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Brückenschläge: Zwei Generationen, eine Leidenschaft (German Edition)

Brückenschläge: Zwei Generationen, eine Leidenschaft (German Edition)

Titel: Brückenschläge: Zwei Generationen, eine Leidenschaft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Lindner , Hans-Dietrich Genscher
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der Schlussphase des Bundestagswahlkampfs 2002 . Ich erinnere mich an die Abschlussveranstaltung in Bonn. Möllemann wollte kommen. Es war der Donnerstag vor der Wahl. Das waren also die letzten Fernsehbilder, es wäre der Eindruck entstanden, dass seine Positionen nun zum neuen Kurs der FDP avanciert wären. Also ist er ausgeladen worden. Wir hörten, wenn er dennoch teilnehmen wolle, verlassen Lambsdorff, Genscher und Westerwelle den Saal. Und dann fuhr er vor – ich habe das beobachtet –, ist ausgestiegen, hat noch mit ein paar Kamerateams vor der Halle gesprochen und ist wieder ins Auto gestiegen und abgefahren. Er hatte es bis zu seinem Eintreffen offenbar nicht für möglich gehalten, dass Sie ernst machen.
    GENSCHER
    Um es genau zu sagen: Weil ich nicht sicher war, ob alle rausgehen würden, hatte ich zu einem Gespräch in mein persönliches Büro eingeladen, nur ein paar hundert Meter von der Stadthalle entfernt. Dort waren wir versammelt. Wir wurden angerufen, und uns wurde gesagt, Möllemann sei eingetroffen, und dann haben sie ihm angekündigt, »die drei kommen nur, wenn Sie nicht erscheinen«. Daraufhin ist er abgefahren. Das war der Schnitt. Glauben Sie mir, mir ist das alles menschlich wirklich sehr, sehr schwergefallen – ich war später auch der einzige bekanntere Repräsentant der Partei, der an der Trauerfeier teilnahm. Da war ich ihm wieder ganz nahe.
    LINDNER
    Am Montag nach der Bundestagswahl hat Andreas Pinkwart, damals stellvertretender Landesvorsitzender, erklärt, dass er die Ablösung von Jürgen Möllemann bei einem außerordentlichen Landesparteitag anstrebe. An dem Abend habe ich nach der Sitzung Pinkwart in einem Telefonat versichert, dass ich ihn unterstützen würde. Das war nicht trivial, denn Möllemann konnte und wollte kämpfen. Ich erinnere mich an ein distanzierendes Interview, das ich meiner Lokalzeitung irgendwann in dieser Zeit gegeben habe. Das erschien an einem Dienstag. Als ich mich in der Fraktionssitzung am Dienstagvormittag dann zu Wort gemeldet habe, hatte Möllemann dieses Interview schon vorliegen, zog es aus seiner Vorlagemappe, hat es vor versammelter Mannschaft süffisant vorgelesen und mir kräftig eins übergebraten. Allerdings hat er am Ende die Entschlossenheit in der Landespartei, sich nicht für seinen Kurs instrumentalisieren zu lassen, unterschätzt.
    GENSCHER
    Das hatte viel mit dem Einsatz von Andreas Pinkwart zu tun, der die nordrhein-westfälische FDP mit seiner integeren Art wieder zu einem akzeptierten Gesprächspartner gemacht hat.
    LINDNER
    Pinkwart ist sicher eine besondere Persönlichkeit. Das zeigt ja auch die Tatsache, dass er nach dem Ausscheiden aus dem Regierungsamt in Nordrhein-Westfalen heute sehr erfolgreich als Rektor der Handelshochschule Leipzig ist. Ich habe Andreas Pinkwart viel zu verdanken. Damit meine ich nicht nur, dass er mich Ende 2004 als sehr jungen Abgeordneten zum Generalsekretär einer Regierungspartei auf Landesebene berufen hat. Seine grundsätzliche Herangehensweise an Probleme, die unideologische Betrachtung von Lösungsmöglichkeiten, Härte in der fachlichen Auseinandersetzung, aber ein persönlich fairer Umgang mit politischen Wettbewerbern – damit hat er schon meine Denk- und Arbeitsweise beeinflusst. Mit ihm waren es fünf bewegende, herausfordernde Jahre, mitunter auch schwierige. Ich erinnere mich daran, wie wir gemeinsam vorgeschlagen haben, die Schulstruktur in Nordrhein-Westfalen auf dem Gymnasium und einer zweiten, praxisorientierten Säule aufzubauen – zum Entsetzen des Koalitionspartners CDU , der an der Hauptschule auf Biegen und Brechen festhalten wollte, und angesichts auch großer Skepsis in unseren eigenen Reihen. Da folgten schwierige Monate der internen Beratung …
    Im Landtag war ich hochschulpolitischer Sprecher unserer Fraktion – am Ende habe ich also dieses Feld doch bekommen, mit dem ich eigentlich starten wollte. Ein zentrales Vorhaben war unser Hochschulfreiheitsgesetz. Vorher waren die Hochschulen quasi nachgeordnete Behörden des Landes, wir haben die Hochschulautonomie gestärkt und sie in die Hände der Gesellschaft gegeben – und einen enormen Schub an Motivation, Kreativität und Öffnung in das regionale Umfeld erreicht. Also: Das waren tolle fünf Jahre, in denen ich viel lernen und mitgestalten konnte.

»Generalsekretär – traust du dir das zu?«
    GENSCHER
    Hat Ihnen diese Erfahrung geholfen, als Sie dann 2009 Bundesgeneralsekretär wurden?
    LINDNER
    Ich hatte

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