie erläutern, die
uns umtreibt. Es ist eine neue Situation für mich, mich meinen Versuchsobjekten
erklären zu können. Bei den Tieren war das ja bedauerlicherweise nicht möglich.
Aber sie sind uns ausgegangen, Forker Munsen hat all seine Fähigkeiten
aufgeboten, um sie uns bis zur Neige zuzuführen. Kaninchen sind ideal für
unseren Zweck, sehr schmerzempfindlich, aber im großen und ganzen wehrlos – und
auch stimmlos, was sich beim Arbeiten ja doch als sehr angenehm herausstellt.
Euer großer Freund demonstriert gerade sehr eindrücklich, weshalb Menschen nur
bedingt tauglich sind. Achtest du bitte auf seine Schlaufen, Tellures? Er scheint
ungewöhnlich kräftig zu sein und bringt es tatsächlich noch fertig, sich
loszureißen. Wir sollten in diesem Falle wohl besser mit Doppelschlaufen
arbeiten, oder sogar dreifachen. Danke, daß du dich darum kümmerst. Wo war ich
stehengeblieben? Ach ja: die Theorie. Wir wissen nun, haben es bereits im
Rahmen unseres Versuches bewiesen, daß die andere Welt existiert, jene Welt, in
die die Götter gegangen sind, nachdem sie vom Kontinent genug hatten. Diese
andere Welt ist viel reizvoller, viel wunderbarer, viel fantastischer als die
unsere. Wir haben bereits Einblicke erhalten können bis hin nach Destrisch, bis
über Ueschdreff hinaus. Wir wissen, daß die Grenze des Schmerzes einen
geeigneten Übergang darstellt, und wir sind nach nun mehrmondiger intensiver Forschung
kurz davor, auf dieser Grenze einen dauerhaften Übergang zu öffnen, der es uns
und allen Interessierten ermöglichen wird, in die Götterwelt überzusiedeln.
Dort gibt es noch so viel zu sehen, es muß roten Schnee dort geben und
dreifarbige Länder; Schlösser, hoch wie der Himmel, und Seen, meilentief und
klar wie Glas.«
    Â»Und Mammuts«, röchelte Eljazokad.
    Â»Wie bitte?«
    Â»Und Mammuts!« Das Sprechen mit zugeschnürtem Hals war eine Qual.
    Â»Und Mammuts – ja, warum nicht? Weißt du mehr darüber, mein Freund?
Er kann ja kaum sprechen, Tellures, komm, mach ihm mal den Hals ein wenig
weiter. Er wird schon nicht davonfliegen können, nur weil er besser atmen kann.
Du hast selbst gesagt, daß keiner von ihnen etwas Magisches hat, also kann er
auch keine gefahrvollen Sprüche aufsagen.«
    Widerwillig nestelte Tellures an Eljazokads Hals herum, bis der
Würgedruck erheblich nachließ. Eljazokad nutzte die neugewonnene Kopffreiheit,
um sich nach seinen Gefährten umzusehen. Sie schienen unverletzt. Bestar wütete
in seinen Fesseln, Tjarka weinte leise vor sich hin. Sie hatte von ihnen allen
am meisten zu befürchten, besonders durch den anzüglich grinsenden Tellures,
falls Siusan ein Mittagsschläfchen hielt. »Fürchte dich nicht, es wird alles
gut«, gurgelte Eljazokad zu ihr hinüber, bis Tellures grob seinen Kopf
zurückbog in Richtung Siusan und dabei schnauzte: »Hier spielt die Musik,
Schwächling. Hier vorne!«
    Eljazokad schluckte und mühte sich weiterzusprechen. »Ich habe
Schnee gesehen. Schnee und blauhaarige Männer, die Mammuts jagten.«
    Â»Ja«, nickte Siusan eifrig. »Sehr viele haben dergleichen schon
gesehen. In Träumen, beim Sterben, während sehr starker Schmerzen. Wenn sie
doch nur alle ihre Beobachtungen miteinander abgleichen könnten, dann wären wir
wahrscheinlich schon längst im Besitz einer detaillierten Karte von den
jenseitigen Provinzen. Das ist nicht einfach nur ein Traumland oder ein Land,
in das man kommt, nachdem man gestorben ist. Es ist eine vollwertige Welt, sie
existiert jetzt, gleichzeitig und gleichberechtigt mit der unsrigen. Wir können
sie nur nicht sehen und betreten. Sie wird uns vorenthalten von den Göttern.
Doch weshalb sollen wir dies akzeptieren? Haben wir denn nicht Verstand

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