Brunetti 02 - Endstation Venedig
in Viscardis Palazzo einbrach.«
Brunetti unternahm einen letzten Versuch, etwas Sinn in die Geschichte zu bringen. »Das sind aber sehr unterschiedliche Verbrechen, Raubüberfall und Bilderdiebstahl.«
Pattas Stimme wurde lauter. »Es gibt Beweise, daß er mit beiden Verbrechen zu tun hatte, Commissario. Einmal der Ausweis, dann Ihre belgischen Zeugen. Sie waren ja vorher auch willens, ihnen zu glauben, daß sie in der Nacht, als die Bilder gestohlen wurden, Ruffolo gesehen haben. Und jetzt glaubt Signor Viscardi, sich an Ruffolo zu erinnern. Er hat darum gebeten, sich das Foto noch einmal ansehen zu dürfen, und wenn er ihn wiedererkennt, gibt es keinen Zweifel mehr. Für mich sind das mehr als genug Beweise, und es sind auch mehr als genug, um den Procuratore zu überzeugen.«
Brunetti schob seinen Stuhl zurück und stand abrupt auf. »Ist das dann alles, Vice-Questore?«
»Ich dachte, Sie würden zufriedener sein, Brunetti«, sagte Patta aufrichtig überrascht. »Damit ist der Fall des Amerikaners abgeschlossen, allerdings wird es die Suche nach Signor Viscardis Gemälden erschweren. Sie sind nicht ganz ein Held, weil Sie Ruffolo nicht festgenommen haben. Aber das hätten Sie sicher getan, wenn er nicht von diesem Steg gefallen wäre. Ich habe Ihren Namen vor der Presse erwähnt.«
Das war Patta vermutlich schwerer gefallen, als Brunetti seinen Erstgeborenen zu schenken. Also sollte er diesem geschenkten Gaul wohl nicht ins Maul sehen. »Danke, Vice-Questore.«
»Natürlich habe ich klar zu erkennen gegeben, daß Sie nach meinen Anweisungen vorgegangen sind, daß ich Ruffolo von Anfang an im Verdacht hatte. Schließlich war er erst eine Woche wieder aus dem Gefängnis, als er den Amerikaner umgebracht hat.«
»Ja, Vice-Questore.«
»Dumm, daß wir Signor Viscardis Bilder nicht gefunden haben. Ich werde versuchen, im Lauf des Tages bei ihm vorbeizuschauen, um ihm selbst alles zu berichten.«
»Ist er denn in Venedig?«
»Ja, als ich gestern mit ihm sprach, erwähnte er, daß er vorhabe, heute herzukommen. Er erklärte, er sei bereit, sich dieses Foto noch einmal anzusehen. Wie gesagt, das würde ja alle Zweifel beseitigen.«
»Glauben Sie, es geht ihm nah, daß wir seine Bilder nicht wiederbeschaffen konnten?«
»Oh«, sagte Patta, der offensichtlich schon darüber nachgedacht hatte, »natürlich geht es ihm nah. Wer Bilder sammelt, der empfindet so. Für manche Menschen kann Kunst zu etwas Lebendigem werden. Ich bin nicht sicher, ob Sie das verstehen, Brunetti, aber ich versichere Ihnen, daß es so ist.«
»Wahrscheinlich geht es Paola so mit diesem Canaletto.«
»Diesem was?«
»Canaletto. Er war ein venezianischer Maler. Paolas Onkel hat uns eines seiner Bilder zur Hochzeit geschenkt. Kein sehr großes. Aber sie hängt offenbar sehr daran. Ich sage ihr immer wieder, sie soll es doch im Wohnzimmer aufhängen, aber sie möchte es gern in der Küche behalten.« Keine tolle Rache, aber immerhin etwas.
Pattas Stimme klang halb erstickt. »Ihre Frau hat ein Bild von Canaletto in der Küche?«
»Ja. Freut mich, daß Sie auch der Ansicht sind, das sei ein ungeeigneter Platz. Ich werde es ihr sagen.« Patta war so offensichtlich aus dem Gleis geworfen, daß Brunetti ihm nicht auch noch erzählen mochte, wie er Paola immer wieder klarzumachen versuchte, das Apfelstilleben von diesem französischen Typen würde sich in der Küche viel besser machen, denn er fürchtete, Patta könnte bei dem Namen Cézanne in Ohnmacht fallen.
»Ich glaube, ich muß mal nach unten gehen und sehen, was Vianello inzwischen erreicht hat. Er sollte ein paar Dinge für mich erledigen.«
»Gut, Brunetti. Ich wollte Sie nur zu einer guten Arbeit beglückwunschen. Signor Viscardi war sehr zufrieden.«
»Danke, Vice-Questore«, sagte Brunetti, schon auf dem Weg zur Tür.
»Er ist mit dem Bürgermeister befreundet, wissen Sie?«
»Aha«, sagte Brunetti. »Nein, das wußte ich nicht.« Aber er hätte es wissen müssen.
Unten saß Vianello an seinem Schreibtisch. Als Brunetti hereinkam, sah er auf und lächelte. »Wie man hört, sind Sie heute morgen ein großer Held.«
»Was stand sonst noch alles in diesem Bericht, den ich heute nacht unterschrieben habe?« fragte Brunetti ohne Umschweife.
»Ich habe geschrieben, daß Sie glauben, Ruffolo habe etwas mit dem Tod des Amerikaners zu tun.«
»Das ist absurd. Sie wissen doch, wie Ruffolo war. Er wäre schon gerannt, wenn jemand ihn auch nur angebrüllt hätte.«
»Er hatte
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