Brüder und Schwestern
blockieren mir alles. Ja, wenn ich die schieben …«
»Das habe ich nicht gehört. Das hast du nie gesagt.«
»Dann sag mir …«
»Ich sag dir, du sollst dir was einfallen lassen, und basta! Ich bin nicht in der Stimmung, mit dir endlos über solchen Pipifax zu diskutieren. Kannst du dir vielleicht vorstellen, was hier seit ein paar Tagen los ist? Hier springen alle im Karree, alle!«
Willy ahnte, was Zeiller meinte, war sich aber nicht sicher. Manche Ereignisse, die in Berlin für Wirbel sorgten, rauschten an ihm in der Provinz glatt vorbei. »Die Ausbürgerung?« fragte er vorsichtshalber.
Aber Zeiller hatte schon aufgelegt.
Keine Viertelstunde später stand Tim Duhr, Teil des auf knallige Schlager spezialisierten Duos »Tina und Tim«, in Willys Tür. Er trug ein weißes, kreppig wirkendes Hemd. Als Manschettenknöpfe dienten ihm mit roter Farbe bemalte Gitarrenwirbel. Um den Hals hatte er einen violetten Schal geschlungen. Seine Füße steckten in dunkelgelben Cowboystiefeln. Kurzum, er wirkte wie eine Kreuzung aus Zuhälter und Papagei. Mit der einen Hand hatte er Dorle Perls Schulter umfaßt, in der anderen hielt er eine Urkunde mit rundem Stempel, die Druckgenehmigung, wie Willy sofort erkannte. Tim Duhr streckte nun beide Arme vor und rief: »Lieber Herr Werchow, Verehrtester, es freut mich außerordentlich, Ihre Bekanntschaft zu machen!«
»Ebenso«, sagte Willy verhalten. Er mochte die Stimmungslieder von »Tina und Tim«, zumindest dann, wenn er schon in Stimmung war. Eines, es hieß Waschmaschine , konnte er sogar auswendig:
Tim: Die Tine fuhr aufs Land.
Tina: Der Tim war auch dabei.
Tim: Wir gingen Hand in Hand
Tina: und fühlten uns so frei.
Tim: Sie schaute in die Lüfte.
Tina: Die Lüfte warn so blau!
Tim: Doch als ich sie dann küßte,
Tina: gabs plötzlich nen Radau.
Tim: Und mein schönes Mädchen …
Tina: Ich kam doch aus dem Städtchen!
Tim: na wenn schon fiel das Mädchen …
Tina: Ich geh so gern in Lädchen!
Tim: plötzlich auf die Erde …
Tina: Ein Maulwurf stellte mir ein Bein!
Tim: Sie schrie: Merde, Merde!
Tina: Nun bin ich nicht mehr fein!
Beide: Zum Glück gibt es die Waschmaschine,
da springt hinein die arme Tine.
Und Tim hat nur im Sinn
zu drücken auf die Taste
mit der Säubrungspaste.
Schon wird es immer heißer
und Tina immer weißer,
so rein war sie noch nie,
man siehts an ihrem Knie
und an ihrer Wade,
um die wärs wirklich schade,
sollt sie nochmal knallen
in andre schmutzge Fallen.
Tina: Doch dann kam der Kohlenmann …
Tim: Ich war nicht zu Hause!
Tina: und bracht lauter Koks heran.
Tim: Dabei wollt er doch zur Krause!
Tina: Auch wenn er andren Koks geladen …
Tim: Zaster auf dem Laster!
Tina: Mäuse im Gehäuse!
Tim: täte das nicht schaden.
Tina: Doch entglitt dem Manne
Tim: ne Kiepe mit der Kohle,
Tina: das war vielleicht ne Panne,
Tim: gar nicht zu Tinas Wohle.
Tina: Denn wie ein Mohr aus Afrika …
Tim: Sie hat sich so geschämt!
Tina: Ich war doch ganz gelähmt!
Tim: stand sie auf einmal da.
Beide: Zum Glück gibt es die Waschmaschine,
da springt hinein die arme Tine.
Und Tim hat nur im Sinn
zu drücken auf die Taste
mit der Säubrungspaste.
Schon wird es immer heißer
und Tina immer weißer,
so rein war sie noch nie,
man siehts an ihrem Knie,
und an ihrer Wade,
um die wärs wirklich schade,
sollt sie nochmal knallen
in andre schmutzge Fallen.
Tina: Die Fallen lauern überall!
Tim: Vor allem in der Küche.
Tina: Auf einmal machts nen lauten Knall,
Tim: und ich höre Flüche.
Tina: Das tat ihn aber gar nicht jucken …
Tim: Langsam mit die jungen Pferde!
Tina: denn er war beim Fußballgucken.
Tim: Hört ihr die Beschwerde?
Tina: Der Stab von meinem neuen Mixer …
Tim: So ein ganz fixer!
Tina: ist herausgeschossen.
Tim: Das hat die Tina sehr verdrossen!
Tina: Mein Haar so blond und hell,
Tim: da klebten rote Fladen drin.
Tina: Was kann ich tun, schnell, schnell?
Tim: Ich schob sie zum Geräte hin:
Beide: Denn zum Glück gibt es die Waschmaschine,
da springt hinein die arme Tine.
Und Tim hat nur im Sinn
zu drücken auf die Taste
mit der Säubrungspaste.
Schon wird es immer heißer
und Tina immer weißer,
so rein war sie noch nie,
man siehts an ihrem Knie,
und an ihrer Wade,
um die wärs wirklich schade,
sollt sie nochmal knallen
in andre schmutzge Fallen.
Doch die Buhlerei beim ZK ging Willy gegen den Strich, und das allzu Joviale des Sängers machte ihn vorsichtig. »Womit
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