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Brückenschläge: Zwei Generationen, eine Leidenschaft (German Edition)

Brückenschläge: Zwei Generationen, eine Leidenschaft (German Edition)

Titel: Brückenschläge: Zwei Generationen, eine Leidenschaft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Lindner , Hans-Dietrich Genscher
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noch Bundestagsabgeordneter war.
    LINDNER
    Vielleicht erinnern Sie sich noch, im Frühjahr 1998 wollten Studierende die FDP übernehmen – das »Projekt Absolute Mehrheit«. Für die einen war das sicher nur ein Happening, die anderen wollten wirklich etwas verändern. Das wurde teilweise in der Partei äußerst kritisch gesehen. Seinerzeit hieß es, wir dürften uns nicht majorisieren lassen. Ich fand das bemerkenswert: Da wünschten viele junge Menschen zur FDP zu kommen, sie wollten sich für Bildungspolitik einsetzen und verkündeten, »wir machen die FDP zu unserer Partei«, bei uns aber setzte eine Abschottungsbewegung gegen diese Basisinitiative ein. Sicherlich waren darunter auch Störer, Protestler und Irrläufer – aber doch nicht alle. So dachte ich zumindest. Als 19 -Jähriger hielt ich nun auf dem Landesparteitag meine erste Rede und argumentierte: Wenn die versuchen, die FDP zu übernehmen und uns umdrehen wollen – warum machen wir es nicht umgekehrt? Wenn junge Menschen zu uns drängen, weil sie etwas in der Bildungspolitik erreichen wollen, warum überzeugen wir sie nicht vom Liberalismus und nutzen dieses Potenzial? Später an diesem Tag habe ich dann beschlossen, für den Landesvorstand zu kandidieren, spontan und ohne die sonst üblichen Absprachen. Das war erfolgreich, wenn auch nur knapp. Ab diesem Moment war ich drin und wollte mehr, wollte dann auch für die Landtagswahl 2000 kandidieren. Ich hatte Gegenkandidaten im Kreis, im Bezirk, im Landesvorstand, aber ich habe mir auf dem Landesparteitag Listenplatz  19 erkämpft, auch wenn von dem niemand glaubte, dass er tatsächlich ins Parlament führen würde. Wir standen in den Umfragen bei vier Prozent. Am Wahltag, dem 14 . Mai 2000 , haben wir dann 9 , 8  Prozent erreicht, und ich war plötzlich Landtagsabgeordneter.
    GENSCHER
    Ich erinnere mich an diesen Wahlkampf. Der Erfolg im Mai 2000 war ein Wendepunkt für die FDP , die nach dem Ausscheiden aus der Bundesregierung 1998 noch nicht recht Tritt gefasst hatte.
    LINDNER
    Ja, in Nordrhein-Westfalen gab es eine rot-grüne Streitkoalition, unter der Ministerpräsident Wolfgang Clement zu leiden hatte. Die Union war durch ihre Spendenaffäre geschwächt. Unser Spitzenkandidat Jürgen Möllemann hat das geschickt genutzt, indem er die FDP unabhängig als Gegenpol zu den Grünen positioniert hat. Wir waren in der außerparlamentarischen Opposition, aber er hat mit einem leichteren, humorvollen Zugang zu politischen Fragen die Aufmerksamkeit der Menschen und Medien gewinnen können. Dieses »Projekt  8 « war der Vorläufer des späteren »Projekt  18 « der Bundespartei. Das bewerte ich im nachhinein allerdings kritisch, denn es ließ den Eindruck zu, es gehe der FDP nur um sich selbst und ihr eigenes Wachstum als Partei – und nicht um das Land. Damit wich die FDP von ihrer Tradition als staatstragende Partei und als selbständige, ernsthafte Alternative zu den Volksparteien ab.
    GENSCHER
    Richtig, aber das haben damals in der Situation nur wenige gesehen. So etwas entwickelt eine Eigendynamik. Aber für Sie als neuer Abgeordneter in einer völlig neuen Fraktion, wie fühlte sich dieser Schritt in die Berufspolitik an?
    LINDNER
    Ich war recht nassforsch, wie ich in der Retrospektive einräume. Ich dachte, die in der Fraktion hätten alle auf mich gewartet. Ich wollte Hochschulpolitik machen, schließlich war ich Student und fand, dass ich meine praktischen Eindrücke der Situation an den Universitäten gut in den zuständigen Landtagsausschuss einbringen könnte. Also habe ich mich um diese Aufgabe in der Fraktion beworben. Und dann rief mich Möllemann an dem Tag, an dem die Sprecher gewählt wurden, morgens um 6 . 30  Uhr an. Dazu muss man wissen, Möllemann arbeitete morgens zwischen 6 . 30  Uhr und 9 . 00  Uhr seine Telefonliste ab, je später man angerufen wurde, desto höher stand man in seiner Gunst. Mich rief er wie gesagt um 6 . 30  Uhr an. »Lindner, ich habe gehört, Sie wollen sich mit den Universitäten beschäftigen.«
    »Jawohl, Herr Möllemann.«
    »Als jüngster Landtagsabgeordneter stehen Sie, Bambi, biographisch aber eigentlich nicht den Hochschulen nahe, sondern eher den Kindergärten …«
    GENSCHER
    (
lacht
) … immerhin ein Thema mit mindestens genauso viel Zukunft!
    LINDNER
    Damals hatte Gerhard Schröder gerade erklärt, Familienpolitik sei »Gedöns«. So war auch mein anfängliches Gefühl. Aber ich habe mir dann gedacht, jetzt machst du das Beste

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