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Brüder und Schwestern

Brüder und Schwestern

Titel: Brüder und Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Meinhardt
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mir in Anspruch nahmen, nun, würden Sie sich denn bereitfinden, mir zu treuen Händen und zu ausschließlich wissenschaftlichen Zwecken die Formel zu überlassen, auf der«, Birnesser schwenkte durchaus pathetisch den Arm, »dieses hier basiert?«
    Da fiel Heiner Jagielka in ein so dröhnendes Lachen, daß die Nelken erzitterten, und er konnte gar nicht mehr aufhören zu lachen, so wie die Nelken nun gar nicht mehr aufhören konnten zu zittern, und als er es doch konnte, mußte er sich mit den Händen auf seine Oberschenkel stützen und japsend verschnaufen, und kaum, daß er mühsam sich wieder aufrichten und zu einer Antwort ansetzen konnte, wurde er von einem neuen gewaltigen Lachanfall geschüttelt: »Natür … hihihi … natür … uahh … lich … nicht … hahaha … Heheherr Pro … hu … Professor … eieieihihihuhu.«
    *
    Dorle Perl, die in Willys Vorzimmer saß, nutzte weder ein süßliches noch irgendein anderes Eau, jedenfalls schien das Willy so. Sie duftete, auf durchaus angenehme Weise, nur nach sich. Früher einmal war sie Wasserspringerin in einem Leistungssportclub gewesen, weshalb Willy seiner Frau gegenüber die Vermutung äußerte, die gute Dorle sei damals so oft ins Wasser gehüpft, da werde sie jetzt, ohne noch groß was dafür tun zu müssen, wohl rein und sauber bis an ihr Lebensende bleiben. Daß er Ruth damit durch die Blume zu verstehen gab, seine Sekretärin sei eine von der klinisch aparten, also uninteressanten Art, war von ihm durchaus beabsichtigt. Er erwähnte ja auch des öfteren Dorles unschön chlorgebleichten, fast schon tangig grün schimmernden Haare, er wollte Ruth keinen Anlaß zur Eifersucht geben, die bei ihr leider immer wieder aufblitzte.
    »Zeiller hat angerufen.«
    Mehr mußte Dorle Perl bei Willys Eintreten, das genaugenommen ein Hereinstürmen war, nicht sagen. Sie wählte schon Zeillers Nummer in Berlin. Wenn der etwas wollte, rief man besser sofort zurück.
    Siegfried Zeiller war der Leiter der Parteiverlagsverwaltung, ein robuster Mann mit derber Sprache, die wahrlich nicht jedem behagte. Willy schon. Bei Zeiller wußte er wenigstens immer, woran er war. Außerdem fand er dessen Virilität erstaunlich und die Schamlosigkeit, mit der er sie auslebte; unvergessen war ihm, Willy, eine schon Jahre zurückliegende Schulung in Ahlbeck. Februar war es gewesen, am Strand hatten zersplitterte Waffeln dünnen Eises gelegen, und Zeiller verblüffte alle damit, daß er nach dem Genuß von sechs Bier und ebenso vielen Korn im Seebrückenrestaurant ins Freie lief – aber nicht etwa, um von der Brücke ins Meer zu pinkeln, wie es mancher Gast in ähnlichem Zustand gern tat, sondern, um sich seiner Sachen zu entledigen und, wie ein Affe sich an die Brust schlagend, in die Tiefe zu springen. Worauf den an die reifweiße Brüstung geeilten Damen wahre Schreckensschreie entfuhren. Denen eine der Ladies wenig später ganz andere Schreie folgen lassen sollte. Zeiller nämlich hatte nach dem Verlassen des Wassers darauf verzichtet, sich wieder anzukleiden, war jener Dame nahe getreten und hatte ihr, es pfiff ein starker Wind, mit Flüstern wäre da nichts zu machen gewesen, ins Ohr geschrien, »los, komm ficken«, ein Begehren, welches er dadurch untermauerte, daß er ihren Mantel aufknöpfte, mit dem Stoff sein schon halb aufgerichtetes Glied trockenrieb und diesem so erst recht zu imposanter Gestalt verhalf. »Huch«, rief die Dame, »der steht ja wie ein Leuchtturm«, und wer weiß schon, ob sie, stellvertretende Leiterin des Verlages »terra humanitas«, wirklich begierig war auf jenes in die Nacht ragende Mordsstück Zeillers, oder ob sie sich in Wahrheit etwas ganz anderes von dem so und so mächtigen Mann wünschte, etwa ein erhöhtes Druckkontingent fürs kommende Quartal. Jedenfalls stürmten die beiden umgehend von der Brücke, ins Parteiverlagsverwaltungsheim hinein.
    Jetzt rief dieser Zeiller ins Telefon: »Obacht, Tim Duhr schlägt gleich bei dir auf, du weißt schon, der von ›Tina und Tim‹. Er hat sich beim ZK die sofortige Druckgenehmigung für einen Bildband besorgt, der Wichser. Ich kann’s nicht ändern, Willy, du mußt das Ding in den Plan nehmen, und zwar sofort …«
    … Siggi …«
    »Diskussion zwecklos.«
    »Meine Maschinen laufen rund um die Uhr, wo soll ich es reinnehmen? Wo?«
    »Schmeiß was anderes raus!«
    »Sechs Millionen Schulbücher für die Freunde, davon sind erst anderthalb Millionen gedruckt. Und wir haben schon Mitte November! Die

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