Brücke der brennenden Blumen
Baum
hängen wie ein Tannenzapfen.«
»Das habe ich tatsächlich schon in Gedanken durchgespielt und als
letztes in mein Tagebuch geschrieben«, lächelte Eljazokad. »Du hast recht: Es
ist sehr, sehr wichtig, daà du dabei bist. Tjarka kann â fürchte ich â vor
lauter Thostverbundenheit den Wald nicht objektiv betrachten, und mir macht
meine verlorene Magie zu schaffen und will die Leere mit etwas auffüllen, das
Wahnsinn nicht unähnlich ist. Du muÃt uns beide sicher hier durchgeleiten, mein
Freund.«
»Ich werde mein Bestes geben. Was ist nun los mit deinem Bein?«
»Was immer das war, es ist vorüber. LaÃt uns weitergehen.«
»Einfach weitergehen?«
»Ja.«
»Verlorene Magie?« fragte Tjarka, nachdem sie zweihundert Schritte
weitergekommen waren.
Eljazokad seufzte. »Ich war einmal ein Magier. Das ist noch gar
nicht so lange her. Noch nicht zwei volle Monde. Aber zwei Monde sind eine
Unendlichkeit â wenn man vorher immer Licht hatte und sich nun durchs Dunkel
tasten muÃ.«
Sie unterlieà es, weitere Fragen zu stellen.
Behutsam bewegten sie sich voran.
Nach einer halben Stunde etwa flüsterte Tjarka: »Das hier ist
Fenchels Gebet.«
Der Thost sah hier nicht anders aus als anderswo auch. Moosig, mit
Efeupflanzen behängt wie mit Schmuck. Alt. Die Bäume erinnerten Bestar an die Riesen
aus dem Wildbart. An ihre Bärte und die knarrenden Stimmen.
»Warum heiÃt es hier Fenchels Gebet?« fragte er.
»Ein Händler namens Fenchel wurde hier vor Hunderten von Jahren von
Banditen eingekreist«, erläuterte Tjarka. »Er betete zu den Göttern. Die Götter
erhörten sein Gebet und lieÃen eine groÃe Falltürspinne aus dem Boden schlüpfen
und die Banditen verschlingen. Die Spinne war anschlieÃend so satt, daà sie den
Händler Fenchel verschonte. Fenchel entkam und gründete ein Kloster in Anfest,
das aber schon nicht mehr steht.«
»Es steht nicht gut um Klöster, Tempel und Kapellen«, sagte
Eljazokad nachdenklich.
»Ja.« Tjarka verzog das Gesicht. »Seit man sagt, daà die Götter uns
verlassen haben, spendet kaum noch jemand Geld für den Glauben.«
Mit geschlossenen Augen blieb Eljazokad stehen. Fenchels Gebet drang
in ihn ein mit seinem Moosgeruch, der matten Feuchtigkeit der letzten Tage und
der Stille, die das Leben aus- und sie hier drinnen einsperrte. Er konnte sie
plötzlich spüren, die Einsamkeit der Menschheit. Traurige Waisenkinder, die
miteinander rangen um die letzten Brosamen, die die fortgegangenen Eltern ihnen
hinterlassen hatten. Kinder des Kontinents, die sich Königin nennen mochten,
Gelehrter, Priester, Affenmensch, Spinnenmensch oder auch Magier und die doch
alle nachts in Klage heulten unter einem kalten, fernen Mond.
Dasco stahl sich in seine Gedanken, die schöne, zwischen Neid und
Stolz zerrissene Bestie, die teilhaben wollte am Geschenk der Liebe und nichts
als Tauschgut anzubieten hatte auÃer der Begabung zur Magie. Magie, die
flüchtig war wie Liebe, die flüchtig war wie alles, was die Menschen jemals in
Händen gehalten hatten in dem Irrglauben, es gehöre ihnen.
Eljazokad spürte, wie ihm Tränen in die geschlossenen Augen
schossen. Er wollte sie zurückhalten, sich nicht blamieren vor Bestar und
Tjarka, doch alles, was dabei herauskam, war ein Schluchzen und ein Weinkrampf,
der ihn regelrecht in die Knie zwang.
»Eljaz!« Bestar war sofort neben ihm und stützte ihn an den
Schultern. »Mit dir stimmt doch etwas nicht! Sag schon, was ist los?«
»Ich â¦Â«, schluchzte Eljazokad und weinte gegen Bestars
Segmentrüstung, »ich ⦠ich vermisse meine Magie so sehr. So sehr!«
»Das kann sich niemand von uns vorstellen«, sagte Bestar milde und
drückte Eljazokad an sich. Vorhin hatte Eljazokad ihn »mein Freund« genannt.
Selbst Migal, selbst Rodraeg hatte das noch nie getan. »Aber sie wird doch
wiederkommen, deine Magie. Die Riesen haben es versprochen. Du brauchst nur
Geduld zu haben. Das ist genau wie mit Rodraeg, der kommt ja auch wieder auf
die Beine.«
»Aber das Mammut ⦠ist zum Scheitern
verdammt. Wir sind zu spät gekommen. Man hätte uns vor hundert Jahren gründen
müssen, besser noch vor tausend. Die Götter sind fort.«
»Und wenn schon. Dann müssen wir eben selbst alles richten.
Vielleicht ist das ja sogar das,
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