Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brüder und Schwestern

Brüder und Schwestern

Titel: Brüder und Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Meinhardt
Vom Netzwerk:
Ladens runterziehen. Verdiente Leute, heißt es. Das ganze Land ist voll von solchen Leuten. DDR, Das Dickste Ruhekissen. Aber nicht bei mir, Leo, nicht bei mir! Ich kann niemanden durchschleppen, denn so dumm ist das Publikum nicht, daß es nicht merkt, wenn jemand abfällt. Bringt’s jemand nicht mehr – weg mit ihm, das ist auch bei den Freunden so, die sind da knallhart, und vollkommen zu Recht, sieh dir deren Qualität an. Gegen die Freunde bin ich ein Waisenknabe. Jawohl, viel zu lange habe ich zugesehen, wie Marty mir das ganze Programm vermasselt. Und warum habe ich zugesehen? Aus rein sentimentalen Gefühlen. Soll ich dir was verraten, Leo? Manchmal möchte ich auf Theuerkaufs Stuhl sitzen, aus einem einzigen Grund: Weil ich dann meinen sentimentalen Gefühlen freien Lauf lassen könnte. Ich wäre der gute, fürsorgliche Onkel. Ich müßte nicht der Dreckskerl sein, als der ich jetzt wieder mal gelte. Denkst du vielleicht, es hätte mir eben Spaß gemacht, Marty rauszuschmeißen? Es hat mir sogar weh getan, auch wenn mir’s keiner glaubt. Ich kann das doch nicht zeigen. Du verstehst mich, du darfst deinen Viechern auch nicht zeigen, wenn du mal schwach bist, Leo. Weil sie dich sonst gleich zerfleischen würden.«
    »Würden, haha, würden!«
    »Jedenfalls, mich töten doch die eigenen Leute, sobald sie sehen, ich bin verwundbar. Faulpelze! Tötung durch nicht mehr erbrachte Leistung. Langsames, qualvolles Dahinsiechen unter den gleichmütigen Blicken der bummeligen Mörder. Aber ich werde nicht sterben! Es haben die Bonzen Richard Devantier nicht zur Strecke gebracht, da werden die Mitarbeiter es erst recht nicht schaffen. Übrigens – jetzt weiß du auch, weshalb ich die kleine niedliche Versammlung so kurz vor der Abendvorstellung abgehalten und warum ich Marty nicht vorher beiseite genommen habe. Das hätte sich gehört, nicht wahr? Na klar hätte es sich gehört, ihn wenigstens vorher zu informieren. Aber ich wäre vielleicht weich geworden und hätte vielleicht versäumt, die Sache auch tatsächlich durchzuziehen. So war ich nicht allein mit Marty, und es herrschte Zeitdruck. Nur unter diesen Voraussetzungen ging es. Und noch etwas kam hinzu, Leo. Es ist sogar das Wichtigste: Ich durfte – und darf – der kleinen Werchow keine Möglichkeit geben, länger darüber nachzudenken, was ihr gleich bevorsteht. Sie ist ja noch so unbedarft, und genau das ist ihr Vorteil.«
    »Vorteil? Richard, dein Schützling hat ungefähr so viele Vorteile, wie ich heile Knochen habe, Vorteile gegenüber Marty, meine ich. Du willst mehr Leistung, als er noch bringt – und ersetzt ihn ausgerechnet durch Britta Werchow! Tut mir leid, ich versteh’s nicht. Aber bitte, vielleicht bin ich gerade zu abgenagt, um es zu verstehen.«
    »Meine ganze Rede läuft nur darauf hinaus, es dir verständlich zu machen. Richtig, ich will unbedingt wieder mehr Leistung, und auch richtig, was die reine Jonglage betrifft, kann Britta die nicht bringen. Ich sage sogar, sie wird niemals so gut werden, wie Marty einst war, und zwar bei weitem nicht. Ich betone noch einmal: was die reine Jonglage betrifft. Aber Leo, sie könnte das kompensieren, zumindest für den Rest dieser vermaledeiten Saison, und dann sehen wir weiter. Weil sie nämlich eine Ausstrahlung hat wie niemand hier. Es ist die entzückende, ich sage sogar, betörende Ausstrahlung derjenigen, die das meiste von sich noch nicht weiß. Hast du mal gesehen, wie sie ihre Haare zurückwirft? Die gewöhnlichen schönen Mädchen werfen ihre Haare zurück, weil sie wollen, daß man es bemerkt und bestaunt, nicht, weil sie ihnen im Gesicht liegen. Da man aber ihr Wollen bemerkt, kommt man nicht zum Staunen. Bei Britta ist es anders. Vollkommen einfach ist es. Die Haare liegen ihr im Gesicht, sie wirft sie zurück, man staunt. Alles sprudelt ihr so munter hervor und gerät dann ins Fließen. Ja, diese Verbindung von Natürlichkeit und Sinnlichkeit und Eleganz, die ist’s! … Ach, du Idiot, na grien du ruhig, freut mich doch, wenn du schon wieder grienen kannst, ich schwärme, na und? Trotzdem bin ich noch absolut zurechnungsfähig. Im Schwärmen tu ich nämlich doch auch kalkulieren und auf meine Erfahrung bauen, und was sagt die mir? Daß, wenn ich schon mal hin und weg bin, es das Publikum erst recht sein wird. Die Kleine soll sich nur ihre Natürlichkeit bewahren, bloß darauf müssen wir jetzt achten.«
    Plötzlich stand sie, wohl, um ihren Aufzug begutachten zu lassen, schon wieder

Weitere Kostenlose Bücher