Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brüder und Schwestern

Brüder und Schwestern

Titel: Brüder und Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Meinhardt
Vom Netzwerk:
funktioniern, praktisch jesehn? Willste mich bekochen, du mich? Da würdick mich aber bedanken. Nee, jeder soll ditt weitermachen, watter ordentlich kann – biste einverstanden?«
    Matti nickte, und Peter Schott schlug, wie um sich von seiner Position zu verabschieden, mit der flachen Hand auf das holzbeschlagene Steuerrad und gab es frei und trat beiseite und wurde dafür und für alles umarmt und beklopft.
    Er schickte sich wieder in seine ureigensten Aufgaben, Peter Schott, und zu denen gehörte, dem trägen Lehrling, den sie gerade hatten, Feuer unterm Arsch zu machen, noch immer mußte dem gesagt werden, daß er die Möwenscheiße, die es dauernd herunterregnete, wegzuschrubben hatte, ja es war, als begriffe der es nicht, darum erklärte Peter Schott ihm das Ganze jetzt mal wissenschaftlich: »Paß uff, mein Junge, ditt duldet deshalb kein weiteren Aufschub, weil dieser Kot ätzende Magensäure enthält, wodurch sozusagen in Windeseile unser Deck zerstört werden würde. Also musser weg, bevorer festpappen und seine Wirkung zu entfalten bejinn kann. Jut. Nunoch zu der Frage, warum die Säure in den Mägen von den Möwen unbedingt so ätzend sein muß, is dir diesbezüglich vielleicht eine Kausalität bekannt? … Is nich bekannt, ditt hattick mir schon jedacht. Ick sags dir: Damit die Möwe mit dieser ihrer Säure die Gräten von den Fischen ufflösen kann, diese verschluckt, die hat ja keene Zähne, die Möwe, deshalb kannse die janzen Fische nur janz verschlucken. Letztlich, und ditt is meiner Rede Sinn, Junge, muß unser Deck also ständig jeschrubbt werden, weil der Möwe die Zähne fehlen und nich, weil dich hier irgendwer schikanieren will, is ditt ein für allemal verstanden worden?«
    Nur der Ansatz eines Nickens.
    »Ob ditt verstanden worden is?«
    Ein »Ja« ertönte, Matti konnte es hören und mußte lächeln, Peter Schott stieg zu ihm ins Steuerhaus, und sie schwiegen eine Weile und fuhren, fuhren und schwiegen, bis Matti sagte: »Da schiebt einer aber ganz schön was vor sich her.«
    Und auch Peter bemerkte das ihnen unter der glatten Oberfläche entgegengedrückte Wasser, gewiß, ein noch nicht sichtbarer Kahn stampfte auf sie zu; wenn man Gespür besaß und Erfahrung, konnte man so ein Schiff fast eine halbe Stunde, bevor es sich blicken ließ, nur aufgrund jener Wasserschübe erahnen.
    »20 Minuten«, vermutete Peter Schott, und tatsächlich erschien das Schiff nach der vorausgesagten Zeit, eines mit zwei vollbeladenen Prahmen war das, ein weit über hundert Meter langes. Je mehr es sich näherte, um so stärker mußte Matti gegensteuern, damit sie nicht ans Ufer gedrängt wurden von dem Druck, den es vorausschickte; aber er wußte auch, daß sie gleich, und noch viel stärker, in die Kanalmitte gezogen werden würden, zu dem Schiff hin während jener vielleicht zwanzig Sekunden, in denen sie in geringster Entfernung einander passieren würden.
    »Der saugt uns vielleicht«, murmelte er, als es soweit war und er kräftig am Lenkrad drehen mußte, und Peter Schott bestätigte, »und wie der uns saugt«.
    Und dann gab der Koloß sie wieder frei, und Matti steuerte ein drittes Mal gegen den Sog, er hatte den Bogen raus und sagte: »Jetzt schmeißt er uns ab.«
    Sie schipperten noch zwei oder drei Stunden, dann kam das Schiffshebewerk in Sicht, sie machten unweit des Riesentroges am Ufer fest und mußten dort warten, weil noch Kähne vor ihnen waren. Peter der Erzieher nutzte die Zeit für eine kleine Maßnahme. Er wies den Lehrling an, sich aufs Fahrrad mit dem Anhänger zu setzen, das sie mit sich führten, und in Niederfinow eine Kiste Bier zu kaufen, für abends sei die, für nach dem Dienst.
    Der Lehrling radelte los; und Matti erschien dieser Dienst, dieser ganze Alltag längst seltsam, gerade weil er so normal verlief, weil hier alles noch so war wie immer, aber was sollte denn hier auch anders sein?
    Ein fernes, an Schneeschlittenglöckchen erinnerndes Bimmeln kündigte die Rückkehr des Lehrlings an. Es wuchs sich zu einem wahren Scheppern aus, und Peter Schott machte die Leinen los, und Matti startete den Motor und steuerte auf den Trog zu, sie ließen sich, Tropfenstrippen nach unten werfend, bis rauf an die Kante des Kanals heben, der ihnen entgegenflutete, sie begannen, ihn mit dem Bug zu teilen, und dann spannte sich das Wasserband wieder so gerade vor ihnen, daß Matti bald schon die unscheinbaren Kilometersteine als Abwechslung empfand, km 74 las er, und 73, und 72, er besah sich,

Weitere Kostenlose Bücher